Auszug aus Schloss Bellevue unwahrscheinlich - Bundesversammlung wählt den Bundespräsidenten
Die 17. Bundesversammlung wird am Sonntag, dem 13. Februar den Bundespräsidenten wählen. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wird es die zahlenmäßig stärkste Versammlung sein. Sie setzt sich zusammen aus den 736 Abgeordneten des Deutschen Bundestages und aus der gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden. Die Stärke richtet sich nach der Einwohnerzahl der Bundesländer und nach dem Anteil der Fraktionen. Maximal könnten also 1472 Bürger wählen.
Die Einzelheiten der Wahl regelt das „Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung“; seine letzte Fassung stammt von 2007. Die Leitung des Wahlverfahrens liegt beim Präsidenten des Deutschen Bundestages. Im Grundgesetz beziehen sich Art. 54 bis 61 auf den Bundespräsidenten. Im Gegensatz zum Reichspräsidenten der Weimarer Republik hat das Staatsoberhaupt z.B. keine Befehlsgewalt über die Streitkräfte. Gem. Artikel 115 a (3) verkündet er den Verteidigungsfall. Mit der Verkündigung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler über.
Die Wahl findet ohne Aussprache und Debatte statt
Wählbar zum Bundespräsidenten ist jeder deutsche Staatsbürger der mindestens vierzig Jahre alt ist. Die Bundesversammlung tagt öffentlich. Die Wahl findet mit „verdeckten amtlichen Stimmzetteln“ statt. In Artikel 54 (6) heißt es „Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem der Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt“. Nimmt der Gewählte die Wahl an, endet die Bundesversammlung. Die Vereidigung des Bundespräsidenten findet später vor den Mitgliedern des Bundestages und Bundesrates statt. Im Fall einer Wiederwahl wurde bisher darauf verzichtet.
Die bisherigen zwölf Amtsträger
Die erste Wahl zum Staatsoberhaupt der neu gegründeten Bundesrepublik hat am 12. September 1949 stattgefunden. Der liberale Theodor Heuss wurde gewählt und nach seiner Amtszeit von fünf Jahren im Juli 1954 für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Von 1959 bis 1969 war Wilhelm Lübke (CDU) erster Mann des Staates. Auch Richard von Weizsäcker war zwei Amtsperioden (1984 bis 1994) Hausherr in der Villa Hammerschmidt in Bonn und im Schloss Bellevue in Berlin. Eine Amtszeit repräsentierten Gustav Heinemann (SPD/1969 bis 1974), Walter Scheel (FDP/1974 bis 1979), Karl Carstens (CDU/1979 bis1984), Roman Herzog (CDU/1994 bis 1999) und Johannes Rau (SPD/1999 bis 2004).
Sein Nachfolger, Horst Köhler (CDU), wurde erstmals am 23. Mai 2004 und am 23. Mai 2009 wiedergewählt. Sein überraschender Rücktritt am 31. Mai 2010 machte eine Neuwahl notwendig. Sie fand am 30. Juni 2010 statt. Christian Wulff (CDU) und Joachim Gauck (Parteilos) waren die Kandidaten. Im dritten Wahlgang wurde Wulff mit 50,3 Prozent der Stimmen gewählt. Durch seinen Rücktritt am 17. Februar 2012 wurde wieder eine Neuwahl erforderlich. Einziger Kandidat war Joachim Gauck. Schon im Juni 2016 erklärte er für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung zu stehen, die im März 2017 endete. Die damalige Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD einigte sich auf den amtierenden Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Kandidaten. Am 12. Februar trat die 17. Bundesversammlung zusammen. Im ersten Wahlgang bekam er gleich eine breite Unterstützung und trat im März 2017 als zwölfter Bundespräsident das Amt an.
Ein Konkurrent der Linkspartei
Nach einigem hin und her hat sich die Regierung der rot-grün-gelben Koalition darauf geeinigt, Frank-Walter Steinmeier (66) als Kandidaten für die Wahl am 13. Februar zu benennen. Dieser hatte im Mai letzten Jahres schon erklärt für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Dabei sagte er u.a. „Ich möchte unser Land auf seinem Weg in die Zukunft begleiten, eine Zukunft nach der Pandemie, eine Zukunft nach Corona“. Inzwischen hat auch Die Linke einen Kandidaten zur Wahl vorgeschlagen. Es ist der parteilose Sozialmediziner Gerhard Trabert (65). Mit seiner Kandidatur will er und die Linken auf die soziale Ungleichheit in Deutschland aufmerksam machen. Bei der Bundeswahl hatte er in Mainz schon für die Linke kandidiert und holte 12,4 Prozent der Erststimmen.
Da die Oppositionspartei CDU keinen eigenen Kandidaten nominiert, sondern sich für die Unterstützung Steinmeiers entschieden hat, dürfte Trabert chancenlos sein. Es ist also davon auszugehen, dass die Wahl im ersten Durchgang entschieden wird und Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident und Hausherr im Schloss Bellevue bleibt. Damit wäre er nach Theodor Heuss, Wilhelm Lübke, Richard von Weizsäcker und Horst Köhler das fünfte Staatsoberhaupt, das eine zweite Amtszeit antreten würde.