COVID-19 stoppt DEFENDER EUROPE 20

COVID-19 stoppt DEFENDER EUROPE 20

Während des Kalten Krieges war im Herbst immer Manöverzeit. Die Felder waren abgeerntet und so konnten „Standhafte Chatten“ oder „Schwarze Löwen“ auf den Äckern Verteidigungsstellungen beziehen oder in breiter Formation angreifen. Die Schäden an Straßen und Wegen hielten sich in Grenzen und Flurschadenoffiziere regelten was die Truppe angerichtet hatte. Blau gekennzeichnet waren Verteidiger, rot die Angreifer, dazwischen in weiß die Leitung und Schiedsrichter. Sie sorgten dafür, dass auf dem angenommenen Gefechtsfeld die Truppen sich gemäß dem Übungsverlauf verhielt. Zu übersehen auch nicht die Pressebetreuung, mit grünen Farbbändern gekennzeichnet. Im jeweiligen Übungsgebiet sah die Bevölkerung ihre Soldaten und hatte Kontakt mit ihnen. Die Versorgung mit Brötchen, Kaffee und Kuchen gehörte dazu. In den Bereitstellungsräumen kletterten Kinder auf Panzer und Geschütze oder setzten sich hinters Steuer von Jeeps und Lastwagen. Das war praktische und kostenfreie Werbung für die Streitkräfte.

National und multinational wurde immer geübt

Die jeweiligen Heeresmanöver im freien Gelände fanden mit Volltruppe als Korpsgefechtsübungen statt. Im Wechsel waren das I. Korps (Münster), das II. Korps (Ulm) und das III. Korps (Koblenz) dran, das alles ist lange her. Großübungen im freien Gelände finden nicht mehr statt. Seit der „Lehr- und Versuchsübung ´58“ bis zur Großübung des Territorialheeres „Landesverteidigung `88“ fanden jährlich regelmäßig zahlenmäßig kleinere oder umfangreichere, nationale und multinationale Übungen in der Bundesrepublik Deutschland statt. Meistens endeten sie mit einem Gefechtsschießen   auf Truppenübungsplätzen. An der Großübung des Territorialheeres „Landesverteidigung `88“ waren fast 125.000 Soldaten, 15.000 Rad- und 7.000 Kettenfahrzeuge sowie 630 Hubschrauber beteiligt. Die Erkenntnisse aus der „Lehr- und Versuchsübung `58“ führten zur ersten Strukturreform des Heeres. Die Einführung des Gefechtsverbandes Brigade ist bis heute erhalten. Ansonsten hat das Heer mehrere Strukturreformen durchlaufen. Die in der Bundesrepublik stationierten alliierten Streitkräfte, Amerikaner, Briten, Kanadier, Niederländer, Belgier und Franzosen, waren mit mehr oder weniger Truppen, immer in den Korpsgefechtsübungen dabei.  

Die US-Streitkräfte in der Bundesrepublik

Ab 1969 führten die amerikanischen Streitkräfte eine besondere Art von Übungen durch. Sie verlegten im See- und Lufttransport Soldaten und Geräte aus ihren Heimatgarnisonen über den Atlantik in die Bundesrepublik. Die Abkürzung für diese Übungsart lautet „REFORGER“, d.h. „Return of Forces to Germany“. Die Übungen hatten verschiedene Namen, z.B. 1963 „Big Lift“. Übungszweck und die Anzahl der beteiligten Soldaten waren unterschiedlich, die Höchststärke lag bei ca. 100.000.  Nach Erfüllung ihres Übungsauftrages verlegten die Truppen wieder in ihre heimischen Standorte. Im Jahr des Mauerfalls 1989 hatten die Vereinigten Staaten von Amerika ca. 250.000 Soldaten in Deutschland stationiert. Hinzu kamen ca. 300.000 Familienangehörige. Ende 1994 waren es noch ca. 91.000 und drei Jahre später nur noch 77.000 Frauen und Männer, die amerikanische Uniform trugen. Neben der Reduzierung des Militärs verlief parallel die der US-Zivilbeschäftigten und auch der deutschen Arbeitnehmer in den Standorten und auf den Truppenübungsplätzen. Inzwischen haben die USA ihre Truppenstärke in Deutschland noch weiter verringert, aktuell sind es ca. 38.000. Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump sie noch weiter zu reduzieren, wenn Deutschland nicht bereit ist sich stärker an den Stationierungskosten zu beteiligen, sind schon einige Male gemacht worden.

Europa soll das Vertrauen in die Bündnisfähigkeit nicht verlieren

Daher wird dem Beginn der Übung „Defender Europe 2020“ viel Aufmerksamkeit gewidmet. Im Januar kamen die ersten Transportschiffe aus den USA in Vlissingen (Niederlande), Antwerpen (Belgien)) und Wilhelmshaven mit Soldaten und Material der 1. Infanteriedivision an. Für den Lufttransport sind die Flughäfen Berlin-Tegel, Hamburg, Frankfurt/Main, Nürnberg und München als Ankunftsorte vorgesehen. Neben der 1. Infanteriedivision werden die 3. Infanteriedivision, die 82. Luftlandedivision und Einheiten der Nationalgarde über den Atlantik nach Deutschland verlegt und Bereitstellungsräume beziehen, bevor sie nach Polen, ins Baltikum und auch nach Georgien marschieren. Die Rücklegung erfolgt dann direkt aus den Einsatzgebieten

„Originäres Ziel von DEFENDER-Europe 20“ ist zu üben, wie ein großer Truppenkörper rasch über den Atlantik nach Europa verlegen kann“, so der deutsche Brigadegeneral Hartmut Renk, der als Chef des Stabes der U.S. Army Europe (USAREUR), mit Sitz in Wiesbaden, Dienst verrichtet.1) Politisches Ziel ist aber auch, dass trotz allen Differenzen mit den USA, die Bündnisverpflichtungen eingehalten werden. Insgesamt sind 18 Nationen an „DEFENDER“ beteiligt. Wichtige Rolle bei der Übung spielen die Streitkräftebasis und das in Ulm im Aufbau befindliche Joint Support and Enabling Command (JSEC). Der Inspekteur der Streitkräftebasis (SKB), Generalleutnant Martin Schelleis, sieht sich als oberster PR-Manager der deutschen Unterstützung, dem Host Nation Support.  Bei der Sektion der GSP Bonn referiert er über die Aufgaben der SBK, die als Organisationselement vor 20 Jahren aufgestellt wurde. Er erläutert Einzelheiten der Anforderungen an die SKB aber auch an Zivilstellen, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Seit den neunziger Jahren sind viele damals eingespielte Organisationsverfahren verloren gegangen, die nun wiedergefordert sind. Dass die weltweit auftretende Lungenkrankheit COVID-19 „DEFENDER Europe 20“ stoppt, ahnt am Informationsabend noch niemand.

Anmerkung

  • Siehe Interview Europäische Sicherheit & Technik 3/2020 S. 40
  • Die Österreichische Militärische Zeitschrift hat im Heft 6/2019 mit einer Reihe: Die großen Manöver 2017 und 2018 begonnen. Verfasser ist Prof.  Horst Pleiner, General i.R., von 2000-2002 Generaltruppeninspekteur des Bundesheeres.

   

Letzte News

  • 15Apr
    Alte Bedrohungen mit neuen Mittel - 10. Sicherheitspol. Bodenseekongress

    Dieser fand am 13. April in Friedrichshafen im Graf-Zeppelin-Haus statt. Die renommierte drei Länder Veranstaltung sicherheitspolitischer, militärischer und wehrtechnischer Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz widmete sich dem aktuellen Thema: Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für Europa – militärisch, politisch und ökonomisch. Die militärische Sicht und Lagebeurteilung, des nun schon über zwei Jahre währenden Krieges, nahm Generalleutnant Mag. Bruno Günter Hofbauer vor.…

  • 15Apr
    Schwedens Mehrwert für die NATO - Das 32. Mitglied im Atlantischen Bündnis

    Der schwedische Premierminister Ulf Kristersson hatte mit seinem Außenminister Tobias Billström die Beitrittsurkunde seines Landes zur NATO bereits im März in Washington hinterlegt. Billström ist weiterhin unterwegs, die die Abkehr von der faktischen Neutralität Schwedens nach mehr als 200 Jahren zu begründen und den Gewinn für das atlantische Bündnis zu erläutern.

    Hierzu hatte die schwedische Botschaft in Berlin gemeinsam mit der HERTIE School zu einer Veranstaltung mit ihm Ende März…

  • 25Mar
    4. April 2024 – 75 Jahre NATO. Gemeinsinn und Neuausrichtung ist nötig

    Das 75-jährige Bestehen der North Atlantic Treaty Organisation (NATO) wäre ein guter Grund zum Feiern. Doch die sicherheitspolitische Lage in der Welt, besonders die Kriege in der Ukraine und in Gaza, sind kein Grund dafür. Die NATO ist mit Finnland (4. April 2023) und Schweden (7. März 2024) auf 32 Nationen angewachsen. Aktueller Anlass war die „Spezialoperation“ der russischen Föderation am 24. Februar 2022 in die Ukraine. Seit Wladimir Putin am 18. März 2024 wieder zum Präsidenten gewählt…

  • 12Mar
    Zypern – Ausgangspunkt für Gaza-Hilfe

    „Open Arms“ mit Hilfsgütern unterwegs

    Wieder einmal steht die östliche Mittelmeerinsel Zypern im öffentlichen Interesse.  Von der Hafenstadt Larnaka, im Südosten der Insel, ist das erste Schiff mit Hilfslieferungen Richtung Gaza in See gestochen. Die „Open Arms“, gehört einer spanischen Hilfsorganisation ist mit 200 Tonnen Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten unterwegs. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der zyprische Präsident Nikos Christodoulides waren die Antreiber für…

  • 23Feb
    Wir wählen die Freiheit – Motto bei „Cafe Kyiv“ / Die Zukunft der Ukraine in Europa

    Wir wählen die Freiheit – Motto bei „Cafe Kyiv“

    Die Zukunft der Ukraine in Europa

    „Cafe Kyiv – Wir wählen die Freiheit“: unter diesem Motto veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung am 19. Februar mit 30 Partnerorganisationen, u.a. auch der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, im Colosseum in Berlin zum zweiten Male nach 2023 ein vielseitiges Programm mit Workshops, Diskussionen, Salons und kulturellen Aktivitäten.  Themen wie Freiheit, Europa, Sicherheit und Wiederaufbau der Ukraine standen…

  • 17Feb
  • 16Feb
    Furor und Harmonie. Die Kunst der Diplomatie.

    60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) - Furor und Harmonie. Die Kunst der Diplomatie.

    Antonio Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, wird die 60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) eröffnen. Sie findet vom 16. bis 18. Februar 2024 statt. Für das Jubiläum hat sie ihrem Kürzel-Logo eine 60 beigefügt. Gründer dieser sicherheitspolitischen Konferenz war Ewald-Heinrich von Kleist.  Unter dem Namen „Wehrkundetagung“ wurde sie 1963 erstmals in München ausgerichtet. Teilnehmer waren u.a.…

  • 03Feb
    BM Christian Lindner bestätigt Zwei-Prozent-Ziel für Vtdg-Haushalt bis 2028

     

    Der „Hüter der Schuldenbremse“ Bundesfinanzminister Christian Lindner bestätigt das Zwei-Prozent-Ziel für den Verteidigungsetat, trotz massiver Budgetzwänge, in der mittelfristigen Haushaltsplanung. Im Interview beim diesjährigen Gipfel der Weltmarktführer in Schwäbisch Hall am 1. Februar bekräftigte Bundesfinanzminister Lindner das Vorhaben der Bundesregierung, bei den Beratungen für den Haushalt 2025 zur mittelfristigen Budgetplanung bis 2028 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für…

  • 30Jan
    General a.D. Hartmut Bagger, Präsident der Gesellschaft 1999/2000, verstorben

    Hartmut Bagger, Präsident der Gesellschaft 1999/2000, verstorben

     

    30. Januar 2024 Von Peter E. Uhde

     

    Vergangenen Freitag, den 26. Januar 2024 ist General Hartmut Bagger in Meckenheim verstorben. Am 8. Februar 1996 wurde er Nachfolger von General Klaus Naumann, der zum Vorsitzenden des NATO-Militärausschuss in Brüssel gewählt wurde.

    Damit erreichte die Karriere des am 17. Juli 1938 in Braunsberg/Ostpreußen geborenen ihren Höhepunkt. Ende des Krieges aus seiner Heimat vor dem russischen…

  • 24Jan
    Europa-Wahl 2024: die EVP fordert „echten“ EU-Außenminister sowie Verteidigungskommissar

    In ihrem Wahlprogramm für die anstehende Wahl zum Europäischen Parlament, welches auch Neuerungen in Kommission und Rat beinhaltet, fordert die von der konservativen Parteienfamilie gebildete EVP, der auch CDU und CSU angehören, zahlreiche Änderungen in den Kommissar-Portfolios, Gremien und der Marktintegration.

    Mit dem Ziel, die Handhabung der außen- und verteidigungspolitische Agenda der EU entscheidend zu verbessern, spricht sich die EVP für die Schaffung eines "echten"…

GESELLSCHAFT FÜR SICHERHEITSPOLITIK E.V.

Vereinsregister-Nr. 5684
beim Amtsgericht Bonn

KONTAKT

Hauptstadtbüro:              
Reichstagufer 14, 10117 Berlin  
Tel.: +49 (0) 30 20648549
praesident©gsp-sipo.de

Geschäftsstelle Bonn:  
Wenzelgasse 42, 53111 Bonn
Tel.: +49 (0) 228 - 652556
Fax: +49 (0) 228 - 658093
geschaeftsstelle©gsp-sipo.de

GEMEINNÜTZIGKEIT

Die GSP e.V. ist  als gemeinnützig und spendenfähig anerkannt worden.

 

 

 

©  Gesellschaft für Sicherheitpolitik e.V.