Die Nachricht vom Tod des israelischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Yitzhak Rabin schockte die Welt. Eine Demonstration für Frieden auf dem „Platz der Könige Israels“ in Tel Aviv an der rund einhunderttausend Menschen teilgenommen hatten, endete mit der israelischen Nationalhymne. Als Rabin mit seiner Frau zum Auto ging und einsteigen wollte, fielen drei Schüsse, sie trafen ihn in den Rücken. Noch während der Fahrt ins Krankenhaus starb er. Wieder einmal wurde der Ansatz zu einer Aussöhnung zwischen dem israelischen Volk und den Palästinensern durch ein Attentat unterbrochen.
Ein Leben als Soldat, Diplomat und Regierungschef
Der Lebensweg von Rabin beginnt am 1. März 1922 in Jerusalem. Seine Eltern sind politisch in der Arbeiterbewegung engagiert. Ab 1937 besucht er eine Landwirtschaftsschule in Galiläa, deren Ausbildung er 1940 abschließt. Danach wird er Soldat und zeichnet sich bei der Befreiung des belagerten Jerusalem 1948 aus. Er macht schnell Karriere und wird 1964 mit 42 Jahren Generalstabschef der israelischen Streitkräfte (IDF). Am Sieg der Israelis im Sechs-Tage-Krieg (5. bis 10. Juni 1967) hat er entscheidenden Anteil.
1968 scheidet er aus dem Militärdienst aus und wird Botschafter in Washington. 1973 kehrt er nach Israel zurück, wird für die Arbeiterpartei in die Knesset gewählt und im Kabinett von Golda Meir Arbeitsminister. Nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 und den politischen Auseinandersetzungen tritt Golda Meir zurück. Am 3. Juni 1974 wird Yitzak Rabin ihr Nachfolger als Ministerpräsident. Drei Jahre später tritt er zurück und schreibt seine Memoiren, die 1979 erscheinen. Die siebenjährige Oppositionszeit der Arbeiterpartei endet 1984. Rabin kehrt in die Politik zurück und wird Verteidigungsminister in der Regierung Schimon Peres. Er bleibt es auch unter Yitzhak Schamir vom Likud Block.
Friedenspolitik gegen Radikalität
Im Juni 1992 kommt es in Israel wieder einmal zum Regierungswechsel und Rabin wird zum zweiten Mal Ministerpräsident. Er versucht mit einer neuen Friedenspolitik eine Aussöhnung mit der PLO (Palestine Liberation Organization, gegründet am 1. Juni 1964) herbeizuführen. Ein erster Schritt ist die Unterzeichnung des Gaza-Jericho-Abkommens am 13. September 1993 zwischen Israel und der PLO in Washington. Am 4. Mai 1994 unterzeichnen Rabin und Arafat in Kairo das Abkommen über die Autonomie im Gaza-Streifen und im Gebiet von Jericho. Die drei „Baumeister“ dieser Friedenspolitik, Ministerpräsident Yitzhak Rabin, Außenminister Schimon Peres und PLO-Präsident Jassir Arafat erhalten am 10. Dezember 1994 in Oslo den Friedensnobelpreis. Bei dieser Gelegenheit erklärt Rabin: „Es gibt nur eine radikale Lösung, Menschenleben zu schützen. Nicht Panzer, nicht Flugzeuge. Die einzige radikale Lösung ist der Frieden.“
Im eigenen Land wird die Regierungspolitik heftig kritisiert und dagegen demonstriert. Höhepunkt des Friedensprozesses ist dann die Unterzeichnung des Interimsabkommens zwischen Israel und der PLO am 28. September 1995 in Washington. Die 50-Jahrfeier der Vereinten Nationen ist der geeignete Anlass, der Welt den neuen Weg Israels und der PLO zu zeigen.
Bei der Friedenskundgebung am Samstag, dem 4. November 1995 sagt Rabin zu den Zuhörern: „Diese Regierung, an deren Spitze ich die Ehre habe zu stehen, zusammen mit meinem Freund Shimon Peres, hat sich entschlossen, dem Frieden eine Chance zu geben – einem Frieden, der die meisten der Probleme Israels lösen wird. Ich war 27 Jahre ein Mann des Militärs. Ich habe Kriege geführt, solange es keine Chance auf Frieden gab. Ich glaube, jetzt gibt es diese Chance, eine große Chance“. [...]
Der begonnene Friedensprozess kam zum Erliegen
Die Kugeln des Attentäters beenden auch die Aussöhnungsversuche zwischen Israel und der PLO. In Israel sitzen Schock und Trauer über den Tod Rabins tief. „Ich bin sehr traurig und bestürzt über dieses furchtbare und abscheuliche Verbrechen gegen einen der kühnsten Führer Israels und der Friedensmacher“, erklärt PLO-Präsident Jassir Arafat. Auch Jordaniens König Hussein, mit dem er am 26. Oktober 1994 einen Friedensvertrag geschlossen hatte, erklärte: „Ich kämpfte mit ihm für den Frieden. Es ist für mich ein großer persönlicher Verlust“. „Er hat im Kampf für den Frieden sein Leben verloren“, erklärte Bundeskanzler Helmut Kohl.
Der Attentäter, Yigal Amir, ist ein 27-jähriger national-religiöser Jurastudent. Trotz der Sicherheitsvorkehrungen gelingt es dem Aktivisten aus der rechtsextremen Szene, sich dem Ministerpräsidenten so zu nähern, dass er gezielt die tödlichen Schüsse abgeben kann. Er begründet seine Tat mit den Worten: „Ich handelte allein und auf Gottes Geheiß und bereue nichts. Mit zahlreichen Veranstaltungen wird in diesen Tagen, nicht nur in Israel, an das Lebenswerk von Yitzhak Rabin erinnert.