Behauptungen, dass der Sport politisch keine Rolle spiele, gehören der Vergangenheit an. Das Verhältnis hat sich grundlegend gewandelt. Sport und Politik sind eng miteinander verknüpft. Die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft macht ihn zu einem attraktiven Instrument der Politik. Einer der letzten Vertreter, der das Leitbild des unpolitischen Sports noch hochhielt, war der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der US-Amerikaner Avery Brundage. Von 1952 bis 1972 war er der fünfte und bislang einzige nichteuropäische Präsident. Der heutige IOC-Präsident Thomas Bach bezeichnete die Annahme, Sport habe nichts mit Politik zu tun, als eine der Lebenslügen des Sports.
Kommerzialisierung und Professionalisierung im Politikfeld Sport haben in den letzten Jahren stark zugenommen, ein Ende ist nicht abzusehen. Es trägt in Deutschland mit rund 70 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei, das entspricht rund 2,3 Prozent. Die einst schönste Nebensache der Welt, das Spiel mit dem Ball, ist zur Hauptsache geworden. Das Motto „schneller, höher, weiter“ gilt mittlerweile auch für Gehälter, Startgelder, Prämien und sonstige Vergütungen, insbesondere im Profisport. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat in seiner Broschüre „Sportwirtschaft“ Fakten & Zahlen veröffentlicht. „Die Sportwirtschaft ist eine Querschnittsbranche. Sportbezogene Aktivitäten erstrecken sich auf eine Vielzahl wirtschaftlich relevanter Bereiche wie Sportartikelumsatz, Sportdienstleistungen, Werbung, Sponsoring, Medienrechte und Sportstätten hinein.“
Im Jahr 2023 gab es rund 18,83 Millionen Menschen in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren, die besonderes Interesse an Sport hatten. Fußball ist dabei die beliebteste Sportart. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat fast 7,7 Millionen Mitglieder, die in 24.000 Vereinen spielen. Die am 14. Juli zu Ende gegangene EURO 2024 war ein Milliardengeschäft. Der Europäische Fußballverband kalkulierte mit Einnahmen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. Die Vereine lassen sich Spitzenspieler etwas kosten. So soll Paris Saint-Germain, dass einem Katarer gehört, für den brasilianischen Topspieler Neymar 222 Millionen Euro an den FC Barcelona überwiesen haben.
Ein Blick auf die Ehrenamtlichen. Rund acht Millionen Menschen engagieren sich in den rund 90.000 Sportvereinen. Ohne sie wäre das System Sport nicht denkbar. Rund drei Viertel der Sportaktivitäten finden in Vereinen statt, ein Viertel bei kommerziellen Sportanbietern. Der Fitnessmarkt hat nach eigenen Angaben fast wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht. Die Umsätze stiegen in 2023 um 11,9 Prozent auf 5,44 Milliarden Euro.
Die Hauptausgaben für sportliche Aktivitäten entfallen auf Bekleidung, Schuhe, Geräte, Zubehör und Literatur. Es folgen die Ausgaben für Sporturlaube und Fahrten zur Sportausübung. Danach folgt die eigentliche Sportausübung innerhalb und außerhalb von Vereinen vor den Ausgaben für Eintrittsgelder und Sportwetten.
Im Unternehmenssektor Sport finden die Aktivitäten in zwei Bereichen statt. Zum einen in der aktiven Sportausübung und zum anderen im Bereich des passiven Sportkonsums mit dem Erwerb von Waren, Dienstleistungen und sonstigen Gütern. Das im DAX notierte Unternehmen Adidas, erzielte im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von mehr als 21,4 Milliarden Euro. Der weltweit führende Sportartikelhersteller Nike setzte im letzten Jahr 51, 2 Milliarden US-Dollar um.
Ein Blick nach Frankreich zur Tour de France, diesem Jahr war es die 111. Organisiert wird sie von der Sociéte´ du Tour France, hinter der die Verlegerfamilie Amaury steht. Sie gibt mit der Sportzeitung „L`Equipe“ und dem Boulevardblatt „LeParisien/Aujourd`hui“ zwei auflagenstarke Zeitungen heraus. Der Jahresumsatz wird auf 150 bis 200 Millionen Euro geschätzt, genaue Zahlen werden nicht veröffentlicht. Der größte Teil der Einnahmen stammt aus dem Verkauf von Fernsehrechten, Sponsorengeldern, Merchandising und Lizenzgebühren der Start- und Zielorte.
Als Wirtschaftsfaktor sind die Olympischen Sommerspiele unübertroffen. Seit das IOC 1981 den Amateurparagraphen abschaffte und Geld als offizielle Gegenleistung für sportliche Leistungen sanktionierte, ist vor allem der Spitzensport für viele Athleten ein einträgliches Geschäft. Aber nicht nur Athleten, sondern auch Trainer, Manager, Berater, Ausrüster, Mediziner, Vertragsanwälte, Vereine, Verbände, Sponsoren oder Kommunen sind an diesem Geschäft beteiligt. Als am 1. Januar 1984 die Kommerzialisierung der Rundfunk- und Fernsehmedien begann und diese den Sport als Quotenbringer entdeckten, stiegen die Preise für Übertragungsrechte explosionsartig an. Die Rechte für die Fußball EURO 2024 hatte die Telekom erworben. Über den Preis ist nichts bekannt. Das Budget des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele betrug 4,38 Milliarden Euro. Die Gesamtkosten werden sich aber auf über zehn Milliarden Euro belaufen. Das wäre mehr als eine Verdoppelung. Das ursprüngliche IOC-Budget wurde aber noch nie eingehalten.