Sektion Bonn

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Mittwoch, 17.03.2021 - 19:00

Braucht DEU einen nationalen Sicherheitsrat?

Ob beim Thema Bevölkerungsschutz oder bis hin zum gesamten Bereich der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik: Krisen erfordern ein umfassendes und klares Lagebild, rasches und koordiniertes Handeln. Manche Krisen sind frühzeitig erkennbar, oder zumindest annehmbar, andere Situationen kommen katastrophenmäßig auf eine Entscheidungsebene zu.
Webinar
Referent: Christina Moritz , Politikwissenschaftlerin, Berlin
Ort: ZOOM-Videokonferenz -
Organisator: Stabshauptmann a.D. Roland Heckenlauer , Stellvertreter des Sektionsleiters roland.heckenlauer@gsp-sipo.de
0171 337 1657

Benedikt Roelen, Christina Moritz, Richard Rohde, Jan Landwehr (von links) Foto; Copyright von Jan Landwehr

 

Berichterstattung zum Vortrag „Braucht Deutschland einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR)?“ am 17.03.2021

Frau Christina Moritz, Politikwissenschaftlerin, trug zu „Braucht Deutschland einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR)?“ vor.

Aufgrund der aktuellen Corona-Situation konnte der Vortrag nur als ZOOM-Veranstaltung durchgeführt werden. Dennoch war das Interesse groß. Ca. 70 Teilnehmer folgten dem Vortrag und beteiligten sich zum Teil an der anschließenden Diskussion.

Die Referentin trug ihre Kernthese vor: Deutschland braucht ein ressortübergreifend arbeitendes, übergeordnetes Analyse-, Koordinierungs-, Steuerungs- und Entscheidungsgremium, das in Krisen schnell handeln und längerfristige strategische Impulse geben kann. Es dient zugleich als zentraler Ansprechpartner in Sicherheitsfragen für andere Nationale Sicherheitsräte und Bürger.

Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist ein komplexes Bedrohungsszenario, dem sich Deutschland gegenübersieht: Klimawandel, Pandemie, Hybride Kriegsführung, Cyberangriffe bis hin zu Expansionsstreben einzelner Staaten und bewaffneten Konflikten. Die institutionellen und rechtlichen Strukturen Deutschlands, um darauf angemessen zu reagieren, seien obsolet: die Sicherheitslandschaft ist zersplittert, es gibt eine Vielzahl von Lagezentren und Behörden mit mangelnder Vernetzung und Informationsaustausch und letztlich sind die gesetzlichen Grundlagen nicht mehr zeitgerecht. Hieraus ergebe sich ein unvollständiges Lagebild, ein hohes Fehlerrisiko sowie eine Verlangsamung der Entscheidungsprozesse. Zusammengefasst also eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit. 

Dem setzt Frau Moritz das Modell eines Nationalen Sicherheitsrates (NSR) gegenüber, der durch Zusammenfassung aller relevanten Akteure eine kontinuierliche und umfassende Analysefähigkeit, eine Straffung der Verfahren und eine verbesserte strategische Vorausschau gewährleiten soll. Ziel ist die Koordinierung und Steuerung von Informationsbeschaffung, Analyse und Maßnahmen aus einer Hand. Der NSR soll keine neue aufgeblähte zusätzliche Behörde werden, sondern die bereits vorhandenen Elemente gebündelt und institutionell zusammenfassen. Es gehe nicht um Quantität, sondern Qualität. Die Kernbesetzung wird gebildet durch die sicherheitspolitischen Hauptakteure (Bundeskanzleramt, AA, BMVg, BMI, BMF, Nachrichtendienste). Eine NSR-Analyseeinheit, angesiedelt im BMVg im 24/7 Modus, bildet als Informations-/Analyseplattform die Keimzelle der Strategiebildung des NSR. Dieser reagiert auf Akutszenarien mit Sitzungen nach Bedarf mit Vertretern der Kernbesetzung. Im Rahmen von Analyseszenarien erfolgen regelmäßige Sitzung unter Hinzuziehung weiterer relevanter Akteure. Ähnliche, immer gleiche Grundstrukturen seien international in vielen Ländern unabhängig von der Staatsform bereits etabliert. Dabei müsse den deutschen Besonderheiten wie Föderalismus und Ressortprinzip Rechnung getragen werden. Frau Moritz war sich im Klaren, dass es in der parteipolitischen Landschaft durchaus unterschiedliche Haltungen zu einem NSR gebe. Das dürfe aber nicht davon abhalten, zu versuchen, einen NSR schrittweise zu etablieren. Hierzu sei keine Verfassungsänderung nötig, wohl aber die Überarbeitung bestehender rechtlicher Rahmenbedingungen (z.B. Trennungsgebot Polizei – Nachrichtendienste, Gesetz zur Schaffung eines NSR) durch den Deutschen Bundestag.

Zusammengefasst verspricht sich Frau Moritz von ihrem Modell eines NSR ein vollständigeres Lagebild, eine bessere Beteiligung eines größeren Kreises sicherheitspolitisch relevanter Akteure sowie eine verbesserte, flexible Prozesssteuerung nach Bedarf bzw. vom Tagesgeschäft unabhängige Arbeit zur Strategiebildung bei Nutzung vorhandener Ressourcen und verringertem bürokratischen Aufwand. Unterm Strich komme eine schnellere und optimierte Handlungsfähig heraus: also Aktion statt Reaktion. Ziel sei es, die Komplexität der Bedrohungsszenarien handhabbar zu machen.

Die folgende Diskussion fokussierte sich u.a. auf die Entwicklung einer Nationalen Sicherheitsstrategie, die politische Unterstützung für die Etablierung eines NSR sowie die Rolle und Einbindung verschiedener Ministerien, der Bundesländer und Think Tanks.

Anschließend wurden in einem virtuellen Thekengespräch mit der Referentin Gedanken zu den Themen in lockerer Runde ausgetauscht und intensiv diskutiert.

Frau Moritz hat in einem kurzweiligen, verständlichen und spannenden Vortrag kompetent und engagiert die Notwendigkeit eines NSR dargelegt, seine Ausgestaltung beschrieben und den möglichen Weg zur Etablierung erläutert.

Die Absicht GSP Bonn, das Thema aufzugreifen und zu diskutieren, wurde umfassend unterstützt.

Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn

Hier finden Sie den Artikel von Frau Moritz  "Die Uhr tickt - Corona-Pandemie: Chance für einen Probelauf zum Nationalen Sicherheitsrat" im Hardthöhenkurier 1/2021 zum download.

Hier ist der Vortrag von Frau Moritz vom 17.03.2021 zum download  (pdf-Datei) 

 


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