Sektion Bonn

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Mittwoch, 16.02.2022 - 19:00

Sicherheitspolitische Herausforderungen für Deutschland im 21. Jahrhundert

Die Welt ist nicht so friedlich, wie wir sie uns wünschen würden: Ein Wettstreit der Systeme, geopolitische und sehr konkrete militärische Bedrohungen, real stattfindende Kriege, Unzufriedenheiten auch in gefestigten Demokratien, die Auswirkungen der schlimmsten Pandemie auf allen Ebenen, EU und NATO quo vadis? Wie entwickeln sich die „großen“ Konflikte zwischen den USA und China, wie positioniert sich Russland? Wie werden die aufstrebende Akteure Brasilien oder Indien gesehen? Welche Rolle wird MENA (Middle East & North Africa) spielen? Die Eckpunkte der deutschen Sicherheitspolitik (Orientierung an der Charta der Vereinten Nationen, NATO, EU) und ein freier Welthandel zur Wahrung des Friedens und Wohlstandes stehen nicht nur durch die Klimaherausforderung unter Druck. Welche Tendenzen zeichnen sich ab?
Vortrag (Präsenz) + Webinar

 

 

 

 

 


Maj B. Roelen, Ch. Heidbrink, J. Landwehr, Sts aD Dr. P. Tauber, SL R. Rohde, Stv SL R. Heckenlauer (v.l.n.r.) Foto: Copyright R. Rohde

 

Nachbericht zum Vortrag „Sicherheitspolitische Herausforderungen für Deutschland im 21. Jahrhundert“

Staatssekretär a.D. Dr. Peter Tauber trug zu sicherheitspolitischen Herausforderungen für Deutschland im 21. Jahrhundert vor präsenten und Online-Teilnehmern vor.

Dr. Tauber begann mit einer Betrachtung zu Deutschland, das sich seiner Geografie und Geschichte nicht entziehen könne. Auch wenn es helle und dunkle Kapitel dabei gebe, so waren die Deutschen stets verlässlich und es bestehe eine entsprechende Erwartungshaltung an die deutsche Politik. Insbesondere durch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen wie in Afghanistan oder im Baltikum, habe sich die Stellung Deutschlands herausgebildet. Deutschland werde als "ehrlicher Makler" gesehen, der aber auch auf Probleme selber Antworten geben müsse. Dabei sei ihm durchaus bewusst, dass eine wertegebundene Politik nicht immer reibungslos mit den wirtschaftlichen Interessen vereinbar sei. Hier gebe es Abhängigkeiten von China und Russland. Die innenpolitische Diskussion zu beiden Länder sei mühsam, aber man dürfe sich von niemanden den Glauben an Demokratie und Rechtstaatlichkeit "kaputt machen" lassen.

Es schlossen sich Betrachtungen zu Russland an. Gerade die aktuelle Krise verdeutliche, wie wichtig es sei, dass die territoriale Integrität der osteuropäischen Länder gewahrt bleibe und jeder Staat das Recht habe, selbst zu entscheiden, welchem Bündnis er angehören wolle. Putin habe viele Optionen und daher müsse der Westen glaubhaft auftreten und Grenzen aufzeigen. Sicherheitspolitik müsse auf Stärke setzen - nicht nur bei Konferenzen. Das werde von anderen Staaten nicht "gekauft". Insgesamt sah der Referent noch viele offene Debatten, insbesondere auch hinsichtlich des Verhaltens neutraler Nationen (SWE, FIN), die russisches Verhalten gerade in die Arme der NATO treiben würde.

Zur Ukraine betonte Dr. Tauber die Notwendigkeit wirtschaftlicher Unterstützung. Hier komme es wesentlich auf Deutschland an. Wir könnten nicht neutral bleiben. Freiheit als gute Botschaft sei auch an Russland gerichtet.

China bildete einen weiteren Schwerpunkt seiner Ausführungen. Dr. Tauber hob die wirtschaftlichen Abhängigkeiten hervor sowie das daraus entstehende Spannungsfeld zu einer wertegebundenen Außen- und Sicherheitspolitik. Hier bedürfe es einer langfristigen Strategie und der Definition übergeordneter nationaler Interessen. Weiterhin lenkte er die Aufmerksamkeit auf das chinesische Expansionsstreben im südchinesischen Meer und besondere gegenüber Taiwan. Diese Betrachtungen schloss er mit dem Blick auf die deutsche Indo-Pazifik-Strategie.

Ein weiterer Gegenstand seiner Betrachtungen war die Digitalisierung. Er sah insbesondere keine klare Abgrenzung mehr zwischen ziviler und militärischer Nutzung. Gerade auch eine Definition von "Konflikt" sei daher schwierig. Besorgt zeigte er sich auch hinsichtlich der mangelnden Resilienz der Gesellschaft, die von der Digitalisierung abgängig sei.

Kursorisch ging er danach auf den Klimawandel und auf Afrika ein. Diese Länder seien unsere Nachbarn und damit für unsere Sicherheit von Bedeutung. Man müsse den Menschen dort Perspektiven geben

Abschließend zeigte er die Folgen für die Bundeswehr auf. Es gehe darum, tatsächlich die EINSATZbereitschaft der Streitkräfte sicherzustellen. Es sei eine öffentliche Debatte notwendig, zum Thema wie viel wir uns leisten wollen. Auch fehle ihm eine Auseinandersetzung zum Beispiel zum Einsatz in Mali. Er mahnte eine strategische Geduld bei Einsätzen an. Insgesamt konstatierte er einen eklatanten Mangel an sicherheitspolitischer Diskussion. Deutschland beschäftige sich nicht mit Fragen der Resilienz: was halten wir aus? Was ist unser Selbstbildnis der Gesellschaft und Demokratie? Was kann letztlich jeder Einzelne tun?

Die anschließende Diskussion vertiefte die Themenbereiche. Von besonderem Interesse waren nukleare Teilhabe, Digitalisierung sowie die Frage eines freiwilligen sozialen Jahres. Schließlich wurde über Sicherheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und den dazu erforderlichen Willen diskutiert.

Dr. Tauber - als profunder Sicherheitspolitiker - hat in seinem Vortrag einen breiten Bogen sicherheitspolitischer Themen gespannt. Fachkundig und versiert riss er die Problembereiche an. Seine dynamische Art des Vortrags nahm die Zuhörer mit. Von besonderem Gewinn für das Auditorium war, dass er auch Fragenkomplexe aufwarf, ohne selbst Antworten geben zu können. Es war ein spannender, das Mitdenken anregender Abend.

Er gestaltete einen lohnenden und spannenden Vortragsabend.

Diese Veranstaltung kann bei YouTube unter Gesellschaft für Sicherheitspolitik nachverfolgt werden. Link

Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn

 


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