Sektion Bonn

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Freitag, 20.05.2022 - 16:00

Herausforderungen für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU im Lichte der russischen Aggression gegen die Ukraine

Die Idee der Europäischen Union (EU) hat trotz vielfältiger Kritik stabilisierend in und für Europa gewirkt. Der 2009 in Kraft getretene EU-Vertrag von Lissabon regelt in Artikel 42 die Grundlagen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), die im Kriegsfall sogar striktere Beistandsregelungen beinhaltet als der NATO-Vertrag. Ist das Einstimmigkeitsprinzip bei 27 Mitgliedstaaten mit so unterschiedlichen Historien nach wie vor zielführend?
Vortrag (Präsenz) + Webinar
Referent: Botschafter Thomas Ossowski , Botschafter bei der EU

Hier finden Sie Informationen zum Botschafter Thomas Ossowski


v.l.n.r. Botschafter Thomas Ossowski, Botschafter a.D. Dirk Brengelmann, Senior Fellow CASSIS Bonn), Jakob Ortschig JGSP Bonn, Foto: R. Rohde, Copyright


Frau Sibel Ötztürk, Grassroots Thinktank POLIS180 Foto: R. Rohde, Copyright


Überreichung des Gastgeschenks Foto: R. Rohde, Copyright


v.l., Richard Rohde begrüßt die Teilnehmer Foto: R. Heckenlauer, Copyright

 

Berichterstattung zum Vortrag „Herausforderungen für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU im Lichte der russischen Aggression gegen die Ukraine “

Botschafter Thomas Ossowski, Deutscher Vertreter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee bei der EU, trug in einer hybriden Veranstaltung (ca. 80 Teilnehmer präsent oder per Zoom) zum Thema „Herausforderungen für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU im Lichte der russischen Aggression gegen die Ukraine “ vor.

Der Vortragende leitete mit einer Darstellung und Bewertung der aktuellen Lage in der Ukraine ein. Seiner Einschätzung nach sei die Militäroperation eine strategische Niederlage für Putin. Dieser habe nicht mit den hohen personellen und materiellen Verlusten gerechnet. Zudem sei der Widerstand der ukrainischen Streitkräfte und der hohe Mobilisierungsgrad der Bevölkerung falsch eingeschätzt worden. Darüber hinaus sei die Moral der russischen Truppen nach Jahrzehnten der Korruption nicht so hoch wie erwartet. Weiter sah der Vortragende auch massive operative Fehler der militärischen Führung.

Botschafter Ossowski unterstrich, dass der Angriff auf ein friedliebendes Land eindeutig ein Bruch der VN-Charta sei. Dieses stelle die VN vor eine schwere Belastungsprobe, da der Aggressor ein ständiges Mitglied im Sicherheitsrat sei. Es habe schon im November Frühwarnungen der USA gegeben, denen man aber in der EU nicht geglaubt habe. Er hob deshalb die schnelle einstimmige Reaktion der EU vor, nicht zuletzt auch weil massive Grenzen überschritten worden seien. Es folgten Ausführungen zu den durch die EU beschlossenen Sanktionspaketen und deren Auswirkungen – auch auf die Mitgliedsstaaten der EU selbst.

Er legte Wert auf die Feststellung, dass die Unterstützung der Ukraine auch mit Waffenlieferungen keine Beteiligung am Krieg darstelle.

Die Haltung der EU (Sanktionspolitik und humanitäre Hilfe) beeindruckten auch die USA. Hier wird dieses als eine Stärkung des europäischen Pfeilers und als Katalysator für eigene Fähigkeiten gesehen. Erneut verwies er auf die strategische Niederlage Putins, die sich im NATO-Mitgliedsantrag der EU-Mitglieder Finnland und Schweden widerspiegele.

In einem weiteren Teil seines Vortrages widmete er sich den Herausforderungen für die EU. Der Krieg in der Ukraine sei ein langwieriger Konflikt, der „langatmige Unterstützung“ erfordere. Zunächst gelte es den inneren Zusammenhalt der EU zu bewahren, da die Sanktionen gegen Russland auch Auswirkungen auf die EU-Mitglieder (z.B. Ungarn) hätten. Die Durchhaltefähigkeit der EU stehe auf dem Spiel. Weiterhin müssten sich die EU-Staaten aus der russischen (Energie-)Abhängigkeit befreien. Hier bedürfe es einer Energiewende. Als weitere Herausforderung sah der Vortragende die „Hungerkrise“ in Afrika, die sich auch auf Europa auswirken werde (Stichwort: Migration).

Botschafter Ossowski fasste die russische Politik als ein „satanisches Spiel mit der Welt“ zusammen. Aber die Ukraine sei nicht der einzige Schauplatz von russischem Militärengagements (Libanon, Syrien, Mali, Libyen, Aserbaidschan).

Der Vortragende hob hervor, dass die regelbasierte Weltordnung und damit die Zukunft der VN auf dem Spiel stünden. Russland sabotiere die VN von innen und werde dabei von China unterstützt.

Zusammenfassend stellte er fest, dass sich die EU als glaubwürdige Antwort auf die Ukraine-Krise dargestellt und sich als handlungsfähiger Akteur bewiesen habe.

In der anschließenden Diskussion wurden die Rolle Deutschlands zu Polen und den baltischen Staaten, der mögliche Beitritt der Ukraine zu EU sowie die Beziehung EU – Russland vertieft. Interesse fand auch das Verhältnis EU – NATO. Der Vortragende führte auch zu einer Weiterentwicklung der EU (neuer EU-Vertrag aus), zeigte sich aber skeptisch hinsichtlich der Aufnahme möglicher neuer Mitglieder (Westbalkan, Türkei, Ukraine). Wichtige Handlungsfelder der EU sah er auch im Verhältnis zu Indien, Korea und Japan. Offen blieb die Frage, wie internationale Einsätze zukünftig legitimiert werden können, wenn der VN-Sicherheitsrat blockiert, sei

Botschafter Ossowski hat anschaulich und lebhaft die aktuelle Lage der EU und ihre Herausforderungen dargelegt. Er betonte nachvollziehbar, wie die EU in der Ukraine-Krise an Statur gewonnen hat und welchen Stellenwert sie nun einnimmt. Schwachstellen zeigte er aber auch auf und hielt mit Kritik nicht hinter den Berg. Man merkte dem Vortragende seinen Enthusiasmus und großes Engagement für die europäische Sache an.

Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn

 

 

 

 

 

 


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