Sektion Bonn
Im Gespräch: Nationaler Sicherheitsrat und gesamtstaatliche Resilienz

Christina Moritz, CISS ©Richard Rohde (GSP Bonn)

Daniel Hiller, Fraunhofer Institut EMI ©Richard Rohde (GSP Bonn)

Das Panel zum Nationalen Sicherheitsrat und gesamtstaatlicher Resilienz ©Richard Rohde (GSP Bonn)
Die Literaturliste zum Nationalen Sicherheitsrat, einen ausführlichen Vorschlag für den Aufbau des Nationalen Sicherheitsrates sowie eine prägnante Grafik des Vorschlags finden Sie unten (Download)
Berichterstattung zur Veranstaltung „Im Gespräch: Nationaler Sicherheitsrat und gesamtstaatliche Resilienz“
Frau Christina Moritz, Fellow am Center for Intelligence and Security Studies der Universität der Bundeswehr in München, und Herr Daniel Hiller, Geschäftsfeldleiter Sicherheit und Resilienz am Fraunhofer Ernst-Mach-Institut, erörterten im Rahmen eines Zoom-Webinars „Im Gespräch: Nationaler Sicherheitsrat und gesamtstaatliche Resilienz“.
Frau Christina Moritz, eine anerkannte Expertin und Protagonistin zum Nationalen Sicherheitsrat (NSR), führte mit grundlegenden Gedanken und Überlegungen zum NSR ein. Es gehe um deutlich mehr als außen- und sicherheitspolitische Aspekte, sondern um: die gesamtstaatliche Resilienz. Es gelte, den NSR umgehend als ressortübergreifende Institution im Bundeskanzleramt einzurichten. Hier könne die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers eine schnelle und zielgerichtete Reaktion auf Krisen ermöglichen. Der NSR stelle mit seiner Analyse- und Planungsfähigkeiten die geeigneten Entscheidungshilfsmittel zur Verfügung. Handlungsfelder seien die Landes- und Bündnisverteidigung, der Bevölkerungsschutz und die Katastrophenhilfe sowie die Versorgungssicherheit bzw. der Schutz Kritischer Infrastruktur (KRITIS). Krisenprävention und -management seien als Stichworte genannt. Der NSR sei ein Beratungsgremium, kein Entscheider. Die föderalen Strukturen und Befugnisse blieben erhalten. Eine Neuregelung der Kompetenzen müsse lageabhängig erfolgen.
Herr Dr. Hiller gab anschließend einen Überblick über das Thema „Gesamtstaatliche Resilienz“. Er betonte dabei den interdisziplinären Ansatz und die Notwendigkeit, theoretische Ansätze in der konkreten Anwendung zu prüfen. Es ginge zunächst darum, das extrem hohe Maß an Komplexität der Lebenswelten zu erfassen, die Ursachen und Wirkungen von Störungen in diesem komplexen System zu erkennen und dann das erforderliche Denken aufzubringen.
Anhand von Ereignissen wie z.B. Naturkatastrophen oder Terrorismus erläuterte er diese Zusammenhänge. Es sei wichtig zu erkennen, wie reagiere man auf Krisen, unabhängig ob sie klimatischen Ursprungs oder menschlich verursacht seien. Plakativ illustrierte er seine Ausführungen mit dem „Chip-Mangel“ während der Corona-Krise, als weltweit parallele und sequentielle Faktoren zu einem Engpass in der Versorgung mit diesem für Gesellschaften lebenswichtigen Gut „Chip“ führten. Ein weiteres Beispiel war die KRITIS, wenn wichtige Einrichtungen räumlich eng zusammen lägen und bei Schädigungen „Kaskadeneffekte“ entstünden.
In seinen weiteren Ausführungen ging Dr. Hiller auf die „Deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen“ ein. Es sei gut, dass es seit dem Jahre 2022 diese Strategie gäbe, der Umsetzplan „bringe uns aber nicht weiter“. Kritisch merkte er an, dass Fragen der Finanzierung offen und die Bundesländer „nicht wirklich involviert seien“.
Nach dieser politischen Dimension wandte er sich den wirtschaftlichen Aspekten des Themas hinsichtlich Aufrechterhaltung und Fortführung der Geschäftsprozesse zu. Hier werde bereits seit Langem professionell gearbeitet und es gebe breit angelegte Standards. Die Gesetzgebung hinke jedoch hinterher. Das KRITIS-Dachgesetz sei immer noch nicht verabschiedet.
Als weitere Säule benannte er die Gesellschaft. Resilienz komme nicht nur „von oben“, sondern müsse als gesamtgesellschaftliche Anstrengung verstanden werden. Von Kind an müsse man lernen, mit Krisen umzugehen. Resilienz sei eine Fähigkeit, die man lernen könne. Die besondere Rolle des Ehrenamtes in der Gesellschaft hob er dabei hervor. Man müsse auch hier neue Wege gehen und alte Dinge überdenken. Dr. Hiller illustrierte dieses an Beispielen aus Finnland und Israel.
Er fasste zusammen, dass die Resilienz Deutschlands, verstanden als Fähigkeit von Staat und Gesellschaft, um widerstandsfähig mit Risiken und Krisen jeder Art umzugehen, angesichts aktueller und zukünftiger Herausforderungen schnell und entschlossen gestärkt werden müsse. Resilienz könne nur ressortübergreifend, föderal harmonisiert und zivil-militärisch abgestimmt erreicht werden.
Die anschließende Diskussion vertiefte das Thema. Von Interesse waren Betrachtungen zum zusätzlichen Nutzen eines NSR gegenüber der jetzigen Situation, dem Gesamtlagebild, der Einbindung der Bevölkerung, der Nationalen Sicherheitsstrategie, der internationalen Zusammenarbeit sowie der Nutzung von Künstlicher Intelligenz.
Die Veranstaltung fand großen Zuspruch, insbesondere auch beim Fachpublikum. Das Gespräch und die anschließende Diskussion waren kurzweilig, spannend und informativ. Die gesamte Breite der Thematik wurde abgedeckt und die zum Teil doch komplexen Zusammenhänge treffend erläutert.
Diese Veranstaltung kann bei YouTube unter Gesellschaft für Sicherheitspolitik nachverfolgt werden.
Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn