Sektion Bremen
„Erdogans Drahtseilakt" - Die Türkei, die Nato und Putins Krieg
Von Christian Kolowski
Viele relevante Entwicklungen innerhalb der Türkei betreffen uns hier in Zentraleuropa sehr direkt. Unter Recep Tayyip Erdoğans Präsidentschaft waren und sind große Veränderungen in einst stabil geglaubten Politikfeldern zu beobachten. Viele von diesen konfrontieren die westlichen Partner und Verbündeten der Türkei mit komplexen Herausforderungen. Der Territorialkonflikt mit Griechenland, die Instrumentalisierung von Flüchtlingen für außenpolitische Zwecke oder die Unterstützung radikalislamischer Gruppierungen in Ländern des Nahen Ostens sind hier beispielsweise zu nennen.
Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kommt es jedoch gerade zu einer neuen Entwicklung: Eine türkische Militäroffensive auf syrischem Territorium ist angekündigt. Russlands Verbindung zum syrischen Machthaber Assad, kurdische Autonomiebestrebungen, türkische Flüchtlingsumsiedlung sowie vorgetragene Sicherheitsbedenken Erdogans spielen neben vielen weiteren Aspekten eine Rolle in diesem Konflikt.
Mit welchen Entscheidungen können wir bei einer Türkei rechnen, die einerseits S-400 Flugabwehrsysteme aus Russland kauft und andererseits die Ukraine mit der Lieferung bewaffneter Drohnen unterstützt? Wie wird sich der russische Bedeutungszuwachs im schwarzen Meer auf jene Nation auswirken, welche die Meerenge kontrolliert, die selbiges mit dem Mittelmeer verbindet? Frau Dr. Sinem Adar hat sich bereiterklärt, für uns zu diesem gleichsam komplexen wie bedeutsamen Thema zu referieren.
Ihre bemerkenswerte Forschungskarriere führte Dr. Sinem Adar an viele verschiedene Orte auf mehreren Kontinenten. Nach dem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften an der Bogazici Universität Istanbuls in der Türkei 2004 zog es sie nach London, wo sie ein Jahr späteren einen Masterabschluss im Fach Development Studies (Entwicklungsstudien) erreichte. Ihre Masterthesis behandelte die politischen Instrumente der türkischen Armutsbekämpfung. Nach einer Phase als Forschungsassistenz in der Türkei und einem weiteren Masterabschluss im Fach Soziologie an der Brown University in den USA folgte Frau Adars Promotion im Jahr 2013. Ihre Doktorarbeit beschäftigte sich mit den Beziehungen und Spannungen zwischen der Türkei und Ägypten. Auf den Erwerb des Doktorgrades folgten Fellowships in Göttingen, der Stiftung Wissenschaft und Politik sowie der Humboldt Universität Berlin. Inhaltliche Schwerpunkte von Frau Dr. Adar sind türkische Diaspora-, Flüchtlings- und Innenpolitik. Hinzu kommen Migration, Stateund Nation-Building. Gegenwärtig ist Frau Dr. Adar für die Stiftung Wissenschaft und Politik am Centrum für angewandte Türkeistudien tätig
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