Sektion Bremen

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Samstag, 19.11.2022 - 09:30

Zukunft einer Friedens- und Stabilitätsordnung für Europa - Konfrontation, Koexistenz oder Kooperation?

7. Bremer Symposium zur Sicherheit - eine Veranstaltung des GSP Landesbereichs II mit der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V./Politisches Bildungszentrum Bremen

Vortrag (Präsenz) + Webinar

Mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine im Februar 2022 hat Russland die bestehende Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa unwiederbringlich zerstört. Der Ukraine wird das Recht der Existenz als souveräner Staat abgesprochen und versucht, Grenzen in Europa durch Krieg zu verändern. Russland bricht damit mit allen Prinzipien des internationalen Rechts sowie allen Abkommen zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.
Gestützt auf eine totalitäre Herrschaft im Inneren durch ein autoritär-diktatorisches Regime wähnt sich die politische Klasse Russlands in einer Auseinandersetzung mit „dem Westen und seinem Werte- und Gesellschaftssystem“, dass man ablehnt und durch das man sich existenziell bedroht fühlt. 
Putins Bild einer neuen europäischen Ordnung folgt der russischen Vorstellung einer Wiederherstellung der Vormachtstellung Russlands mit hegemonialem Einflussbereich in einem Europa ohne transatlantische Verbindung.
Wie müssen Deutschland, Europa und die NATO/EU darauf reagieren? Welche Politik ist zum Erhalt von Frieden in Freiheit und staatlicher Souveränität in Europa angesichts einer militärischen und hybriden Kriegsführung Russlands notwendig. 
Droht ein langanhaltender neuer „Kalter Krieg 2.0“ mit einem neuen „Eisernen Vorhang“?
Wie können die liberalen Demokratien auf ökonomische Erpressungsversuche, Cyber-Attacken und einen „Informationskrieg“ zur Destabilisierung im Inneren durch Desinformation und Mobilisierung demokratie-feindlicher Kräfte antworten. Wie könnte eine gemeinsame, ganzheitliche europäische/transatlantische Strategie aussehen?
Unsere Referenten analysieren die Lage, geben uns ihre Einschätzungen und diskutieren mit uns, auf was die europäische Staatengemeinschaft und die Menschen in Europa sich einstellen müssen.
Was braucht es, diese Phase der Konfrontation zu überwinden und in ein Zeitalter der Kooperation zu wandeln?
 

Programm:

09:30     Begrüßung: Dr. Ralf Altenhof, Landesbeauftragter KAS Bremen
09:40     Einführung: Dr. Hans-Peter Bartels, Präsident der GSP
Impulsvorträge:
10:10    Analyse 1: Russlands Rolle in Europa – Großmachtanspruch und Sicherheitsbedürfnis versus kooperative Sicherheitspartnerschaft
                 Reiner Schwalb, Vizepräsident GSP / BrigGen a.D.; u.a. Militärattaché in Russland von 2012-2018
11:10     Analyse 2: Sicherheit und Verteidigung Europas – transatlantisch oder euro-zentrisch?
                 Dr. Margarete Klein, Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin, Leiterin Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien
12:10     Analyse 3: Gemeinsame Europäische Außen-und Sicherheitspolitik-Europa unter Handlungsdruck; -quo vadis, EU?
                 Prof. Dr. Thomas Jäger, Universität Köln - Lehrstuhl Internationale Politik und Außenpolitik
13:00     Mittagspause –Einladung zum Imbiss
14:00     Keynote: Umgang mit einem konfrontativen Russland –welche neue Friedens-und Sicherheitsordnung braucht Europa?
                  David McAllister (CDU), MdEP, Vorsitzender Ausschuss auswärtige Angelegenheiten, Vizepräsident EVP,  
                  2010 -2013 Ministerpräsident von Niedersachsen
15:00     Panel:   Vortragende; Präsident GSP, Moderatorin -   Podiumsdiskussion / Fragen aus dem Plenum
                Zukunft einer Friedens-und Stabilitätsordnung für Europa –Konfrontation, Koexistenz oder Kooperation?
                  Moderation: Dipl.-Politologin Ricarda Steinbach
16:00     Verabschiedung: Peter Radig, Leiter GSP-Landesbereich II

Ort: Haus Schütting - Am Markt 13 , 28195 Bremen
Organisator: Herr Peter Radig , Leiter GSP Landesbereich II

"„Wir sind wieder gut“, glauben die Menschen in Russland und sie glauben das, obwohl sie wissen, dass der Staat lügt“, sagte Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb über das ambivalente Verhältnis der russischen Bevölkerung zu deren Führung.


Deutschlands energiewirtschaftliche Abhängigkeit von Russland sei schon vor langer Zeit strategisch geplant worden, damit Deutschland nicht geeint mit Europa auf den Angriff auf die Ukraine reagiere, meinte Prof. Dr. Thomas Jäger.


„Europa wird sicherheitspolitisch erwachsen werden müssen“, sagte David McAllister. Er sieht in dem Strategischen Kompass 2020 einen Meilenstein und eine Roadmap für eine „European Defence Union“.


Nachbericht:  Zeichen stehen auf konfrontative statt kooperative Sicherheitsordnung

Das 7. Bremer Symposium zur Sicherheit widmete sich thematisch einer zukünftigen Friedens- und Stabilitätsordnung für Europa im Anbetracht des Ukrainekrieges. Sicherheitspolitische Europa- und Russlandexperten betrachteten aus verschiedenen Perspektiven die Lage und zeichneten ein düsteres Bild für eine perspektivisch kooperative Sicherheitsordnung Europas mit Russland.

Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb, Vizepräsident der GSP und ehemaliger Verteidigungsattaché an der Deutschen Botschaft in Moskau von 2011-2018, beschrieb zunächst die Veränderungen in der russischen Politik, Strategie und Denkweise, insbesondere seit dem Jahr 2014. So seien unter anderem die Streitkräfte zugunsten der Verteidigung und „Out of Area“-Einsätze reformiert worden. Auch habe sich das russische Selbstverständnis verändert. Die patriotische Erziehung und Propaganda führten zu dem Glauben: „Wir sind wieder gut.“ Gestärkt werde das Selbstverständnis durch die Stabilität, die Putin, dem Empfinden der Menschen nach, dem Land gebracht hat.  

Neben der inneren Stabilität ist die Sicherheit nach außen Ziel der nationalen Sicherheitsstrategie Russlands. Die USA und die NATO werden dabei als Gefahr und Bedrohung gesehen, insbesondere durch das Heranrücken militärischer Infrastruktur der NATO an russisches Staatsgebiet und Dislozierung militärischer Kontingente ausländischer Staaten. Hier sieht der Russlandexperte Ansatzpunkte für Lösungen. Russland habe immer wieder deutlich gemacht, dass Belarus, Ukraine, Moldawien, Armenien, Georgien und Aserbaidschan („BUMAGA“) nicht Mitglied der NATO werden dürften. Schwalb: „Eine kooperative Sicherheit mit Russland scheitert so lange, wie wir nicht genau definieren, wie wir mit diesen „BUMAGA“-Staaten umgehen wollen.“

Verhandlungen, unter welchen Bedingungen?

Im Ukrainekrieg sieht Schwalb bei Russland einen „Kulminationspunkt im Angriff“ erreicht, gefolgt von einem Strategiewechsel zugunsten einer nicht zulässigen Kriegsführung mit der Bombardierung ziviler Infrastruktur. Für die Zukunft prophezeite er Verhandlungsangebote Russlands. Wenn, dann sollte die Ukraine die zentrale Rolle übernehmen und China nicht der Mediator sein.

Fronten statt Gemeinsamkeit

Russland wolle sich wieder als Großmacht etablieren, sagte Dr. Margarete Klein (Stiftung Wissenschaft und Politik) und „die Macht sein, welche die Spielregeln bestimmt“. So vertrete Russland zum Beispiel die Ansicht, dass die Souveränität der Post-Sowjet-Staaten begrenzt sei. Die Drohung mit und der Einsatz von militärischer Gewalt gehören zur russischen Außenpolitik. Der Krieg gegen die Ukraine sei eine neue Stufe darin, so die Expertin. Global sieht sich Russland als Pol in einer multipolaren Weltordnung in Augenhöhe mit den USA und China.

Für eine gemeinsame Sicherheitsordnung mit Russland nach dem Krieg fehlten die Voraussetzungen: gleichermaßen anerkannte und effektive Institutionen, effektive Mechanismen für die interne Konfliktregelung und externes Krisenmanagement sowie eine gemeinsame Normenbasis. Es gehöre, so Klein, auch zum russischen Selbstverständnis, als Großmacht Regeln brechen zu können und damit durchzukommen. 

Russlands Ordnungsvorstellungen beinhalten: keine Aufnahme neuer Mitglieder in die NATO und Rücknahme militärischer Aspekte der NATO-Erweiterungsrunden seit 1999. Die Kernidee sei die Zwei-Teilung der NATO mit einem rein politischen Teil östlich Deutschlands als Pufferzone.

Nach Meinung der Expertin bleiben nur wenige Handlungsoptionen. Kooperationsbedarf mit Russland gebe es bei Vertrauens- und Sicherheitsbildenden Maßnahmen (VSBM), Rüstungskontrolle, Abrüstung und bei der Lösung internationaler Konflikte. Wir müssten unsere militärische Resilienz nach außen und im Inneren die Resilienz gegenüber „Sharp Power“ stärken. Diese beinhaltet Desinformation und Propaganda durch Russland mit dem Ziel der gesellschaftlichen Spaltung.

Die Leiterin der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien geht zukünftig von einer konfrontativen Sicherheitsordnung in Europa aus, wo in Russland der Kontakt zum Westen unterbunden wird und die Deutungshoheit bei der russischen Führung bleibt.

Russland wird Großmacht – wenn es Europa dominiert

Russland kann Großmacht sein, „wenn es Europa dominiert“, meint Prof. Dr. Thomas Jäger (Universität Köln). Nach der Fehlannahme, dass die Europäer auf den Angriff auf die Ukraine nicht gemeinsam reagieren würden, blieben Russland nur noch zwei Optionen: „Entweder Tanke mit Backshop für China zu sein oder sich neu zu orientieren.“ Insgesamt eine für Russland verfahrende Lage. Dass Russland zu atomaren Waffen greifen könnte, hält er für „Unsinn“, da Russlands Existenz nicht gefährdet sei.

Jäger warnte davor, in späteren Verhandlungen „die Büchse der Pandora“ in Form von Territorialfragen zu öffnen. Damit scheitere das Ordnungsmodell der Europäischen Union (EU) und die europäische Idee, dass in Europa keine Grenze mehr mit Gewalt verschoben werden können. Genau das habe Russland mit dem Krieg gewollt. Jäger warnte: Wenn Europa scheitere, sei das Ziels Russlands, Großmacht zu sein, erreicht.

Der „völkerrechtswidrige, barbarische Invasionskrieg“ Russlands sei ein „frontaler Angriff auf die europäische Sicherheitsarchitektur“, sagte David McAllister (CDU, Ausschussvorsitzender für Auswärtige Angelegenheiten in der EU), der die Keynote sprach. „Unwiderruflich zerstört“ seien die Prinzipien, dass Grenzen unverletzbar sind und das Recht auf nationale Selbstbestimmung existiert.

Europa: gefordert und herausgefordert

Für McAllister sei die größte Herausforderung für die EU, wie sie dauerhaft mit Russland umgehen soll. Eine mögliche Russlandstrategie, die Josep Borell, der Hohe Vertreter der EU, formuliert hat, beinhaltet: die internationale Isolierung Russlands, Kriegsverbrecher zur Verantwortung zu ziehen, die östlichen Nachbarn massiv zu unterstützen, die eigene Resilienz und Gesellschaften gegenüber Propaganda, Fakenews und Cyberangriffe sowie die Kritische Infrastruktur zu stärken, die Zusammenarbeit mit der NATO und werteähnlichen Partnern zu verstärken und auf ein „anderes Russland zu hoffen“, wo Demokratie möglich ist.    

Bis dahin hieße es, weiterhin geeint auf eine Verhaltensänderung der russischen Föderation hinzuwirken und die Ukraine weiterhin massiv zu unterstützen. McAllister; „Wir müssen uns über die Konsequenzen im Klaren sein, wenn sich die Barbarei durchsetzt.“

Die andere große Herausforderung für die EU sei China. McAllister zitierte sinngemäß aus der NATO-Strategie:  China sei das einzige Land, das den Willen sowie über die militärischen, wirtschaftlichen und politischen Mittel verfüge, die globale Ordnung umzugestalten.

Statement des Präsidenten GSP     zur Kooperationsveranstaltung GSP-Landesbereich II/KAS Bremen 7. Bremer Symposium zur Sicherheit

Statement Herr Borowy
(Dipl.- Geograf und Head of Marketing OHB SE, börsennotiertes Technologieunternehmen Satellitenbau und Raumfahrtechnik mit Sitz in Bremen, wenige Tage zuvor als neues Mitglied GSP geworben (Einverständnis zur Veröffentlichung liegt vor)

Hier finden Sie im Nachgang zum 7. Bremer Symposium zur Sicherheit
einen kurzen Ausschnitt aus buten un binnen (Radio Bremen) - dem regionalmagazin vom 19. November 2022
zu unserer Veranstaltung.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Radig
Leiter GSP Landesbereich II
 

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