Sektion Delmenhorst
Die russischen Präsidentschaftswahlen - Entwicklungen, Stand und Aussichten der russischen Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik
Dr. Wipperfürth hat nach Schule und Ausbildung zum Bankkaufmann Grundwehrdienst geleistet und danach Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie in Bonn studiert. Zwischen 1992 und 1998 hat er für das Europäische Parlament und den Deutschen Bundestag gearbeitet. 2001 bis 2004 hat sich Dr. Wipperfürth als Assistant Professor für Internationale Beziehungen an der Universität St. Petersburg/Russland insbesondere mit Fragen aktueller russischer Außenpolitik und den deutsch-russischen Beziehungen beschäftigt. Seit 2005 als Publizist tätig widmet sich Dr. Wipperfürth schwerpunktmäßig der aktuellen russischen Außenpolitik, den deutsch/europäisch-russischen Energiebeziehungen und den russisch-chinesischen Beziehungen.
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Hintergrundinformationen zum Ergebnis der russischen Präsidentschaftswahlen vom März 2018 zu erhalten war das Anliegen der 68 Zuhörer, die dem „Tagestipp“ des Delmenhorster Kreisblatt gefolgt waren und Dr. Christian Wipperfürth erlebten, der sich der Aufgabe stellte, „Entwicklungen, Stand und Aussichten der russischen Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik“ powerpointgestützt vorzutragen. Eingeladen hatte die Sektion Delmenhorst in der GSP, wie immer in Zusammenarbeit mit dem Standortältesten der Bundeswehr und dem örtlichen Reservistenverband, und wie immer in der Oase Haus Adelheide stattfindend.
Eine Entwicklung erscheint klar: die Meinung, Russland entwickele sich unter Putin in die richtige Richtung, teilt, mit steigender Tendenz, eine klare Mehrheit der Bevölkerung, obwohl insgesamt der Wohlstand sinkt. Die neue Religion der Russen sei eben die Nation. Nur eine geringer werdende Minderheit sieht Russland auf dem falschen Weg. Das bedeutet auch, dass die verhängten Sanktionen zwar die Reallöhne um 15% sinken lassen, aber „die Nation stärken“, und damit die Politik des Kreml, der fast 50 % des Haushalts für Sozialausgaben aufwendet und die kräftig gewachsenen Ausgaben für das Militär wieder zurückfährt. Auch die Oktoberrevolution wird inzwischen wieder als positiv angesehen. Nebenbei: die 50 reichsten Oligarchen verloren an einem Tag, dem 09.04.18, 12 Mrd US-Dollar durch fallende Börsenkurse, ausgelöst von neuen US-Sanktionen gegen ausgewählte Personen aus dem Umfeld Putins, auch mit Auswirkungen auf andere Staaten und Konzerne. Diese Personen, die nicht in Russland investieren sondern in London (Profifußballclubs, Immobilien), Zypern (Anleihen), Malta (EU-Pässe) und überhaupt im Westen, seien mit schuld an der weltweit negativen Politik Russlands. Sie könnten Politikwechsel erzwingen, scheint es. Das Gegenteil ist der Fall: „wenn wir schon nicht für Russland leben, so sind wir doch bereit, dafür zu sterben!“ Es zeigt sich, dass von den drei russischen Denkschulen, die westliche Außenpolitik deuten, diejenige die Oberhand gewinnt, die „Vorsicht vor dem Westen und Abstand halten!“ propagiert. Man nimmt vor allem das wahr, was man erwartet, und hält auch für wahr, was man erwartet. Folgerung ist, der Westen ist Gegner und nicht Partner. Dazu steht nicht im Gegensatz, dass Putin über Frau Merkel Kontakt hält und keine „Gegensanktionen“ ausgerufen hat.
Außen- und auch innenpolitisch hat der Sieg Russlands im Syrienkrieg trotz der immensen Kosten Putins Ansehen in der Bevölkerung weiter wachsen lassen. Diese Stärke und das Heraushalten der USA und der EU aus Entscheidungen in Nahost lassen vor allem deutsche Vorstellungen, man könne dort sozusagen als Vermittler auftreten, weltfremd erscheinen. Richtig bleibt aber, dass aus deutscher Sicht die Auffassung, „Russland muss sich wohlfühlen“ Vorrang behält vor „Russland muss draußen bleiben“, auch wenn das nach den jüngsten Verwerfungen auf wenig angelsächsische Gegenliebe stößt.
In der Fragerunde ging Dr. Wipperfürth detailliert auf die Beiträge ein, erhielt abschließend kräftigen Beifall und das Feedback, er habe wirklich Hintergrund beleuchtet, der ansonsten im Dunkeln geblieben wäre.