Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 22.09.2021 - 18:30

Wir verstehen die Welt nicht mehr!

Erwartungen, Anforderungen, Spielräume und Grenzen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik

Vortrag und Diskussion
Referent: Wolfgang J. Stützer , Politikwissenschaftler, Politikberater u. Publizist
Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

Ungewohnte An- und Einblicke

Die Weltkarte, die der Politikwissenschaftler und Historiker Wolfgang J. Stützer zur Veranschaulichung seiner Gedanken auf die Leinwand projizierte, blieb die einzige Folie des Abends. Das allein war schon ungewöhnlich, ebenso war es ihre Zentrierung. Europa ist nicht mehr der Nabel der Welt.  Machtpolitik ist mittlerweile pazifikzentriert. Dorthin haben sich die Perspektiven von weltweiter Außen- und Sicherheitspolitik verschoben. Aber diese Erkenntnis hat sich bei deutschen Politikern noch nicht durchgesetzt, oder aber sie wird geleugnet. Beide Erklärungen sind nicht hinnehmbar, so der Referent.

Anhand eigener Erfahrungen aus der Politikberatung zeigte er auf, welche Defizite Deutschland bei der Gestaltung von Realpolitik hat.

Beispiel 1: Der französische Präsident schlägt vor, Deutschland stärker in die atomare Planung einzubinden – Berlin bleibt aber stumm.

Beispiel 2: Ein deutsches Libyenengagement nach Gaddafi wird mit der Begründung abgelehnt, „man habe schließlich gelernt“.  - Andere nicht??

Beispiel 3: Nordstream 2 wird durchgesetzt, ohne sich mit Partnern und Nachbarn abzustimmen, die USA werden aber ob eines unabgestimmten Rückzugs aus Afghanistan gerügt.

Beispiel 4: Wer sich vertraglich verpflichtet, 2% für Verteidigungsausgaben aufzuwenden, dann aber seine Zusagen stark relativiert, stellt Vertragstreue und Verlässlichkeit in Frage.

Beispiel 5: Handelsabkommen mit China ohne Beteiligung von Nachbarn und Partnern zeugen von mangelnder Sensibilität - oder „Blauäugigkeit“.

Beispiel 6: Wenn ein deutscher Bundespräsident sich wegen massiver Kritik an seiner klaren Artikulierung deutscher Interessen zum Rücktritt veranlasst sieht, so kann dies der Welt nur suggerieren, dass Deutschland keine Sicherheitsinteressen hat.

 

Für mache überraschend war die Aussage Stützers, dass Realpolitik und Moral keine Kategorien darstellen, die untrennbar miteinander verbunden sind.  Das muss aber ebenso wenig heißen, dass man nur gewinnen kann, wenn andere verlieren. Aber - nur wer eigene Interessen formuliert, kann sich mit anderen im fairen Austausch vergleichen. Sich seiner eigenen Ansprüche und Ziele, sowie seines Potenzials bewusst sein, und dies in die Weltpolitik einbringen – darin liegt der Schlüssel für die Wiedererlangung eines angemessenen Platzes im Konzert der Großen.

Ein Exkurs in die letzten 150 Jahre deutscher Geschichte zeigte auf, dass am deutschen Wesen (allein) zwar nicht die Welt genesen wird, aber seine kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Potenz Deutschland ein deutlich höheres politisches Gewicht zubilligt, als es derzeit „auf den Platz“ gebracht wird. Fazit: Es gilt, wieder aufzuholen! Heraus aus der Opfer- und hinein in die Führungsrolle!

Dankbarer Applaus der 44 Zuhörer unter „3G“ zeigten dem Referenten, dass seine Botschaft angekommen war.  Anschließend beatwortete noch im kleinen Kreis Fragen.

 

Harald Mauritz

 

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