Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 31.08.2022 - 18:30

Das andere Gesicht der NATO

Internationale Zusammenarbeit

Die NATO ist in den Augen der Öffentlichkeit in erster Linie ein Militärbündnis mit Sloldaten, Waffensystemen und militärischen Einsätzen. Die Analyse des französischen Präsidenten Marcon, sie sei "hirntod", ist hinfällig: auch Schweden und Finnland - bisher neutral - wollen beitreten.

Die "politische" NATO zeigt ein anderes Gesicht, das nicht im Fokus der Medien steht. Über 40 Partnerschaften mit Staaten und Organisationen weltweit sind wesentliche Grundlagen für Stabilität un friedliche Beilegung von Konflikten und leisten mit langfristig angelegten Dialogen und Programmen praktische Hilfen bei der Reform von Streitkräften und politischen Entscheidungen.

Der jüngste NATO- Gipfel in Madrid hat die Rahmenbedingungen überprüft. Dessen Ergebnisse, aber auch die Grenzen der internationalen Zusammenarbeit sollen näher betrachtet und dargestellt werden.

Der Referent arbeitet in NATO-Hauptquartier in Brüssel in der Abteilung "Operationen" und ist intimer Kenner dieses anderen Gesichts der NATO.


Referent: Professor Sven B. Gareis , Mitarbeiter Bereich Operationen im NATO-Hauptquartier und Honorarprofessor am Institut für Politikwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster
Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

 

Eigenbericht der Sektion vom Vortrag am 31.08.2022.

Zum wiederholten Mal konnten der Standortälteste und der Leiter der Sektion Delmenhorst Herrn Professor Dr. Sven B. Gareis in Delmenhorst begrüßen. Der Oberst der Reserve, Teilnehmer am internationalen Lehrgang an der Nationalen Verteidigungsakademie Chinas und zeitweiliger deutscher Verteidigungsattaché in China und der Mongolei hatte sich zuvor schon als profunder Kenner der chinesischen Kultur, Ideologie und Gesellschaft erwiesen und unter anderem China als fragile Großmacht vorgestellt.

Insofern durften sich 45 Gäste erneut auf einen interessanten Vortrag freuen. Professor Gareis wartete aber diesmal mit einem ganz anderen Thema auf. Seit einigen Jahren liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit im NATO- Hauptquartier in Brüssel.

Die NATO ist in den Augen der Öffentlichkeit in erster Linie ein Militärbündnis mit Soldaten, Waffensystemen und militärischen Einsätzen. Umso überraschender das Thema seines Vortrags:

„Das andere Gesicht der NATO – Kooperative Sicherheit und Partnerschaften“

Die NATO – so Professor Gareis - versteht sich als politische Allianz mit ausgeprägten militärischen Strukturen und Fähigkeiten. Die Beschlüsse des NATO-Rates erfordern Einstimmigkeit, die militärischen Strukturen beraten die Politik in militärischen Fragen und setzen dessen Entscheidungen um.

Auf den regelmäßig stattfindenden NATO-Gipfeln wird die Strategie den aktuellen Herausforderungen angepasst. Insbesondere seit der Annexion der Krim durch Russland wurden wichtige Beschlüsse (Schaffung von schnellen Eingreifkräften, Luftraumüberwachung an der Ostgrenze, 2-Prozent-Ziel, vorgeschobene Truppenstationierung, Überwachung des Cyberspace) gefasst. Sie hatten das Ziel, Sicherheit zur garantieren, potenzielle Angreifer abzuschrecken und trotzdem mit Russland im Gespräch zu bleiben.

Mit dem neuerlichen Angriff Russlands auf die Ukraine wurde Russland erstmals als Bedrohung eingestuft. China gilt als eine Herausforderung. Das auf dem Gipfel in Madrid beschlossene neue strategische Konzept setzt aber auch auf politischen Dialog mit Partnern auf der Basis gegenseitigen Respekts. Die NATO setzt weiter auf eine Politik der offenen Tür, sie unterstützt Beitrittskandidaten und sucht die strategische Partnerschaft mit der Europäischen Union. Der Schwerpunkt liegt auf dem Westbalkan und der Schwarzmeerregion, der Indo-Pazifik ist ihr aber auch wichtig. Die NATO- Mitglieder haben erkannt, dass sie eine Führungsposition bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels einnehmen müssen, da dieser großen Einfluss auf die Sicherheit hat.

40 Partnerschaften mit Staaten und Organisationen weltweit sind wesentliche Grundlagen für Stabilität und friedliche Beilegung von Konflikten und leisten mit langfristig angelegten Dialogen und Programmen praktische Hilfen bei der Reform von Streitkräften und politischen Entscheidungen. 

Besonders hervorgehoben wurde dabei das Defence Education Enhancement Programme, in welchem Gareis selbst aktiv mitarbeitet. Stets geht die Initiative für eine solche Partnerschaft vom Nicht-NATO-Staat aus. Die Intensität und Qualität der Zusammenarbeit ist unterschiedlich. In bisher drei Fällen wurden die Partnerschaften wieder aufgelöst, ein signifikanter Fall ist Afghanistan.

Der Vortragende würdigte besonders das Engagement der Ukraine bei der Umsetzung dieses Programms. Er sah diesen Erfolg in der Praxis bestätigt, denn wer hätte der Ukraine die Durchhaltefähigkeit im Kampf mit einem als übermächtig geltenden Aggressor zugetraut.  Professor Gareis führte dies auch auf die Tatsache zurück, dass die ukrainischen Streitkräfte sehr schnell die Philosophie der Auftragstaktik antizipiert hätten.

Der Redner zog folgendes Fazit:

  • Partnerschaften bleiben ein entscheidender Pfeiler für die Bemühungen um Frieden und Stabilität,
  • Partnerschaften schaffen Vertrauen – aus 14 Partnern wurden Alliierte, mit Finnland und Schweden wurden 2022 zwei weitere Partner zu Beitrittsländern,
  • Programme, die auf die Entwicklung von "mindset" zielen, müssen langfristig angelegt sein, sie wirken häufig erst nach ein oder zwei Generationen,
  • Programme müssen auf Nachhaltigkeit angelegt sein, weil sie die Persönlichkeitsbildung künftiger Führungskräfte beeinflussen.

 

In der anschließenden Diskussion wurden Fragen zu den Kosten und den Laufzeiten und Erfolgsaussichten derartiger Programme aufgeworfen, welche alle zur vollen Zufriedenheit beantwortet werden konnten.

 

Ein langanhaltender Applaus war hörbares Zeichen dafür.

 

Harald Mauritz

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