Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 28.09.2022 - 18:30

Die Koreanische Halbinsel und Nordkorea

Vortrag und Diskussion

1953 endete der Korea-Krieg mit einem Waffenstillstand, der bis heute - während 70 Jahren - nicht in einen Friedensvertrag überführt werden konnte. Stattdessen stehen sich heute auf der koreanischen Halbinsel zwei Staaten gegenüber, die in ihrer gesellschaftlichen Ausgestaltung nicht gegensätzlicher sein könnten.

Der demokratischen Republik Südkorea steht nördlich des 38. Breitengrades die kommunistische Demokratische Volksrepublik Korea gegenüber. Aktuell stehen sich beide Koreas sprachlos und fast ohne Kontakte gegenüber, und eine Verständigung (gar nicht zu reden von einer Wiedervereinigung) erscheint illusionär. Die nordkoreanischen Nuklear- und Trägerwaffenambitionen stellen das entscheidende Hindernis sowohl für eine Annäherung der beiden Staaten als auch für eine zukunftsfähige Sicherheitspolitik in der Region Nordostasien und im indo-pazifischen Raum dar.

Die Geschichte sowie die aktuelle Lage auf der koreanischen Halbinsel ist Gegenstand des Vortrags, aber auch das geopolitische Umfeld.

Welche unterschiedlichen Interessenlagen treiben die USA, die VR China, Japan und schließlich Russland an?

Und ist die Halbinsel immer noch einsam wie eine Garnele unter lauter Walen im Ozean?


Referent: Doris Hertrampf , Botschafterin a.D. in Nordkorea und Tadschikistan
Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

v.l.: Sektionsleiter, Referentin und Standortältester

 

Eigenbericht zum Vortrag vom 28.09.22 zum Thema „Die koreanische Halbinsel und Nordkorea“

Eigentlich weiß man doch alles über den „kleinen Raketenmann“ und den 38. Breitengrad und die Hochtechnisierung von Südkorea, und damit auch über die Lage auf der koreanischen Halbinsel, oder?

Der Vortrag von I:E. Botschafterin a.D. Doris Hertrampf begann vor 38 Zuhörern mit einem geschichtlichen Rückblick und verblüffte gleich zu Beginn mit der Feststellung, dass Korea ein tausend Jahre altes eigenständiges und traditionsreiches Königreich war, bis es 1910 von den Japanern besetzt und kolonialisiert wurde. Dieses Trauma wirkt bis heute unterschwellig nach.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der japanischen Kapitulation, forciert durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, ging Korea davon aus, dass die alte Selbständigkeit wieder hergestellt würde. Die Groß- und Siegermächte USA und Sowjetunion hatten aber andere Pläne, mit denen der jeweilige geopolitische Einfluss in der Region gefestigt werden sollte und die Koreaner weiter sozusagen „Spielball“ bleiben ließ. Vergleichbar mit Deutschland wurden 1948 aus den Besatzungszonen zwei Staaten. Im Norden entstand die Demokratische Volksrepublik nach sozialistischem Vorbild, im Süden die Republik Korea. Diese war in konfuzianischer Tradition landwirtschaftlich geprägt und weniger entwickelt als der Norden. Als Demarkationslinie zwischen den beiden Staaten wurde nach dem Waffenstillstand 1953 der 38. Breitengrad festgelegt.

Freie Wahlen unter UNO- Aufsicht konnten 1948 nur im Süden erfolgen, im Norden waren kommunistische Einheitslisten vorgegeben. Beide Staaten verfolgten gegensätzliche Entwicklungsstrategien: kommunistisch geprägt im Norden, und stark anti-kommunistisch geprägt im Süden.

Der Wille zur Einheit war auf beiden Seiten stark, im Norden sogar Staatsziel. Diese Stimmung ausnutzend überschritten nordkoreanische Truppen am 25. Juni 1950 den 38. Breitengrad, nahmen Seoul, des Südens Hauptstadt ein, und besetzten weite Teile des Südens. Die USA riefen die UNO auf den Plan und erhielten das Mandat, Militär einzusetzen. (Der vetoberechtigte Vertreter der Sowjetunion blieb der Abstimmung fern!) Die Masse der Truppen stellten die USA. Die Nordkoreaner wurden zurückgedrängt, die UNO - Truppen drangen bis zur chinesischen Grenze vor. Dies wiederum ließ die 1949 gegründete Volksrepublik China. direkt in den Krieg eingreifen, weil man das eigene Territorium bedroht sah. lag. Der Krieg rollte im Januar 1951 wieder in den Süden, überrollte wiederum Seoul und wurde mit großer Brutalität geführt. Die Gegenoffensive ab März 1951 hielt am 38. Breitengrad an. Bis zum Waffenstillstand 1953 kamen geschätzt drei Millionen Zivilisten ums Leben und fast eine Million Soldaten waren tot, vermisst, verwundet. Fast die komplette Industrie war zerstört.

Verhandlungen zogen sich bis Juli 1953 hin und endeten mit dem Waffenstillstand, wie er  heute noch gilt.

Kim Il (die Sonne) Sung begründete nach dem Waffenstillstand in Nordkorea die „erbliche Dynastie“ (und den Personenkult!) der Kims und genießt auch heute noch nahezu gottgleiche Verehrung, obwohl sein sozialistisches Experiment scheiterte und die Volksrepublik zu einem der ärmsten Länder der Welt machte. Hungersnöte und Mängel an allen Ecken nimmt die Bevölkerung hin, ständig der Propaganda ausgesetzt, rigoros kontrolliert und ohne Zugang zu anderer Information.

Als unsere Referentin Botschafterin in Nordkorea war, herrschte dank der Politik des damaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung eine Zeit relativer Entspannung u.a. mit  Familientreffen und dem Aufbau einer Sonderwirtschaftszone direkt an der Demarkationslinie mit ca 500 südkoreanischen Firmen und nordkoreanischen Beschäftigten,.

Zeiten von Entspannung und Spannung wechselten einander ab, verbunden insbesondere mit dem ab 2003 begonnenen Aufbau eines Programmes von Nuklear- und Trägerwaffen durch Nordkorea und die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft darauf.  Nordkorea ließ sich bisher durch diese Reaktionen nicht von seiner Politik abbringen, und das Scheitern der Gespräche zwischen dem US-Präsidenten Trump und Kim Jong Un 2019 in Hanoi führte zum Abbruch aller Gespräche und einer „Sprachlosigkeit“ zwischen Nordkorea und den USA, aber auch Südkorea, die bis gegenwärtigen Zeitpunkt  unverändert anhält.

Der Abzug der US-Truppen wurde 2019 von Kim Jong Un nicht verlangt! Kernpunkt war, dass Nordkorea offenbar zu einem „Einfrieren“ seines Programms und Verhandlungen über Abrüstungsmaßnahmen bereit war, nicht aber zur Akzeptierung der Maximalforderung von Trump: Vollständiger und nachprüfbarer  Abbau aller Nuklearwaffen, und danach erst Abbau von Sanktionen und Garantien einer Friedensordnung auf der koreanischen Halbinsel. Daran scheiterte der Gipfel von Hanoi.

Sehr genau hat die Republik Korea die deutschen Verhältnisse rund um die Wiedervereinigung studiert, um sich auf die eigene Wiedervereinigung vorzubereiten. Unter den jetzigen Gegebenheiten allerdings scheint eine Wiedervereinigung weiter entfernt als jemals zuvor.

Die geschlossenen Botschaften nicht nur der westlichen, sondern aller Länder in Nordkorea sind eine Folge der hermetischen Abschottung des Landes wegen Corona. Wenn diese Abschottung beendet wird, werden auch die Botschaften ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Das Jahr 2023 wird an 70 Jahre Waffenstillstand ohne Frieden auf der koreanischen Halbinsel erinnern.

 

Kräftiger Beifall war Lohn für einen sehr anregenden Vortrag mit ausführlicher Fragenbeantwortung.


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