Sektion Delmenhorst
60 Jahre Elysee- Vertrag
Deutsch - französische Aussöhnung und Zusammenarbeit
Der Journalist Ingo Espenschied hat u.a. an der Pariser Sorbonne und an der London School of Economics Internationale Politik studiert und ist ausgewiesener Experte für deutsch-französische und europäische Beziehungen. Mit dem von ihm entwickelten Doku-Live Format hat Espenschied ein neues, innovatives Genre im Bereich der Politischen Bildung begründet, das über die Grenzen Deutschlands hinaus auf Anerkennung gestoßen ist. Dabei verbindet er einen lebendigen Live-Kommentar mit unterschiedlichen Medien, die er auf mobile Kinoleinwände projiziert: historische Fotos, Animationen, Karikaturen, Zeitzeugeninterviews, originale Wochenschauberichte.
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee 04222 / 950221
Eigenbericht zum Vortrag am 10.05.23 von Ingo Espenschied (DOKULIVE.EU)
60 Jahre Elysee-Vertrag
Einen beeindruckenden Vortrag der besonderen Art erlebten die 30 Teilnehmer im Haus „Adelheide“.
Eingeleitet wurde der Abend mit einer kurzen Vorstellung des Auftragsportfolios der am Standort stationierten beiden Logistikbataillone durch den S3-Stabsoffizier des Logistikbataillons 161. Major Daniel Achterhold begrüßte auch anstelle des Standortältesten der Bundeswehr.
In einem äußerst kurzweiligen, mit Bildern, Videos und animierten Powerpoints angereicherten Vortrag spannte der Politikwissenschaftler und Journalist Ingo Espenschied einen Bogen von den Anfängen des Frankenreichs unter Karl dem Großen bis zur aktuellen Politik von Bundeskanzler Scholz und Präsident Macron. Er machte deutlich, dass die sogenannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich schon zur Zeit Ludwig des XIV. ihren Anfang genommen hatte. Zankapfel war dabei häufig Elsass-Lothringen, welches immer wieder zwischen Frankreich und Deutschland wechselte. Beide Seiten waren kompromisslos und unerbittlich in ihren Ansprüchen.
Espenschied stellte die Lebensläufe von de Gaulle und Adenauer vor. Die Teilnehmer waren erstaunt zu hören, dass de Gaulle, welcher im 1. Weltkrieg in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet und im zweiten Weltkrieg als Anführer der Resistance gegen Deutschland kämpfte, die Überzeugung gewann, dass Westdeutschland in europäische Verträge und Kooperationen eingebunden werden müsse, um potenziellen sowjetischen Einfluss entzogen zu werden.
Beginnend 1951 (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), über das Saar-Abkommen 1956, die Europäische Atomgemeinschaft und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (1957) wurde diese Integration immer weiter vorangetrieben.
Letztendlich war es aber ein Ergebnis des persönlichen Engagements von Präsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer, dass im Januar 1963 zwischen Frankreich und Deutschland ein „Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit" unterzeichnet werden konnte. Beide nutzten dafür „die Gunst der Stunde“. Dies wird bei der Betrachtung der Vertragsdokumente deutlich: Die deutsche Ausfertigung ist auf französisches Vertragspapier gedruckt, die Siegel wurden eilig vor Ort angefertigt.
Nachfolgende Regierungschefs - so Espenschied - setzten die Kooperation fort. Hervorzuheben sei dabei die enge Verbindung von Mitterand und Kohl. Der im Januar 2019 geschlossene Aachener Vertrag soll die Freundschaft weiter vertiefen. Beeindruckt waren die Zuhörer jedoch insbesondere von der Tatsache, dass die im Elysee-Vertrag festgeschriebenen Regierungskonsultationen erst einmal (Oktober 2022 durch Bundeskanzler Scholz) abgesagt wurden.
Espenschied fasste zusammen, dass eine Wiederbelebung der deutsch-französischen Zusammenarbeit unabdingbar, aber kein Selbstläufer ist. Fragen und Kommentare aus dem Publikum rundeten die gelungene Veranstaltung, die einer größeren Zuhörerschaft würdig gewesen wäre, ab.
Harald Mauritz