Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 21.06.2023 - 18:30

Krieg in Europa: Frieden durch Recht?

Vortrag und Diskussion

Mit dem Überfall Rußlands auf die Ukraine ist der Große Krieg in Europa, ausgerechnet in den Bloodlands des Zweiten Weltkriegs und ausgelöst durch eine der Garantiemächte der Charta der Vereinten Nationen. 

Ist das Völkerrecht damit obloset, liegt es gänzlich in Scherben?

Dr. Hartwig von Schubert ist Theologe und lehrt seit 2021 als Privatdozent an der Universität Hamburg am Fachberech Theologie der Fakultät für Geisteswissenschaften. Er war unter anderem evangelischer Militärdekan.

 


Referent: Hartwig von Schubert , Privatdozent

Dr. Hartwig von Schubert, geboren 1954 in Rheden/Niedersachsen studierte von 1974 -1980 Evangelische Theologie in Göttingen, Tübingen, Heidelberg und Kiel. Sein Berufsleben begann mit einer Stelle als Vikar und Pastor in Hamburg St. Georg (Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche). Zwischen 1987 bis 1992 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstelle der Evangelischen Studiengemeinschaft Heidelberg. Dort promovierte er 1988 zum Thema Evangelische Ethik und Wirtschaftstechnologie. Von 1992 bis 2003 war Dr. von Schubert Abteilungsleiter des Diakonischen Werk Hamburg. Im Anschluss arbeitete er als Studienleiter der Evangelischen Akademie Nordelbien. Von 2004 bis 2019 war er Seelsorger und Lehrer an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg.

Seine beruflichen Schwerpunkte sind Friedensethik, Wirtschaftsethik und Gesundheitsethik.

 

Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

Der Referent (links) mit dem Sektionsleiter

Eigenbericht zum Vortrag am 21.06.2023 von Dr. Hartwig von Schubert

Krieg in Europa: Frieden durch Recht?

Einen weiteren Vortrag der besonderen Art erlebten die 31 Teilnehmer im Haus „Adelheide“.

Der Theologe, Reserveoffizier und Privatdozent Dr. Hartwig von Schubert spannte einen Bogen von der Idee Immanuel Kants „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf“, über die Charta der Vereinten Nationen bis zu praktischen Schlussfolgerungen für den Krieg in der Ukraine.

Kant – so von Schubert - begriff das Recht als Vereinbarung der Interessen unterschiedlicher Akteure (Staaten, Bündnisse udgl.) auf freiwilliger Basis mit dem Ziel eines Interessenausgleichs.  Der Referent zeigte die verschiedenen Aggregatzustände zwischenstaatlicher Verhältnisse (Naturvölkerrecht, Völkerrecht des Übergangs, öffentliches weltbürgerliches Friedensvölkerrecht) auf und unterlegte diese mit plastischen Beispielen zu Versuchen der Verregelung zwischenstaatlicher Gewalt aus 500 Jahren europäischer Geschichte.

Den Zuhörern fiel es nicht immer leicht, aus der Vielzahl der geschichtlichen Ereignisse die richtige Zuordnung abzuleiten. Sie wurden aber im regen Austausch mit dem Referenten immer wieder auf die Argumentationslinie zurückgeführt. Die Idee eines „Weltstaates“ wurde schon von Kant selbst verworfen, weil er diesen als allmächtig und nicht regierbar empfand. Kants Idee der „Republik der Republiken“ sieht von Schubert aber insbesondere seit den großen Weltkriegen auf einem guten, aber auch noch sehr langen Weg.

Die Vereinten Nationen sieht der Referent als das erfolgversprechendste Instrument, Recht zur Geltung zu verhelfen und Krieg zu verhindern – oder wo dies nicht (mehr) möglich ist - diesen wieder zu beenden.

Abschließend übertrug von Schubert die Gedanken Kants auf den Ukraine-Krieg. Er stellte fest, dass auch hier die Kant’schen Regeln in moderner Form Anwendung finden werden:

  1. Unterstützung der Ukraine durch die internationale Gemeinschaft zur Selbstverteidigung;      
  2. UN-Resolution zur sofortigen Beendigungen des Angriffskriegs;                                               
  3. Rückkehr zu einer geordneten Konfrontation mit Russland mit Waffenstillstand, Autonomie  der besetzten Gebiete, Neutralitätsstatus der Ukraine und Sicherheitsgarantien durch die  „Ramstein-Gruppe“, Aufarbeitung des Krieges vor dem internationalen Strafgerichtshof, Implementierung einer neuen Sicherheitsarchitektur zu Abrüstung und Rüstungskontrolle  und Angebote zur Unterstützung des Aufbaus eine politisch starken russischen Staates (nach Putin).

Da die aktuellen Systeme der kollektiven Sicherheit nicht in der Lage waren, den Krieg zu verhindern, bedürfen auch diese nach Meinung des Referenten einer Weiterentwicklung. So müsse die Handlungsfähigkeit und Legitimität des Sicherheitsrates durch Aufnahme weiterer ständiger Mitglieder verbessert werden. Auch die EU müsse sich durch Aufgabe des Einstimmigkeits-Prinzips weiterentwickeln und „Warteräume“ für die Aufnahme neuer Mitglieder einrichten.

Nicht alle Schlussfolgerungen wurden durch die Teilnehmer mit Zustimmung aufgenommen. So ergab sich in der folgenden Diskussion ein reger Austausch von Meinungen und Ansichten. Der Dozent lenkte die Diskussion routiniert.  Er teilte einerseits die Sorgen der Zuhörer, stellte anderseits auch immer wieder den Bezug zur Kantschen Theorie her. Die Hoffnung, dass eine Besinnung auf Kant das Ende aller Kriege bedeutet, musste er allerdings zerstreuen. Schön wär´ es allerdings…

Harald Mauritz

 

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