Sektion Wilhelmshaven/Friesland

Sektion Wilhelmshaven/Friesland

Dienstag, 06.06.2023 - 19:00

Zivile Verteidigung und Katastrophenschutz: Wie will Deutschland diese Aufgaben schultern? Eine niedersächsische Perspektive.

Die zivile Verteidigung ergänzt die militärische Verteidigung, insbesondere die militärische Landesverteidigung zur sogenannten Gesamtverteidigung. Während die Verantwortung für die militärische Sicherheitsvorsorge beim Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) liegt, ist für die zivile Verteidigung das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) zuständig. Zur zivilen Verteidigung gehört unter anderem der Zivilschutz. Die Aufgaben des Zivilschutzes überlappen sich mit denen des Katastrophenschutzes, der gemäß Artikel 70 in Verbindung mit Artikel 30 Grundgesetz in die Zuständigkeit der Länder fällt – auch im Verteidigungsfall. Die Durchführung des Katastrophenschutzes obliegt wiederum vorrangig den Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen. Dieser engen Verschränkung von Zivilschutz und Katastrophenschutz wird durch gesetzliche Bestimmungen, z. B. § 11 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes, Rechnung getragen. Daher greift der Bund zur Durchführung der Maßnahmen im Zivilschutz auf Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes zurück. Die Kräfte des Katastrophenschutzes der Länder werden dafür vom Bund ergänzend ausgestattet und ausgebildet.
Nach der deutsch-deutschen Vereinigung, der Auflösung des Warschauer Paktes und dem Ende der UdSSR wurden in Deutschland die Zivilschutzfähigkeiten nach und nach reduziert. Der Bevölkerung wurde dies vor allem durch die Leerung der Zivilschutzlager, die Stilllegung von Schutzbauten und den in Vergessenheit geratenen Warndienst – Stichwort „Sirenen und Sirenensignale“ – hin und wieder vor Augen geführt. Deutschland war „von Freunden umzingelt“. Die für Verteidigungsvorbereitungen nutzbare Warnzeit – wenn sie denn überhaupt noch in ein Kalkül einbezogen wurde – lag letztlich bei einem Jahr und mehr. Es wurde daher seinerzeit für eine grundsätzliche Überarbeitung der konzeptionellen Grundlagen zur Zivilverteidigung kein Bedarf gesehen.
Mit der Änderung des sicherheitspolitischen Umfelds, unter anderem auch des russischen Angriffs auf die Ukraine in 2014, änderte sich diese Einschätzung der politischen Führung von Bund und Ländern. Als ziviler Gegenpart zur Konzeption der Bundeswehr (KdB) wurde vom BMI am 24. August 2016 die Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) erlassen. Ihre Umsetzung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern, die dafür entsprechende Steuerungsgremien gebildet haben.
Die Umsetzung ist keineswegs abgeschlossen. Insbesondere haben die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021, die Bedrohung der Bevölkerung durch Viren, die Bedrohungen für kritische Infrastrukturen im Cyberraum und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit der einhergehenden russischen Bedrohung von NATO und EU zu erneutem Umdenken, aber auch zu divergierenden Auffassungen bei den verschiedenen Beteiligten über den weiteren Weg zum Ausbau von Zivil- und Katastrophenschutz geführt. Die Debatte um die Rolle des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie die Wandlung seiner Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) in Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) im Sommer 2021 und um die Einführung des „Cell Broadcast“ sind nur die Spitze des Eisbergs aus widerstreitenden Auffassungen von Zuständigkeiten, Strukturen, materielle und personelle Ausstattung und vor allem Finanzen.
Der Vortrag wird zunächst die Grundlagen von ziviler Verteidigung (insbesondere Zivilschutz) und Katastrophenschutz vorstellen und den engen praktischen Zusammenhang zwischen Bundes- und Landeszuständigkeiten bzw. -aufgaben sowie der Finanzierung der Fähigkeiten verdeutlichen. Der konkrete niedersächsische Beitrag zu ziviler Verteidigung und die niedersächsischen Vorkehrungen und Fähigkeiten zum Katastrophenschutz werden erläutert. Abschließend soll ein Ausblick – aus niedersächsischer Sicht – auf die weitere Umsetzung der KZV und die Fortentwicklung der Katastrophenschutzfähigkeiten geboten werden.

Vortrag und Diskussion

Referent: Mirko Temmler , Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz, Celle

Zum Referenten: Mirko Temmler, Jahrgang 1983, wuchs in Celle auf. Nach Schulausbildung, beruflicher Ausbildung und Tätigkeit studierte er Rettungsingenieurwesen an der Technischen Hochschule Köln mit dem Schwerpunkt „Gefahrenabwehr und Sicherheitstechnik“ und schloss in 2010 mit dem Master of Science ab. Von 2009 bis 2011 war er zunächst als Katastrophenschutzreferent beim Landesverband Rheinland-Pfalz des Deutschen Roten Kreuzes in Mainz und nachfolgend im Ministerium für Inneres des Landes Rheinland-Pfalz beschäftigt. In 2011 wechselte Mirko Temmler zum Amt für Brand- und Katastrophenschutz bei der Polizeidirektion Hannover, wo er bis 2014 als Dezernent Katastrophenschutz eingesetzt war. Das Jahr 2014 führte ihn in das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport, wo er bis 2020 als Referent und Referatsteilleiter Katastrophenschutz wirkte.

Mit Ende 2020 wurden die Ämter für Brand- und Katastrophenschutz aus den sechs Flächenpolizeidirektionen Niedersachsens herausgelöst und bekamen den Status von Regionalbüros des zum 01. Januar 2021 errichteten Niedersächsischen Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutzes (NLBK) mit Sitz in Celle und Standorten in Celle und Loy. Die Führung des neu aufgestellten NLBK wurde – zunächst kommissarisch – Mirko Temmler übertragen. Am 22. Juni 2022 wurde Mirko Temmler in Hannover offiziell vom damaligen Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, als Präsident des NLBK vorgestellt.

Mirko Temmler lebt mit Frau und zwei Kindern in Celle.

Ort: Gorch-Fock-Haus - „Johann Kinau Saal“ - Victoriastr. 15 , 26382 Wilhelmshaven
Organisator: Herr Kapitän zur See a.D. Berend Burwitz , Sektionsleiter Wilhelmshaven/Friesland, Berend.Burwitz@gsp-sipo.de
0171 4727 146

 

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Mitglieder und Freunde der Sektion,

hier finden Sie einen Artikel über unsere Veranstaltung in der NWZ online.

Mit freundlichem Gruß

Berend Burwitz
Sektionsleiter

 


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