Sektion Aachen-Heinsberg

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Mittwoch, 24.04.2019 - 19:30

Außen- und Sicherheitspolitik des Vatikans

Vortrag und Diskussion

Gute 60 Minuten brauchte Professor Dr. Ralph Rotte vom Institut für Politische Wissenschaften an der RWTH Aachen am Mittwochabend, um eine ansehnliche Gästeschar mit einem wenig beleuchteten Thema betraut zu machen. Die Außen- und Sicherheitspolitik des kleinsten eigenständigen Staates der Welt, des Vatikan, stand auf dem Programm.
Das passte Sektionsleiter Herbert Wölfel von der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP), Sektion Aachen/Heinsberg, natürlich bestens ins Programm. Gemeinsam mit der Anton-Heinen-Volkshochschule (VHS) des Kreises Heinsberg, der Deutschen Atlantischen Gesellschaft und mit Unterstützung durch die Stadt Geilenkirchen, die das Haus Basten für die rund 50 Anwesenden gerne zur Verfügung stellte, tauchte der Abend in das weitgehend unbekannte Thema ein.

Vermittler und Schlichter

Vielleicht lag es auch daran, dass der Vatikan eine sogenannte „Soft power“ ist, also eine Macht, die – abgesehen von den 50 bis 100 Mann der Schweizer Garde – ohne Armee und auch ohne große wirtschaftliche Kraft auskommt. Worin die Rolle des in Papst und Kurie als Heiligem Stuhl der katholischen Kirche und Vatikanstaat als weltliche Basis aufgeteilten Staates liegt, erklärte der Fachmann sehr ausführlich. Rotte sah die Rolle des als absolutistische Monarchie um den Papst herum gestalteten Kleinstaates vor allem in der völkerrechtlichen Position als Vermittler und Schlichter.
Gerade als Berater in außen- und sicherheitspolitischen Fragen spiele die katholische Kirche auch wegen ihrer großen, weltweiten Gemeinde durchaus eine gewichtige Rolle. Der personelle Unterbau mit geschätzt 1,3 Milliarden Gläubigen – rund 18 Prozent der Weltbevölkerung – 415.000 Priestern, 5400 Bischöfen und rund 3000 Diözesen sei als Multiplikator nicht zu unterschätzen.
„Wenn die Kommunikation funktioniert, dann ist die Informationsbasis, auf der die Kirche versucht, Einfluss zu nehmen, sehr groß“, kommentierte der Professor. Vergleichbares könne kein anderer Staat der Welt vorweisen, unabhängig von der Vernetzung. In Letzterer liege auch eine Stärke der katholischen Kirche: Mit „Stiller Diplomatie“ und diskreten Kooperationen nehme sie Einfluss auf Entscheidungen und könne dabei helfen, Konflikte auch ohne Waffen zu bereinigen. Dass sie aber auch kriegerische Konflikte billige, zeige die aktuell im Katechismus verbreitete Diktion, sich im Falle von fundamentalen Rechtsbrüchen wie einem Genozid auch auf die Seite der Waffen zu stellen.
Generell aber sei spürbar, dass derzeit auch Papst Franziskus es schaffe, über seinen Fokus auf Menschenwürde einen Türöffner für zahlreiche Themen gefunden zu haben. „Alle Systeme sollen für den Menschen da sein, nicht umgekehrt“, umschrieb Rotte diese Idee.

Probleme der katholischen Kirche

Dass damit auch teils massive Kapitalismuskritik verbunden sei und eine soziale Marktwirtschaft begrüßt werde, verschwieg Rotte nicht. Ebenso ließ er die aktuellen Probleme der katholischen Kirche nicht außer Acht.
Im steten diplomatischen Spagat zwischen Weltpolitik und Kircheninteressen spielten auch Korruptionsvorwürfe innerhalb der Kirchenspitze, Kindesmissbrauch oder auch die Stellung der Frau eine Rolle. Zudem müsse sich der Papst auch den Herausforderungen der modernen Glaubenslandschaft stellen: Wachsendem Einfluss in Lateinamerika stehe eine Konkurrenz durch protestantische Gruppierungen, wenig Einfluss in vom Islam geprägten Regionen oder auch die sinkende Zahl von Katholiken in Europa und Nordamerika gegenüber.
Dennoch schaffe es der Vatikan, durch seine weltweite Vernetzung, durch sein Image als Vermittler und Schlichter sich mit mahnenden Worten und der Mitarbeit in Gremien und Organisationen in der weltweiten Außen- und Sicherheitspolitik Gehör zu verschaffen.


Referent: Prof. Dr. Ralph Rotte , Institut für Politikwissenschaft an der RWTH Aachen

Professor für Internationale Beziehungen an der RWTH Aachen

Fachgebiete:

  • Strategic Studies 
  • Internationale Politische Ökonomie
  • Empirisch-historische Kriegsforschung
  • Politische Ökonomie internationaler Konflikte
  • Internationale Beziehungen des Heiligen Stuhls
  • Europäische politische und ökonomische Integration
  • Wirtschafts- und Finanzpolitik
  • Defence Economics
  • Migrationsforschung und Zuwanderungspolitik
  • Angewandte quantitative Methoden in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften

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