Sektion Lippstadt
Zwischen Nähe und Distanz - die Normalisierung der niederländisch-deutschen Beziehungen nach 1945
Referent: Prof. Dr. Friso Wielenga
- Friso Wielenga studierte Politikwissenschaften und Geschichte an den Universitäten Amsterdam und Bonn.
- Er unterrichtete Internationale Beziehungen an der Universität Groningen und Politische Geschichte an der Universität Utrecht.
- Im Anschluss lehrte er als Professor für deutsche Zeitgeschichte und niederländisch-deutsche Beziehungen an der Universität Groningen und als Professor für deutsche Zeitgeschichte an der Universität Utrecht.
- Prof. Dr. Friso Wielenga war von 1999 bis 2021 Direktor des Zentrums für NiederlandeStudien an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er arbeitet journalistisch bei den niederländischen Tageszeitungen De Volkskrant und NRC Handelsblad.
- Von 2001 bis 2005 war er Beauftragter des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen für die Förderung der Beziehungen zwischen den Universitäten des Bundeslandes und den Universitäten der Beneluxländer.
- 2015 wurde er für seine Verdienste um die deutsch-niederländischen Beziehungen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet
0176 393 282 73
Auf Einladung der GSP e.V. Gesellschaft für Sicherheitspolitik sprach Herr Professor Wielenga vor einem gut gefüllten Saal im Hubertushof in Bad Waldliesborn zum niederländisch-deutschen Verhältnis nach 1945. Als Direktor des Zentrums für Niederlande-Studien in Münster bis 2021 und Träger des Bundesverdienstkreuzes für seine Verdienste zur Förderung des Verständnisses zwischen den beiden Nachbarländern ist der Referent ein ausgewiesener Kenner des Themas.
"An Anfang war ein Minenfeld" begann Wielenga seinen Vortrag. Die Besatzungszeit hatte das Bild vom Deutschen geprägt. Im Kleinen gab es aber auch zu der Zeit schon Kontaktaufnahmen, alte Bekanntschaften wurden neu belebt. Schon bald wurden wieder Handelsbeziehungen aufgenommen, Städte wie Rotterdam handelten nach sachlichen Notwendigkeiten. Die Bevölkerung schätzte zu der Zeit in Umfragen die Deutschen als "unfreundlich" ein, das Misstrauen war noch groß.
Zu einer spürbaren Verbesserung der Beziehungen kam es erst in den späten 60er Jahren: Die Eheschließung von Prinzessin Beatrix mit dem deutschen Claus von Amberg war 1965/66 noch auf viel Kritik in der Gesellschaft und in der Politik gestoßen, aber, als 1969 der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann die Niederlande besuchte, drehte sich das Bild in eine positive Richtung. Er legte einen Kranz in der sog. Holländischen Schouwburg in Amsterdam, einer zentralen Gedenkstätte für die deportierten Juden. Derartige Gesten waren es, die man bis daher vermisst hatte und sie bewirkten den Unterschied.
Schmunzeln bewirkte beim Publikum der Verweis auf die Rivalität der beiden Nationen im Fußball, 1974 verloren die Niederlande im Endspiel gegen Deutschland, dies konnte aber 1988 durch den Sieg in der Europameisterschaft ausgeglichen werden. Ein Banner an der Grenze bewies: hier fahrt ihr in das Land des Europameisters! So kann auch ein kleines Land ganz groß sein, bewies Prof Wielenga Humor.
Die aktuellen Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden sind vollständig normalisiert. Es wurde die Deutsch-Niederländische Konferenz gegründet, wobei jährlich grenzüberschreitende Veranstaltungen in Anwesenheit der beiden Außenminister organisiert wurden, , in Amsterdam wurde ein Deutschlandinstitut gegründet, es gibt Austauschprogramme zur Journalistenförderung, die die Berichterstattung deutlich positiv beeinflusst haben. 1995 wurde in Münster das Deutsch-Niederländische Corps gegründet. Am 05. Mai, der Bevrijdingsdag, wird das Ende der Besatzung gefeiert - 2012 wurde Gauck als Redner eingeladen und 2021 hielt die damalige Bundeskanzlerin Merkel die Festrede zum niederländischen Freiheitstag.
Als Ausblick mahnte Wielenga an, die Beziehungen zu pflegen mit Verständnis füreinander und Gesprächen auf Augenhöhe. Vor dem Hintergrund, dass die Beziehungen jetzt so gut sind, warnte er vor einer sog. "Selbstverständlichkeitsfalle": auch in gute Beziehungen muss immer wieder investiert werden.
Die Zuhörer konnten im Anschluss noch Fragen stellen und lobten die Veranstaltung: "wir bekommen hier immer Informationen und Denkanstöße auf hohem Niveau", sagte eine Dame. Gelobt wurde auch die ansprechende Location im Hubertushof, die diese Vorträge möglich macht.
Der nächste Vortrag findet am 16.05. statt zum Thema: WK 1 und die Folgen
Referent Norbert Ellermann, pädagogischer Mitarbeiter an der Wewelsburg