Sektion Lippstadt
Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung
Referent: MdB Hans-Jürgen Thies
Nach seiner Zeit als Soldat bei den Heeresfliegern 1974 bis 1976 absolvierte Hans-Jürgen Thies ein Studium der Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen, 1974 Eintritt in die CDU. Seit 2017 ist Thies Mitglied im Kreisvorstand Soest, sowie direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Soest. Er ist Berichterstatter im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft mit den Schwerpunkten unter anderen Steuern/Finanzen, Landwirtschaftlicher Bodenmarkt, Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Produktsicherheit, Bioökonomie und Lebensmittelsicherheit
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Pressemitteilung zur Veranstaltung
Ernährungssicherheit im Fokus: Hans-Jürgen Thies über globale Herausforderungen und Lösungen
Bad Waldliesborn, 13.08 - Am vergangenen Dienstag begrüßte die Sektion Lippstadt der GSP e.V. im Restaurant Jonathan-by-Eliza als Referenten zum Thema „Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung“ den heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Thies. Trotz des schwülen Wetters war der Saal bis auf den letzten Stuhl besetzt, was auf ein breites Interesse am Thema deutet.
Gerade angesichts der aktuell angespannten und unsicheren globalen Lage wollte man sich ein Bild machen.
Der Referent begann mit einer Definition der Weltbank: Nahrungssicherheit ist ein Zustand, in dem alle Menschen jederzeit Zugang zu der für ein aktives Leben notwendigen Nahrung haben, Ernährungssicherheit weitet den Anspruch aus auf eine die Gesundheit garantierende Ernährung, Mangelernährung im Kindesalter z B bewirkt eine unzureichende Gehirnentwicklung und verkürzte Lebensdauer.
Vier Punkte führten durch den Vortrag: Verfügbarkeit, Zugang, Nutzung, Stabilität.
Derzeit leben auf der Welt 8 Milliarden Menschen, die Zahl wird sich erhöhen auf bis zu 10 Milliarden, um dann aufgrund höheren Wohlstands und angestrebtem höheren Bildungsniveau wieder zu sinken. Grundsätzlich sind genug Nahrungsmittel vorhanden, es besteht aber ein eklatantes Verteilungsproblem. Zusätzlich bewirkt der Klimawandel eine Änderung und Verminderung der Anbauflächen, starke Regenfälle schwemmen den fruchtbaren Humus weg. Ein Problem ist in einigen Regionen der Raubbau an Oberflächenwasser bei zunehmendem Wassermangel.
Den Folgen des Klimawandels versucht man zu entgehen durch Methoden der Effizienz Steigerung: Umweltschonende Düngung und Schädlingsbekämpfung, Smart Farming durch den Einsatz von Maschinen, die zielgenau unerwünschten Wuchs erkennen, dabei die Bodenbeschaffenheit, trocken, feucht etc beachten. Der Einsatz von Gentechnik in der Pflanzenzucht wird gesellschaftlich misstrauisch betrachtet. Der Referent erklärte, dass bevorzugt am sortenreinen Strang gearbeitet wird mit dem Ziel die Pflanzen resistenter zu machen gegen Schädlinge und sparsamer im Wasserverbrauch, also überlebensfähig bei zukünftigen wasserarmen Perioden.
Der gesamtdeutsche Selbstversorgungsgrad liegt bei 80 %. Der Grad ist teils mehr als bedarfsdeckend bei Fleisch, Weizen, Milchprodukten und Kartoffeln, mangelhaft bei Eiern und Pflanzenöl, unzureichend bei Ost und Gemüse. Letzteres muss zu 2/3 importiert werden. Gründe dafür sind teils klimatische Verhältnisse, teils hohe Lohnkosten. Als Beispiel führte Thies die Spargelernte und Beerenernte an, die händisch erfolgen muss. Des Weiteren besteht eine hohe Abhängigkeit von Futterimporten (Mais, Öl). Um diese zu verringern wäre ein Verzicht auf das Verzehren von viel Fleisch eine Möglichkeit, in den letzten Jahren ist durch das veränderte Konsumverhalten vor allem junger Leute hier schon ein Rückgang zu verzeichnen. Aus der Erfahrung im Kontakt mit Schulen berichtete der Referent, dass es zunehmend Familien gibt, in denen die Zubereitung einer gemeinsamen Mahlzeit nicht mehr stattfindet. Er regte an, dass hier mehr Aufklärung in jungen Jahren stattfinden muss, dies führe zu einer höheren Wertschätzung der Lebensmittel und sei auch eine Möglichkeit durch Aufklärung der Zutaten denjenigen Volkskrankheiten, die auf Fehlernährung beruhen, entgegenzuwirken.
International gesehen ist die Ernährungssituation in Deutschland auf einem hohen Niveau, begünstigt durch die geographische Lage, die relative Sicherheit der Nahrungsketten sowie die Diversifizierung des Nahrungsangebots. Im Verteidigungs- und Bündnisfall wird Deutschland zu einem Drehkreuz der Nato. Damit werden Straßen- und Transportwege, Schlachtereien, Mühlen, verarbeitende Betriebe zu besonders schützenswerter Infrastruktur. Die öffentliche Infrastruktur ist für die Lieferketten von entscheidender Bedeutung, ebenso die hohe Volatilität der Internationalen Lieferketten insbesondere im Bereich der Schifffahrt. Die Bundesregierung hält für den Notfall eine Nahrungsmittel Reserve vor von 800 000 Tonnen, die 10 Jahre haltbar ist und regelmäßig ausgetauscht wird. Darüber hinaus sollten alle Bürger privat eine Vorsorge treffen und Notvorräte bereithalten.
Weltweit ist die Ernährungssicherheit nicht gleichmäßig gegeben: Indien ist stark abhängig von Weizenimporten aus Russland, ebenso wie Ägypten. Beide Länder können die Bevölkerung nicht aus eigener Kraft ernähren. Hier wird Nahrung als Waffe eingesetzt mit dem Ziel, die betroffenen Länder gegen den Westen auszuspielen und diesen eine Schuld zuzuweisen. (Dies wurde schon zu Stalins Zeiten erfolgreich als Mittel der Züchtigung gegen die Ukraine eingesetzt, man denke an den Holodomor mit zigtausend Verhungerten Anmerk. D. Verf.). Am schlechtesten ist die Situation in Zentralafrika: hier lebt die weltweit jüngste Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von 26 Jahren, durch das starke Anwachsen der Bevölkerung, die zunehmende Dürre durch den Klimawandel, ethnische und Macht- Konflikte und die daraus resultierende Chancenlosigkeit steigt der Migrationsdruck in Richtung Europa.
Fazit:
Die aktuelle Produktion ermöglicht eine Versorgung rein rechnerisch mit 2800 kcal/Tag. Verteilungsprobleme führen zu stark ausgeprägter Unter- bzw Überversorgung.
Probleme global gesehen sind:
- der Klimawandel mit Dürren, Überschwemmungen, steigender Meeresspiegel,
- eine unproduktive Landwirtschaft,
- Wasserknappheit,
- Export statt Selbstversorgung,
- Konflikte zwischen Gruppen mit unterbrochenen Lieferketten.
Anschließend an den sehr informativen Vortrag kamen zahlreiche Fragen aus dem Publikum, der Referent nahm sich ausführlich Zeit, diese zu beantworten. Angesprochen wurde die Erzeugung von Bio-Brennstoffen, der Druck der Lebensmittelgroßkonzerne auf die Preisgestaltung der Erzeuger, die Verschwendung, das Entsorgen noch essbarer Lebensmittel. Thies wies auch darauf hin, dass zunehmend Böden zu stark gestiegenen Preisen verkauft werden zur Nutzung zum Aufstellen von Fotovoltaik bei vollständigem Verlust der Biodiversität. Es müsse auch ein Maß gefunden werden zwischen dem Erhalt landwirtschaftlich genutzter Flächen und dem Ausweisen von Flächen für Natur- und Umweltschutz. Auch nach dem offiziellen Ende wurde noch eifrig weiter diskutiert und Herr Thies konnte erst nach noch einigen Gesprächen den Abend beenden.