Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler

Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler

Montag, 20.01.2020 - 19:30

Ein Jahr als Militärberater der UN in Libyen

Warum muss uns Libyen nach dem Rückgang der Migration aus diesem Land noch interessieren.

Vortrag und Diskussion
Referent: GenMaj Josef Blotz
Ort: Hotel Krupp - Poststraße 4 , 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler
Organisator: Dipl.-Ing. Josef Schmidhofer sektionsleiter-neuenahr@gsp-sipo.de
0177 / 5629488

links: Generalmajor Josef Blotz, rechts: Oberst a.D. Josef Schmidhofer Bild: Brigitte Schmidhofer Text: Klaus Kretzschmar


Ein Jahr als Militärberater der UN in Libyen - Warum muss uns Libyen nach dem Rückgang der Migration aus diesem Land noch interessieren?

Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Aktueller hätte das Thema des ersten Vortrages der Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) im neuen Jahr nicht sein können.

Natürlich war das bei der Planung der Sektionsleitung vor etwa einem Jahr so nicht voraussehbar. Aber Libyen war schon damals aus sicherheitspolitischen Aspekten eine intensivere Betrachtung wert, liegt es doch in unmittelbarer Nachbarschaft zu Europa.

Als Referent konnte Generalmajor Josef Blotz gewonnen werden, der seit März 2018 für ein Jahr als Senior Military Advisor der United Nations Support Mission in Libya (UNSMIL) eingesetzt wurde. In dieser Funktion war er einer der engsten Berater des Leiters der Mission, des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ghassan Salame´. Der Auftrag umfasste die Beratung von UNSMIL in militärischen, sicherheitspolitischen und weiteren komplexen Fragen. Dazu zählte aber auch die Abstimmung mit allen beteiligten libyschen Akteuren, aber auch die Koordination mit der internationalen Gemeinschaft. Blotz machte an Beispielen deutlich, wie schwierig diese Prozesse waren und wie gegensätzlich die Interessen aller Beteiligten oft aufeinanderprallten. Das trifft nicht nur auf die regionalen Clans zu, sondern ebenso auf die Nachbarstaaten und die involvierten europäischen Länder. In den Ausführungen wurde auch immer wieder klar, dass es in Libyen nicht vordergründig um Glaubensfragen und ethnische Auseinandersetzungen geht wie in anderen Krisenregionen, sondern dass hier vor allem machtpolitische (Wer beherrscht das Land?) und wirtschaftliche (Wer verfügt über die Ölvorräte?) Fragen geht. Die beiden großen Gegenspieler dabei sind der Ministerpräsident der international weitgehend anerkannten Zentralregierung  Fajis al -Sarradsch und General Chalifa Haftar. 

Darin wird auch das große Problem für die Einflussnahme durch die internationale Gemeinschaft und die Vereinten Nationen deutlich: Es gibt in Libyen für sie keine von allen anerkannte Regierung, die in der Lage ist, einheitliche Interessen für das Land durchzusetzen. Die Vielzahl von Milizen, die sich mal bekämpfen, aber dann auch wieder gemeinsame Ziele verfolgen erschwert das Bemühen, die Auseinandersetzungen zu beenden. Auch die Rolle General Haftars ist umstritten und wird von den europäischen Staaten widersprüchlich gesehen. Obwohl er große Teile des Landes beherrscht und zumindest die Milizen dort von ihm weitgehend kontrolliert werden, kann er nicht die Lösung des libyschen Problems sein.

Die entscheidende Frage versuchte General Blotz am Ende seines Vortrages zumindest in Umrissen zu skizzieren: Wie soll es in Libyen weiter gehen? Wörtlich betonte er: „Es geht nicht darum immer neue Ideen zu entwickeln, sondern die vorhandenen zu koordinieren.“

Das Land muss dabei ganzheitlich betrachtet werden; das heißt Politik, Wirtschaft und Sicherheit müssen als Einheit gesehen werden. Nur einzelne Teile davon zu betrachten, würde nicht zielführend sein. Eine militärische Lösung kann es nicht geben. Aus der derzeitigen Waffenruhe muss ein dauerhafter Waffenstillstand werden. Dazu bedarf es der Entwaffnung der Milizen und der Umsetzung des UN-Waffenembargos. Das weitere Vorgehen muss im politischen Dialog aller Konfliktparteien geklärt werden. Und nicht zuletzt müssen die europäischen Staaten den Wiederaufbau Libyens politisch, administrativ, materiell und finanziell unterstützen.

Abschließend ging General Blotz noch auf den von Deutschland initiierten Libyen-Gipfel in Berlin ein. Er bezeichnete das Treffen als wichtige Grundlage einer Rückkehr vom Krieg zur Politik. Erstmals seit vielen Jahren haben sich Politiker aller Seiten im Kanzleramt getroffen, wenn auch nicht alle an einem Tisch. Entscheidend wird sein, wie die dort getroffenen Vereinbarungen in der Praxis umgesetzt werden.

Die Zuhörer hätten dem Referenten sicher noch weiter gebannt zugehört, so interessant und aktuell war das Thema. Aber, es sollte ja noch Zeit für Fragen bleiben; und die gab es reichlich.

Hier finden Sie einen Nachbericht der RHEIN-ZEITUNG vom 27. Januar 2020.

 

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