Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler
Flutkatastrophe und Zeitenwende
Deutsche Sicherheitspolitik, Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung
Die Flutkatastrophe in 2021 und die grundlegend geänderte sicherheitspolitische Lage in Europa nach dem russischen Überfall auf die Ukraine haben ein Umdenken in der Vorsorge für den Katastrophenschutz und der Zivilen Verteidigung zwingend notwendig gemacht. Im Rahmen einer Vortragsreihe wollen wir die Veränderungen und die Weiterentwicklung der Vorsorge auf der Ebene des Bundes, des Landes und des Kreises sowie der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler aufzeigen und mit Ihnen diskutieren.
Der erste Vortrag beleuchtet - eingebettet in die historischen Entwicklungen der Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland – die aktuellen geopolitischen Herausforderungen und deren Bedeutung für die Zivile Verteidigung im Rahmen der Gesamtverteidigung.
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Flutkatastrophe und Zeitenwende – Deutsche Sicherheitspolitik, Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung
Die Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) will sich diesem äußerst aktuellen Thema mit insgesamt drei Veranstaltungen widmen. Es ist geplant, dieser Frage auf verschiedenen Ebenen nachzugehen; auf der Ebene des Bundes, der Ebene des Landes und der lokalen Ebene.
Eingeleitet wurde die Vortragsserie am 23. Mai 2023 mit einer Veranstaltung in der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) oberhalb des Stadtteiles Ahrweiler. Den älteren Bewohnern ist sicher die vorherige Bezeichnung als Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) noch ein Begriff.
Als Referent wurde Herr Dr. rer. pol. Dr. jur. Dirk Freudenberg gewonnen. Er ist Dozent für Sicherheitspolitik, Krisenmanagement und Strategische Führungsausbildung an der BABZ.
Der Stellvertretende Sektionsleiter Jürgen Schick begrüßte die zahlreichen Gäste im Vortragssaal, darunter die Landrätin Frau Cornelia Weigand sowie die per Videokonferenz zugeschalteten Teilnehmer an den heimischen Bildschirmen.
Der Referent erläuterte einleitend die klare Trennung der Zuständigkeiten im föderalen System der Bundesrepublik. Der Bund ist zuständig für die Verteidigung und den Schutz der Bevölkerung; er verfügt dazu über die Bundeswehr. Der Katastrophenschutz ist dagegen Sache der Länder, und die Kreise und Kommunen zeichnen für den Brandschutz verantwortlich. Soweit die gesetzlichen Grundlagen. In der Praxis sind die Grenzen zwischen den verschiedenen Führungsebenen jedoch „fließend“. Das hat auch die Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 verdeutlicht. Cornelia Weigand, damals noch Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, brachte das in ihrem Redebeitrag deutlich zum Ausdruck. Die Kommunen entlang der Ahr waren mit ihren begrenzten Möglichkeiten und überwiegend selbst betroffen gar nicht in der Lage ,die Katastrophe zu bewältigen. Auf der Kreisebene sah es nicht anders aus. Das Land als weitere Führungsebene war nicht über die tatsächliche Lage informiert, wie der eingesetzte Untersuchungsausschuss feststellen musste. Dadurch ging wertvolle Zeit verloren.
Sowohl Dr. Freudenberg als auch Landrätin Cornelia Weigand machten deutlich, dass es Aufgabe der Politik aller Ebenen ist, aus der Katastrophe im Ahrtal die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen, um künftig die Auswirkungen von Naturereignissen und anderer Großschäden zu begrenzen. Dazu bedarf es sowohl neuer Strukturen, aber auch einer stärkeren Einbindung der Bevölkerung in ein System der Warnung und gegenseitigen Unterstützung in Notfällen. Gerade die Flutkatastrophe im Ahrtal hat gezeigt, dass in den ersten Stunden die Hilfe vor Ort die wichtigste ist bevor Hilfe von anderer Seite (THW, Bundeswehr, Rettungskräfte aus anderen Regionen) wirksam werden kann.
Die nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes allseits praktizierte Vernachlässigung jeglicher Warnsysteme muss schnellstens rückgängig gemacht werden. Die Ausbildung aller Führungskräfte muss sich auch an den aktuellen hybriden Bedrohungen lebensnotwendiger Infrastruktur ( Krankenhäuser, Energie- und Wasserversorgung, Transportwege und Informationssysteme) orientieren. Die bisherigen Anstrengungen sind nicht ausreichend.
In der Diskussion kamen auch Fragen zum Einsatz freiwilliger Helfer im Katastrophenfall zur Sprache. Cornelia Weigand sagte dazu, dass es ohne deren Engagement noch viel schlimmer im Ahrtal gekommen wäre.
Text: Klaus Kretzschmar
Bericht der RHEINZEITUNG vom 25. 05.2023 über die Veranstaltung