Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler
30 Jahre Lukaschenko
In diesem Jahr feiert Alexander Lukaschenko sein 30. Jubiläum an der Spitze der Republik Belarus. Europas dienstältester Diktator wird im Westen häufig als extravaganter Komplize Putins dargestellt. In der belarussischen Staatspropaganda gilt er hingegen als weiser „Vater der Nation“. In dieser Veranstaltung wird zunächst die Geschichte von Belarus im 20. Jahrhundert zusammenfassend beleuchtet. Anschließend wird insbesondere auf die Entstehung und Etablierung des Lukaschenko-Regimes sowie dessen Innen- und Außenpolitik eingegangen. Die Belarus-Krise 2020/21 und ihre Rezeption in Deutschland und in Europa sowie die Rolle des Lukaschenko-Regimes im russischen Krieg gegen die Ukraine stehen im Mittelpunkt des Vortrages.
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30 Jahre Lukaschenko – Diktatur in Belarus und ihre internationale Rezeption Text: Klaus Kretzschmar
Bad Neuenahr-Ahrweiler. Unter diesem Thema holte die Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) eine bereits für den September geplante Veranstaltung nach. Sie fand am Donnerstag, 07. November 2024 um 19.30 Uhr im alvitha als Präsenzveranstaltung und als ZOOM – Webinar statt. Referent war Herr Dr. Alexander Friedman, selbst in der belarussischen Hauptstadt Minsk geboren und aufgewachsen. Er studierte neuere und neueste Geschichte, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache an der Belarussischen Staatsuniversität (Minsk) und an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Aktuell lehrt er an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, an der Hochschule für Polizei und Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen und ist als freier Publizist tätig. Seine Schwerpunkte sind die Geschichte Osteuropas und die israelische Geschichte mit dem Themenkomplex Antisemitismus. Die über 50 Zuhörer konnten also auf einen spannenden und authentischen Vortragsabend hoffen.
Der Referent ging dann einleitend kurz auf die Geschichte von Belarus (auch Weißrussland) ein. Dabei wurde deutlich, dass Belarus eine bewegte Geschichte hat und immer wieder von verschiedenen Mächten beherrscht wurde. Für unseren Abend waren aber besonders die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg von Interesse. Der Staatspräsident Alexander Lukaschenko ist dienstältester Diktator Europas, seit 1994 im Amt. Aufmerksamkeit in Europa hat Belarus wohl erst 2020 gewonnen, als es nach Wahlfälschungen zu massiven Auseinandersetzungen im Land kam. Lukaschenko gelang es jedoch, diese Proteste zu unterbinden und seine Macht zu erhalten. Damals war Russland bereit, diesen Macherhalt auch gewaltsam zu unterstützen, da Belarus als unmittelbarer Nachbar Russlands aber auch der Ukraine eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Obwohl Lukaschenko bemüht ist, sich aus einer direkten Beteiligung am russisch-ukrainischen Krieg herauszuhalten, spielt die indirekte Unterstützung eine wichtige Rolle für Putin. Durch Waffenlieferungen und logistische Hilfen verdient auch Belarus am Krieg und Lukaschenko weis das zu nutzen. Friedman machte dann auch deutlich, dass trotz der aktuellen Lage ein Einmarsch belarussischer Truppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen werden kann, aber durch die Militärhilfe aus Nordkorea für Russland diese Wahrscheinlichkeit geringer geworden ist. Dabei spielen auch die mangelhafte Ausbildung und Ausrüstung der belarussischen Armee eine Rolle.
Umfragen zeigten zudem, dass die Bevölkerung von Belarus die Lage sehr differenziert bewertet: 17,5 Prozent sehen die Ursache für den Krieg in der Ukraine, 24,5 Prozent in Russland und immerhin 11,3 Prozent bei der NATO. Noch deutlicher sind die Werte der Befragung nach Sympathien. Hier sprechen sich 54,4 Prozent für die Ukraine, aber nur 20,6 Prozent für Russland aus. Solche Zahlen sind für den Diktator ein Achtungszeichen, denn er weis um seine Abhängigkeit vom Wahlvolk.
Auch die von Lukaschenko begrüßte Stationierung von Atomwaffen auf dem Territorium von Belarus birgt eine große Gefahr. Dr. Friedman machte das an einem Szenario deutlich, dass auch die perfide Denkweise Putins verdeutlicht. Sollte sich Russland zum Einsatz taktischer Atomwaffen entschließen, um im Ukraine-Krieg Vorteile zu erreichen, könnten dabei die in Belarus stationierten eingesetzt werden. Eine Antwort der NATO würde dann die Auseinandersetzung auf Belarus beschränken. Putin kann sich zurücklehnen.
Zum Abschluss seines sehr interessanten Vortrages ging der Referent noch kurz auf die Zukunft ein. Im Februar 2025 finden in Belarus Wahlen statt. Es ist davon auszugehen, dass Lukaschenko ohne Gegenkandidaten antritt und mit über 90 Prozent wiedergewählt wird. Sollte US-Präsident Trump dann seine Ankündigung zur Beendigung des Krieges Russland – Ukraine wahrmachen, hofft Lukaschenko als starker Partner mit am Verhandlungstisch sitzen zu können, um eigene Interessen ins Spiel zu bringen.
Eine Reihe von Fragen und Meinungsäußerungen bestätigten der Sektionsleitung, ein aktuelles und spannendes Thema gewählt zu haben.
Zudem finden Sie hier einen Presseartikel der RHEIN-ZEITUNG vom 12. November, Seite 18, zu der Veranstaltung.