Sektion Koblenz

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Dienstag, 15.09.2020 - 19:30

Chinas Bild von sich selbst und der Welt

Die Veranstaltung ist auf 50 Personen begrenzt und leider schon ausgebucht!

In seinem Bildervortrag beleuchtet Oberstleutnant Dr. Andreas Wolfrum in Schlaglichtern Kontinuität und Wandel im Selbstverständnis Chinas und die Vorstellungen der Chinesen von der Welt. Beides spielt bei seinem rasanten Aufstieg zur Weltmacht eine zentrale Rolle und kann helfen, seine Außenpolitik (Neue Seidenstraße, Südchi-nesisches Meer, Maskendiplomatie) verständlicher zu machen.
Vortrag und Diskussion
Referent: Oberstleutnant Dr. Andreas Wolfrum , Zentrum Innere Führung

Herr Dr. Wolfrum wurde in Hof/Saale (Oberfranken) geboren, hat seinen Grundwehrdienst bei der Marine an Bord der Fregatte Lübeck absolviert und wurde Reserveoffizier, zuletzt als Fregattenkapitän am ZInFü und am ZMSBw.

Nach seiner Bundeswehrzeit studierte Herr Dr. Wolfrum in Bamberg und St. Petersburg für das Lehramt an Gymnasien (Deutsch, Geschichte und Sozialkunde), promovierte, lehrte in Bayreuth und unterrichtete in Lichtenfels, bevor er als Seminarlehrer für Sozialkunde in Bamberg Studienreferendare ausbildete.

Von 2014 bis 2018 war er für das Auswärtige Amt bzw. die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen an der deutschen Botschaft in Peking tätig und zeichnete für das PASCH-DSD-Programm in China verantwortlich, die Initiative "Schulen: Partner der Zukunft", die 2008 vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufen wurde und weltweit rund 1.800 Schulen, an denen Deutsch einen besonders hohen Stellenwert hat, vernetzt.

Seit 1. Juli 2020 ist Herr Dr. Wolfrum als Dozent am Zentrum Innere Führung tätig.

Organisator: Herr Fregattenkapitän Peter Buchner , Sektionsleiter sektion-koblenz@gsp-sipo.de


Nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist China als globaler Player – wirtschaftlich, politisch und militärisch – in aller Munde und in den Medien präsent, in Deutschland und weltweit. Die Gelegenheit, vielfältige Einblicke in das Selbstverständnis der Chinesen und ihre Sicht auf die Welt in Vergangenheit und Gegenwart zu erhalten, bot die Vortragsveranstaltung der GSP Koblenz.

Herr Dr. Andreas Wolfrum, der China nicht nur aus der Literatur oder von gelegentlichen Besuchen des Landes kennt, sondern von 2014 bis 2018 als Fachberater der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen im Rahmen des PASCH-DSD-Programms für den Deutsch-Unterricht an chinesischen Schulen verantwortlich zeichnete, ließ die Zuhörerinnen und Zuhörer an seinen Eindrücken „mit den Augen des Historikers und Politiklehrers“ teilhaben. Dabei machte der Referent eingangs deutlich, dass es ein einheitliches Selbstverständnis der Chinesen schon deshalb nicht geben könne, weil sie sich als ein heterogenes Volk empfänden, das sich in unterschiedlichen Ländern mit verschiedenen politischen System lebend durch eine jahrtausendalte Geschichte und Kultur verbunden fühlt. Die Einflussfaktoren beleuchtete Dr. Wolfrum anhand von Schlaglichtern:

Seit jeher betrachtete sich China in seinem sinozentrischen Weltbild als „Reich der Mitte“, bis zur Ausrufung der Republik im Jahr 1912 beherrscht von einem göttlichen Kaiser und geprägt durch den Konfuzianismus. Noch heute sieht sich der Chinese in der Kontinuität eines Imperiums mit einer 2200- bis 3500-jährigen Geschichte. Auch wenn sich Ausdehnung und Namen des Herrschaftsgebiets in dieser Zeit verändert haben und es von wechselnden Dynastien beherrscht wurde, umfasste es trotz aller ethnischen Unterschiede stets die größte geschlossene Bevölkerungsgruppe der Welt. Dabei waren die Chinesen die längste Zeit ihrer Geschichte auf ihr eigenes Reich fokussiert, Öffnungen des Landes erfolgten phasenweise und interessengeleitet.

Ein zweites prägendes und verbindendes Element der chinesischen Kultur ist die chinesische Schriftsprache. Sie stammt in ihrem Kern aus dem 2. Jahrtausend vor Christus, wurde 221 v.Chr. vereinheitlicht und 1958/59 in der VR China auch vereinfacht. Die gesprochene Sprache dagegen ist in der VR China ein Gemisch aus unterschiedlichen Dialekten und Sprachen, das dazu führt, dass sich Menschen aus unterschiedlichen Regionen häufig nicht verständigen können. So wird nachvollziehbar, dass Bildung in China von Schriftgelehrsamkeit und Kalligraphie geprägt ist.

So sehr im heutigen China Geschichte und Tradition wieder präsent sind, so wenig verschließt es sich der Zukunft und sieht sich wieder als Innovationszentrum der zivilisierten Welt. Heute kommen längst nicht alle neuen Entwicklungen aus dem Silicon Valley, sondern China trägt mit vielen Innovationen sowohl bei technischen Geräten als auch bei Geschäftsmodellen erheblich zum Fortschritt in der Welt bei.

Angesichts dieser Zukunftsorientierung der Chinesen ist es erstaunlich, wie stark Denken und gesellschaftliche Konventionen nach wie vor – und nach Mao wieder verstärkt – durch den Konfuzianismus geprägt sind. Der Referent machte das an vielen Beispielen aus dem Alltag der Menschen deutlich. Höflichkeit, Moral, Geduld, Fleiß, Sparsamkeit, aber auch Loyalität und Gehorsam zählen zu den positiven Werten, die die Gesellschaft zusammenhalten und ordnen sollen.

Mit fremden Einflüssen gingen die Chinesen in ihrer Geschichte immer wieder pragmatisch um: Wenn es ihnen nützlich erschien bzw. wirtschaftlich verwertbar war, wurden Dinge „sinisiert“, d.h. an die eigenen Vorstellungen angepasst.

Außenpolitisch hat China mit „dem Westen“ und seinem Nachbarn Japan in der Vergangenheit nicht immer die besten Erfahrungen gemacht. Der Zeitraum von 1840 bis 1949 wird aufgrund der beiden sog. Opiumkriege, des Boxeraufstandes und seiner Niederschlagung durch eine Acht-Mächte-Koalition, diverser kolonialer „Erwerbungen“ (auch Deutschlands) in China sowie der mehrfachen militärischen Interventionen und Annexionen Japans als ein „Jahrhundert der Schande“ bezeichnet. Die Befreiung von den japanischen Besatzern und der Sieg über die Truppen Chiang Kai-sheks gelten als wichtiger Teil der Geschichte der VR China und begründen die Herrschaft der Kommunistischen Partei ebenso wie die herausgehobene Stellung und das Ansehen der Volksbefreiungsarmee.

Auch die Symbolpolitik Chinas, die „Ping-Pong- und Panda-Diplomatie“ in den 1970er Jahren, die „Eisenbahn-Diplomatie“ ab 2006 sowie die „Masken-Diplomatie“ seit 2020, hat eine lange Tradition und zeigt das Verständnis der Chinesen von sich selbst und der Welt bis in die Gegenwart.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Buchner

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