Sektion Saar

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Donnerstag, 15.03.2018 - 19:30

Europa vor mehr sicherheitspolitischer Verantwortung - mehr Zusammenarbeit bis hin zu einer Europa-Armee

Vortrag und Diskussion
Referent: Oberst a.D. Nikolaus Schmeja , Publizist, Tübingen
Ort: Offizierheim Saarlouis neben der Graf-Werder-Kaserne - Wallerfangerstraße 33 , 66740 Saarlouis
Organisator: Oberst a.D. Klaus Zeisig kzeisig@web.de
06873 / 66 83 59

Nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA wurde den politischen Führern Europas sehr schnell klar, dass die über Jahrzehnte enge und selbstverständlich gewordene Partnerschaft zwischen Europa und den USA keineswegs mehr so selbstverständlich und verlässlich sein würde. Anfängliche Hoffnungen auf ein „Einhegen“ dieses sprunghaften und wohl auch beratungsresistenten Mannes an der Spitze der mächtigsten Militärmacht der Welt wurden (zumindest bisher) enttäuscht.

Verschärfend kommt für die Europäische Union noch hinzu, dass mit dem beschlossenen „Brexit“ Großbritanniens eine wesentliche, auch nuklearfähige Komponente europäischer Verteidigungsfähigkeit seine eigenen, wenn auch noch nicht bekannten Wege gehen wird und zumindest nicht automatisch mit eingeplant werden kann.

In seiner denkwürdigen Europa-Rede unmittelbar nach den Deutschen Bundestagswahlen hat der französische Präsident Emanuel Macron seine Visionen einer künftigen Europäischen Union skizziert. Im sicherheitspolitischen Teil mahnte er eine stärkere und engere Zusammenarbeit bis hin zu dem Fernziel einer Europäischen Armee an. Zweifelsohne aufsehenerregende Gedanken, zu deren Verwirklichung es der initiativen Zusammenarbeit Deutschlands und Frankreichs bedarf, aber insbesondere auch des „Mitnehmens“ der übrigen EU-Staaten.

Vor diesem Hintergrund spannte der Referent, der Publizist Nikolaus Schmeja aus Tübingen, zunächst einen weiten Bogen von den Vorstellungen des derzeitigen US-Präsidenten über internationale Zusammenarbeit im Allgemeinen („America First“) und seiner Haltung gegenüber der NATO und den NATO-Partnern (Amerikanische Unterstützung und Beistand nur, wenn insbesondere die Europäer ihre Beiträge zur gemeinsamen Verteidigung endlich auf das zugesagte 2 %-Niveau steigern) und Übernahme von Eigenverantwortung im Krisenbogen vom Maghreb bis zum Kaspischen Meer, bis zu hin zur Darstellung der die Sicherheit Europas beeinträchtigenden und beeinflussenden Faktoren.

Die außenpolitische Sprunghaftigkeit des US-Präsidenten birgt ständige und nicht vorhersehbare Risiken, die die über Jahrzehnte gewohnte Abstützung auf einen verlässlichen amerikanischen Beistand nicht mehr angeraten erscheinen lassen. Dennoch kann die Europäische Sicherheit nur durch und in enger Zusammenarbeit mit der NATO unter Führung der USA gewährleistet werden. Die NATO ist und bleibt erster Garant für die Sicherheit Europas. Europa wird militärisch nur dann und dort tätig, wo die NATO als Ganzes nicht handeln will.

Betrachtet man die neuen sich abzeichnenden globalen Machtkonstellationen, so stößt man auf ein „Eurasisches Pentagramm“.

Da sind zunächst die USA mit ihrer globalen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Präsenz, wobei bei der Wahrnehmung ihres Machtanspruches humanitäre, demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien in den Hintergrund zu treten scheinen.

China legt nach außen ein deutlich imperialeres Auftreten an den Tag, was auch durch beträchtliche Steigerungen des Militär-Budgets manifestiert wird. Dennoch ist der Weg in die Zukunft auch angesichts der immensen innenpolitischen und sozialen Probleme noch ungewiss, was wiederum auch erhebliche Risiken in sich birgt.

Inwieweit die übrigen Staaten des asiatischen Raumes - allen voran Indien, aber auch Japan, die beiden Koreas und die übrigen ASEAN-Staaten – globalen Einfluss nehmen werden und wohin sie sich entwickeln werden, ist ebenfalls noch ungewiss.

Die Arabisch-Islamische Welt Vorder- und Zentralasiens einschließlich der jüngsten Entwicklung in der Türkei ist natürlich der derzeit heißeste Konfliktbrennpunkt mit unmittelbarer und mittebarer Auswirkung auf Europa direkt vor dessen Haustür. Eine nähere Betrachtung dieser unübersichtlichen und kaum zu durchschauenden Konflikt-Konstellationen würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen.

Unmittelbar an die EU und NATO-Gebiet grenzend, hat sich Russland unter Putin zu einem Störenfried der besonderen Art entwickelt. Putin will Russland mit aller Macht und mit allen Mitteln wieder auf Augenhöhe mit dem Westen (USA!) bringen. Der Einfluss Russlands war weltweit dramatisch zurückgegangen. Ursachen waren nach dem inneren Kollaps der Sowjetunion der wirtschaftliche Niedergang infolge von Misswirtschaft, Vetternwirtschaft, Korruption und der Verfall der Erdöl und –gas-Preise. Durch seine aggressive Politik gegenüber ehemaligen Sattelitenstaaten der Sowjetunion hat Putin mit Erfolg dem russischen Volk, der russischen Seele wieder Stolz eingehaucht, Der Krim-Coup, der am Schwelen gehaltene Konflikt in der Ost-Ukraine und die vermehrten Großmanöver an der Grenze der EU und NATO zum Baltikum hin lassen nichts Gutes ahnen. Hier kann nur geschlossenes und entschiedenes Auftreten des Westens eventuellen Weiterungen Paroli bieten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Selbstverständnis und der künftigen Rolle der EU. Mit dem Beschluss des EU-Rates vom 11. Dezember 2017 zur PESCO (Permanent Structured Cooperation/Ständige Strukturierte Zusammenarbeit) wurde ein erster Schritt zur verbesserten Zusammenarbeit in der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik getan. Ob es auch ein Schritt hin zu einer EU-Verteidigungsunion ist, bleibt abzuwarten. Noch sind zu viele Fragen offen. Auch ist die Bereitschaft der Nationalstaaten zur Aufgabe von nationaler Souveränität, wenn überhaupt, unzureichend ausgeprägt. Die nationalen Interessen in vielen außenpolitischen Fragen (z.B. Afrika) sind zu unterschiedlich. Dennoch ist schon allein aus Kostengründen ein deutlich höheres Maß an Standardisierung, Rüstungszusammenarbeit, koordinierter Planung und ggf. Aufgabenteilung erforderlich. Der Schritt in eine europäisch entwickelte, gemeinsame Streitkräftestruktur könnte dann ein letzter, allerdings aus derzeitiger Sicht noch weit entfernter Schlusspunkt sein.


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