Sektion Ostwürttemberg

Sektion Ostwürttemberg

Donnerstag, 15.03.2018 - 00:00

Informationsreise der Sektion Ostwürttemberg ins Werdenfelser Land

Exkursion
Organisator: Gerhard Ziegelbauer gerhard.blitz@web.de
07961 / 55567

Am Fuße des Zugspitz-Massivs in Garmisch-Partenkirchen gelegen stand die Besichtigung des George C. Marshall Center (GCMC) auf dem Programm.

Unter der Leitung von Gerhard Ziegelbauer bot sich für die Mitglieder der GSP-Sektion Ostwürttemberg, die einmalige Gelegenheit, dieses deutsch-amerikanische sicherheits- und verteidigungspolitische Studienzentrum auf Universitätsniveau, zu besichtigen.

Zustande kam die Besichtigung aufgrund der guten Kontakte zu Brigadegeneral a. D. Johann Berger, der beim GCMC die Funktion des deutschen stellvertretenden Direktors wahrnimmt.

Das Zentrum, benannt nach dem Friedensnobelpreisträger George C. Marshall, dessen visionärer Marshallplan (European Recovery Program) nach dem Zweiten Weltkrieg die wirtschaftlichen Grundlagen für die friedliche Entwicklung Europas schuf, wurde 1993 gegründet. Träger der Einrichtung sind das Verteidigungsministerium der USA und das Deutsche Bundesministerium der Verteidigung; der deutsche Anteil ist truppendienstlich dem Streitkräfteamt unterstellt.

Unter dem Leitspruch „Democratia per fidem et concordiam“ (Demokratie durch Vertrauen und Freundschaft) arbeitet ein Stab von rd. 240 Mitarbeitern, davon 33 Professoren, an der Verwirklichung dieses Ziels. Durch entsprechende Lehrgänge, Konferenzen und Kursangebote insbesondere für Militärangehörige und zivile Regierungsvertreter aus Europa, Eurasien, Nordamerika und anderen Regionen der Welt, stellt sich das GCMC den globalen Dimensionen der Sicherheitspolitik Europas sowie den neuen Sicherheitsherausforderungen des 21. Jahrhunderts.

Nach Begehung der Liegenschaften des GCMC - deren Ursprung auf eine in 1937 gebauten Jäger-Kaserne der Wehrmacht zurückgeht – sowie der Besichtigung der umfangreichen Bibliothek begaben sich die Teilnehmer in die „Large Plenary“, den großen Vortragssaal. Brigadegeneral a. D. Johann Berger hielt eine Ansprache zur Arbeit am GCMC, zur derzeitigen Sicherheitsarchitektur des NATO- Bündnisses sowie den derzeitigen sicherheitspolitischen Risiken und Herausforderungen für Europa. Im Einzelnen erläuterte er die globalen Krisenherde folgendermaßen:

Nach dem Niedergang des sowjetischen Machtapparats und dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes sei die Welt keinesfalls sicherer geworden. Dieses Ereignis führte vielmehr dazu, dass das Ausbrechen militärischer Konflikte wieder wahrscheinlicher geworden sei. Die „geostrategische Lagekarte“ Europas mit potentiellen Sicherheitsrisiken beginnt mit der Arktis und der Nordflanke der Nato: Durch die klimatisch bedingteEisschmelze ergeben sich neue strategisch bedeutsame Seeverbindungen über die Beringstraße in den Pazifik. Der einfache und billige Zugang zu bisher ungenutzten Rohstoffquellen und neuen Ressourcen führt zu neuen Verteilungskämpfen unter den klassischen Großmacht-Akteuren. Die Einflussnahme Chinas nimmt dramatisch zu. Aber auch das Baltikum gilt als Spannungsfeld zwischen Russland und der NATO. Russische Akteure versuchen immer wieder eine Destabilisierung der Sicherheit durch gezielte Verunsicherung der Bevölkerung mittels moderner Medien wie Internet etc. herbeizuführen. Darüber hinaus besteht die hochriskante Nahtstelle des sogenannten Kaliningrad Gap (Suwalki-Lücke). Aber auch Russland vollzog mit der Annexion der Krim bzw. Ost-Ukraine erstmals nach 1945 wieder einen Bruch des internationalen Völkerrechts. Die Folgen daraus führen zur Revision von Landes- und Bündnisverteidigung innerhalb der Bundeswehr und der NATO. Doch auch die (West-)Ukraine gilt als Spannungsfeld zwischen Ost und West. Die Problematik Ost-Ukraine ist nach wie vor ungelöst (Frozen Conflicts). Ein weiterer Krisenherdbildet auch der Balkan: Diese südosteuropäische Region wurde in weiten Teilen von Europa im Stich gelassen – es erfolgte keine Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Erfolg Europas. Die Länder des Balkans sind geprägt von Hoffnungslosigkeit und Desillusion. Seit Jahren steigt die Einflussnahme durch Russland und der Türkei, aber auch Saudi-Arabien und China suchen verstärkt Einfluss zu gewinnen. Sollte Europa weiterhin nur Zuschauer sein, könnte dies dieGefahr des Zerfalls der Balkan-Staaten nach sich ziehen. Mittlerweile wird die Türkei an der Ostgrenze der NATO als Risiko-Faktor eingestuft. Die ungelöste Kurdenfrage, aber auch die Einflussnahme des IS, die legalen und illegalen Migrationsströme führen zu Instabilitäten, die sich negativ auf Europa auswirken. Die derzeit politische Situation, die Aushebelung demokratischer Grundrechte durch den türkischen Staatsapparat stellen eine Mitgliedschaft in der Wertegemeinschaft der NATO infrage. Mit dem Krieg in Syrien ergeben sich Problematiken von grenzenloser Dimension. Jeder kämpft gegen Jeden. Für Außenstehende nicht mehr überschaubar. Hat die westliche Staatengemeinschaft durch Wegschauen versagt? Auch in Libyen gibt es kein Konzept nach Machthaber Gaddafi. Anarchie und Terror beherrschen das Land. Weiter südlich verläuft die Sahelzone, die seit Jahren eine der ärmsten Regionen dieser Welt darstellt und von Hunger, Not, Menschenhandel und Krankheiten (Seuchen) gekennzeichnet ist. Seit Jahren nimmt der internationale Terrorismus ( Al-Qaida, IS, Boko Haram) zu. Ca. 40 Mio. Menschen wollen ins „Gelobte Land“ nach Europa und insbesondere nach Deutschland ausreisen. Wie können all diese Probleme gelöst werden – sind sie überhaupt lösbar? Die nächste Krisenregion stellen die Länder Afghanistan/ Pakistan dar. Insbesondere in Afghanistan dominieren Krieg und Terrorismus. Der Islam als politisches Instrument bestimmt die gesellschaftlichen Normen.

Mit Nordkorea und seinem zunehmenden Kernwaffen-Potenzial, aber auch mit China, das seit Jahren seine Militärausgaben erhöht und seine Streitkräfte modernisiert, ergeben sich neue Herausforderungen für die westliche Staatengemeinschaft im Hinblick auf das geostrategische Kräftegleichgewicht.

Weitere sicherheitspolitische Risiken eröffnen sich darüber hinaus in global weltumspannenden Aktivitäten: Anstieg der international organisierten Kriminalität, sowie zunehmender internatio-naler Terrorismus. Angriffe und Attacken in Form von Cyber-Crime und Cyber-War auf zivile und militärische Einrichtungen stellen ganz neue Herausforderungen an die Sicherheitsarchitektur unserer Gesellschaft.

Nicht zu vergessen und zu unterschätzen sind Ereignisse wie der Klimawandel, Flut-bzw. Dürre-katastrophen oder Umweltschäden. Sie verursachen Massenflucht und Migration nach Europa. Auch die zunehmende Urbanisierung zu Mega-Städten und riesigen Ballungszentren birgt enormen sozialen Sprengstoff und fordert unsere Sicherheit heraus.

General Berger beendete seine Ausführungen mit einem Zitat von Dag Hammarskjöld, UN-Generalsekretär von 1953 bis 1961, folgendermaßen: „Wenn der Weg unendlich scheint und nichts mehr gehen will, gerade dann darfst Du nicht zaudern...!

Am Nachmittag ging es mit der neuen Seilbahn auf die Zugspitze die ihre Jungfernfahrt am 21.Dezember 2017 hatte. Funkelnagelneu und in schickem, dezentem Design hängen die beiden Kabinen am Seil, bereit, je 120 Fahrgäste auf Deutschlands höchsten Berg zu befördern. Dabei passieren sie eine 127 Meter hohe und damit die weltweit höchste Stahlbaustütze für Pendelbahnen, überwinden den weltweit größten Gesamthöhenunterschied von 1.945 Meter in einer Sektion sowie des weltweit längste freie Spannfeld mit 3.213 Metern. Drei Rekorde, die mit grandiosen Panoramablicken aus den bodentief verglasten Großraumkabinen um die Wette eifern.

Weiteres Highlight der 4-Tagereise waren der Besuch des Ausbildungsstützpunkts Gebirgs- und Winterkampf, die zentrale Ausbildungseinrichtung des Heeres für die Gebirgstruppe. Der Stützpunkt ist der Infanterieschule in Hammelburg unterstellt. Kommandeur Oberstleutnant Andreas Bockmann informierte die Teilnehmer über den Verband.

Soldatinnen und Soldaten der gesamten Bundeswehr werden in der Bergrettung, sowie für den Kampf im Gebirge im schwierigen Gelände und unter Umweltbedingungen ausgebildet. Über 2000 deutsche und bis zu 300 ausländische Lehrgangsteilnehmer aus über 30 Nationen werden in allen gebirgsspezialen Bereichen ausgebildet, die Heeresbergführer-Ausbildung sowie die Hochgebirgsspezialisten Ausbildung werden in Kooperation mit dem österreichischen Gebirgskampfzentrum in Saalfelden durchgeführt.

Zweites Besuchsziel in der Edelweiß-Kaserne Mittenwald war das Gebirgsjägerbataillon 233.

Der stellvertretende Kommandeur Oberstleutnant Mario Klötzer berichtete über das Bataillon und seine Aufgaben. Es ist der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall unterstellt. Aufgabe ist es luftbeweglich oder mit Überschneefahrzeugen ausgerüstet sowie zu Fuß oder auf Ski schwieriges Mittel- oder Hochgebirgsgelände zu erreichen, um dort Kampfaufträge durchzuführen. Dazu ist es voll beweglich, mit Hand-, Flächenfeuer-und Panzerabwehrwaffen ausgerüstet und im Gefechts-und Gebirgsdienst umfassend ausgebildet.

Die schwere Gebirgsjägerkompanie ist in ihrer Gliederung einzigartig im Gebirgsjägerbataillon. In ihr sind die Panzermörserzüge, die Panzerabwehrzüge WIESEL TOW, die Maschinenkanonenzüge WIESEL MK, sowie die Aufklärungszüge WIESEL zusammengefasst. Insgesamt verfügt das Bataillon 233 durch intensive einsatzorientierende Ausbildung, breite Einsatzerfahrung über leistungsfähige und hochmotivierte Soldaten sowie einen hohen Ausbildungsstand in der Gefechts- und Gebirgsausbildung. Diese werden durch zahlreiche Einsätze wie in Afghanistan, Mali und der Übung Eiskristall 2018 im norwegischen Kjoring unter Beweis gestellt. Aus erster Hand konnten wir über diese Einsätze erfahren.

Die Unterkunft erfolgte im Hotel Bichlerhof in Mittenwald.

Ein Besuch der Tiroler Hauptstadt Innsbruck war krönender Abschluss, bevor man am Sonntag die Rückreise mit einem Besuch der Benediktinerabtei und Barockkirche Kloster Ettal und dem Heiligen Berg des Kloster Andechs beendete.


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