Sektion Ulm

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Mittwoch, 10.04.2019 - 19:00

Friedensmacht Europa – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik im Europawahljahr 2019

Vortrag und Diskussion
Referent: Markus Ferber, MdEP

Vlnr: Uwe Reincke (PzKam), Harald Lott (DBwV), Thomas Trelle (DWT), Markus Ferber (MdEP), Andreas Lempke (bB) und Wolfgang Goetze (GSP).

Zu dem o.g. Thema hielt das Mitglied des Europaparlaments, Herr Markus Ferber, auf Einladung des Vorsitzenden der Kameradschaft Ulm / Dornstadt im „Blauer Bund e.V.“, Oberstleutnant a.D. Andreas Lempke, am 10.04.2019 im Rahmen einer sicherheitspolitischen Runde einen Vortrag in der Rommelkaserne Dornstadt.
Hieran nahmen 120 Zuhörerinnen und Zuhörer teil, darunter Vorsitzende und Mitglieder der kooperierenden örtlichen Vereinigungen des Deutschen Bundeswehrverbandes, der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sowie der Kameradschaft der Dornstädter/Schwäbischen Panzersoldaten e.V.

In der Einleitung stellte der Referent fest, dass die Entwicklung hin zur heutigen Europäischen Union als erfolgreich zu bezeichnen ist. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges sei unter den Menschen v.a. in den westeuropäischen Staaten die Sehnsucht nach Frieden, Freiheit und Wohlstand die treibende Kraft für das Verständnis füreinander und die Zusammenarbeit bei gemeinsam definierten Zielen gewesen. Es sei gelungen, im Inneren dauerhaften Frieden zu schaffen und Sicherheit zu gewährleisten.

Neuartige große Herausforderungen ergaben sich durch die sich stark veränderte internationale Lage in den vergangenen 25 Jahren seit der Wiedervereinigung Deutschlands.
Hierbei wurden u.a. folgende Ereignisse hervorgehoben:
– die NATO-Osterweiterung,
– die völkerrechtswidrige Annexion der Krim,
– der schwelende und in den Medien nicht mehr so beachtete Konflikt in der Ostukraine,
– die Konfliktlage im Asowschen Meer,
– die nationalistischen Strömungen in Polen, Ungarn und anderen nordöstlichen und südöstlichen, aber auch in westeuropäischen Staaten,
– die Unberechenbarkeit russischer Außen- und Rüstungspolitik,
– die daraus sich ergebende Bedrohung der baltischen Republiken in Verbindung mit Großmanövern in Grenznähe.

Ökonomisch entwickelten sich besondere Herausforderungen gegenüber dem strategischen Ansatz Chinas (neue Seidenstraße) und dessen aggressiven Technologiekaufs durch Anteils- oder Komplettübernahme westlicher Groß- und Kleinunternehmen.

Erschreckend sei auch die außen- und sicherheitspolitische Haltung und Entwicklung der Trump-Administration. Die USA sind nicht mehr der verlässliche Partner Europas.
Der von Amerika immer propagierte und selbst gepflegte freie Welthandel wird jetzt in Frage gestellt, gemeinsame Bemühungen in der Umweltpolitik werden aufgekündigt, ebenso andere internationale Abkommen und Vereinbarungen.
In der Außen- und Sicherheitspolitik haben die USA schon länger ihr Hauptinteresse in den asiatischen Raum verlagert und sehen dort für sich selbst die größte Bedrohung. Daher wird Europa aufgefordert, im Rahmen der Lastenteilung mehr für sich selbst zu sorgen.
Die Trump-Forderung, die 2014 vereinbarte 2% des Bruttoinlandproduktes für die Verteidigungsausgaben zu erfüllen, wird durch das Angebot, Rüstungsgüter zur Harmonisierung der Waffensysteme in den USA zu kaufen, ergänzt.

Auf dem afrikanischen Kontinent entwickeln sich ständig neue Krisengebiete. Man hat errechnet, dass sich bis 2050 die Bevölkerung dort verdoppeln wird und die Versorgungs- und Arbeitsmarktlage in der Zukunft weitere Migrationswellen auslösen wird, wenn dort die Lebensbedingungen nicht schnellstmöglich verbessert werden.

In der Mittelmeerregion sind wir Europäer mit bedrohlichen Entwicklungen vor eigener Haustür konfrontiert, die uns unmittelbar betreffen.

Was folgt aus alledem?
Europa steht vor großen Herausforderungen in der gemeinsamen Sicherheitspolitik, die nach 1990 als GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) initiiert wurde.
Schon Henry Kissinger (von 1973 bis 1977 Außenminister der Vereinigten Staaten) hatte die scherzhafte Frage an die Europäer gestellt, welche Telefonnummer er wählen müsse, wenn er mit Europa außenpolitische Angelegenheiten besprechen wolle.
Es wird entscheidend darauf ankommen, dass Europa unter seinen noch 28 Mitgliedern schnell zu abgestimmten, effizienten Lösungen in allen aktuell anstehenden Entscheidungsprozessen kommt.

Es gibt gute Ansätze wie PESCO (Permanent Structured Cooperation) als die Zusammenarbeit der EU-Staaten in gemeinsamer Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit dem Ziel der Interoperabilität, Synchronisierung der nationalen Streitkräftestrukturen und Realisierung gemeinsamer Rüstungsprojekte. „Hier muss noch mehr geschehen“, so die Zwischenbilanz.
Genannt wurde die Typenbereinigung bei Waffensystemen (USA=30 Systeme, EU=178!) und Kampfpanzern (USA=1 Typ, EU=70 Typen) sowie die Forderung nach gemeinsamen Rüstungsprojekten.
Erforderlich sei auch die Aufteilung militärischer Fähigkeiten auf die EU-Länder (nicht jedes Land muss über alle Fähigkeiten verfügen).
Dringend notwendig sei die EU-Abstimmung bei Rüstungsexportfragen angesichts der in mehreren EU-Staaten gemeinsam produzierten Rüstungsgüter, wobei Deutschland als High Tech-Standort bedeutsam ist.
Als positiv wurde weiter bewertet, dass das EU-Parlament einen EU-Verteidigungsfond zustande gebracht hat, der in der nächsten Legislaturperiode auf 30 Milliarden Euro anwachsen soll.
Die EU hat Grenzkontrollen nach innen abgebaut. Das bedeutet aber, dass die Außengrenzen gemeinsam zu schützen sind. In diesem Zusammenhang ist es unabdingbar, dass ein Einreise- / Ausreiseregister wie überall sonst in der Welt so auch in der EU realisiert wird (einschließlich Fingerabdruck auf den Personaldokumenten). Für den Außengrenzschutz sind mehr operative Kräfte (Grenzpolizei) zur Kontrolle vorzusehen.

Als Fazit ist festzuhalten:
Um die großen globalen aber auch innereuropäischen Herausforderungen in der Zukunft besser und entschlossener bewältigen zu können und Frieden, Freiheit und Sicherheit zu erhalten, müssen die EU-Mitgliedstaaten auf den beschriebenen und anderen Gebieten viel enger zusammenarbeiten und ihre Kräfte bündeln.
Vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik muss die EU mit einer gemeinsamen Stimme sprechen.

Zum Schluss appellierte Herr Ferber für eine rege Beteiligung bei der bevorstehenden Europawahl.

Dem von Herrn MdEP Markus Ferber in professioneller und ansprechender Weise gehaltenen Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an, bei der auch Verwunderung darüber zum Ausdruck kam, dass Europapolitik so wenig Beachtung fände und häufig als Buhmann herhalten muss.

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