Sektion Bonn

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Mittwoch, 06.03.2024 - 19:00

Auf dem Weg zur Kriegstüchtigkeit - Das Deutsche Heer in 2024

Die deutschen Landstreitkräfte haben neben der Abschreckung im Frieden im Rahmen der modernen Kriegsführung für den Einsatzfall sehr flexibel ein umfangreiches Spektrum zu erfüllen. Einsatzfähige und schnell verfügbare Kräfte bilden die Grundlage hierfür. Das Personal wurde zur Durchführung der bisherigen Auslandseinsätze deutlich gefordert und sieht sich bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben der vornehmlichen „Rückbesinnung“ auf Landes- und Bündnisverteidigung wiederum neuen (eigentlich altbekannten) Herausforderungen gegenüber. Das Material mag durchweg modern sein, aber ist es den beobachtbaren Bedrohungen angepasst? Wie steht es mit der Munitionsbevorratung, mit Führungsfähigkeit oder dem realistischen Üben der Kräfte? Reichen die Kräfte insgesamt? Viele Fragen, zu denen sich der Inspekteur des Heeres vor zwei Jahren öffentlich kritisch geäußert hat. Was hat sich seitdem geändert?
Vortrag und Diskussion
Referent: Generalleutnant Alfons Mais , Inspekteur des Heeres
Ort: BMVg, Bonn - Fontainengraben 150 , 53123 Bonn


V.l.n.r. Joachim Schulz (Presse GSP Bonn), Claudia Klemm (StvSL GSP Bonn), Referent Generalleutnant Alfons Mais (InspH), Roland Heckenlauer (GF GSP Bonn), Richard Rohde (SL GSP Bonn), Christiane Heidbrink (JGSP Bonn)


Ein Blick in den gut gefüllten Moltke-Saal, BMVg Bonn


Referent Generalleutnant Alfons Mais, Inspekteur des Heeres


 

Berichterstattung zur Veranstaltung „Auf dem Weg zur Kriegstüchtigkeit – Das Deutsche Heer in 2024“

 
Generalleutnant Alfons Mais, Inspekteur des Heeres, trug im Rahmen einer Präsenzveranstaltung in Kooperation mit dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. (VdRdBw) zum Thema „Auf dem Weg zur Kriegstüchtigkeit – Das Deutsche Heer in 2024“ vor.

Der Vortragende ging in drei Schritten den Weg zur Kriegstüchtigkeit des Deutschen Heeres: wo kommen wir her? – wo stehen wir? und wo wollen wir hin und wie können wir das schaffen?

Er betrachtete zunächst kurz die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen und stellte fest, dass wir seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine in 2022 einen Einbruch der internationalen Ordnung und einen damit einhergehenden Verlust der Sicherheit zu verzeichnen hätten. Unser Wertekanon und Wohlstand seien gefährdet. Dieses habe sich in jüngsten Reden des russischen Präsidenten Putins manifestiert. Auch wenn es in der Vergangenheit Wendepunkte in der Ausrichtung der Streitkräfte gegeben habe (Ende des Kalten Krieges 1989, 9/11 in 2001), so gab es doch nie größere Herausforderungen als heute. Man müsse auf alle Aufgabenschwerpunkte wie Amts- und Katastrophenhilfe, Internationales Krisenmanagement und vornehmlich Landes- und Bündnisverteidigung gleichzeitig, schnell und zuverlässig reagieren können.

Er führte zum Internationalen Krisenmanagement als ständigem Auftrag anhand der sich verschärfenden Lage auf dem Balkan aus. Danach wandte er sich der Unterstützung der Ukraine als wichtigstem Auftrag des auch streitkräftegemeinsamen Handelns zu und hob die Größenordnung der Ausbildung der ukrainischen Soldaten und die damit verbundene Belastung des (Führungs-) Personals des Heeres hervor. Der anspruchsvollste Auftrag – ein „Tsunami“ - sei aber die Landes- und Bündnisverteidigung. Der Vortragende illustrierte dieses anhand der durch Deutschland bereitzustellenden Kräftedispositive für EU und NATO heute schon und in der sehr nahen Zukunft. Das Heer befinde sich in einem „Feuerwehrmodus“; dieses erfordere massive Umgliederungen, um mit dem zur Verfügung stehenden Personal die Bandbreite der Verpflichtungen abdecken zu können. Hierzu gab er Beispiele.

In seinen weiteren Ausführungen ging der Inspekteur des Heeres exemplarisch auf die Übung „QUADRIGA 2024“ ein und erläuterte, worauf sich das Heer einstellen müsse, zeigte die ambitionierte Anlage des Szenarios und veranschaulichte die Einbindung in die NATO-Übung.

Er teilte anschließend seine Gedanken zur Relevanz von Landstreitkräften. Insbesondere hob er die gesamte Bandbreite der möglichen Einsätze von Grabenkampf wie in der Ukraine bis Cyberkrieg, die erforderlichen Waffensysteme und die Rolle von aktiven Soldaten und Reservisten hervor. Man wisse eben nicht, ob man sich auf eine Auseinandersetzung von drei Monaten oder drei Jahren vorbereiten müsse.

Dieses leite zum „Systemverbund Landstreitkräfte“ über, den er mit einem Symphonieorchester verglich. Alle müssten zum gleichen Zeitpunkt mit allen Instrumenten zum gleichen Stück spielen. Dieses gelte auch für das Heer: selektive Ausstattung nur von Teilen wie in Afghanistan oder Mali sei nicht mehr akzeptabel. Das Heer müsse umgebaut werden, um das gesamte Spektrum bis hin zu Divisionsverpflichtungen innerhalb der geforderten Zeitlinien zu erfüllen. Dieses sei aber heute noch nicht erreicht.

Unter der Überschrift „Wie wollen wir das schaffen?“ widmete der Inspekteur des Heeres seine Ausführungen der materiellen Einsatzbereitschaft & Ausstattung, dem Personal und erforderlichen strukturellen Anpassungen.

Er befasste sich mit dem Sondervermögen („hier kommt richtig was in Gang“) und Projekten hieraus für das Heer, verschwieg dabei aber nicht, dass diese Ausgaben auch nachhaltig hinterlegt werden müssten. Jetzige Beschaffungen erforderten Betriebsausgaben in der Zukunft. Ein deutlicher Anstieg des Einzelplans 14 sei daher notwendig.

Daran schlossen sich Bemerkungen zu notwendigen Maßnahmen zum  Personal an. Hier gelte es im Bereich der Werbung und Bindung neue Wege zu gehen, mittelfristig die Kopflastigkeit und die Altersstruktur des Heeres anzupassen und sich Gedanken zur Wehrform zu machen.

Er beschloss diesen Teil des Vortrages mit Strukturüberlegungen und dem Zielbild Einsatzkräfte Heer. Dieses werde durch die „Wurstmaschine gedreht“. Reduzierung von Stäben, Aufstellung neuer Verbände und Multinationalität waren hier die Stichworte.   

Der Inspekteur des Heeres fasste zusammen, dass Verteidigungsfähigkeit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Die Bundeswehr könne aber Deutschland nicht allein verteidigen – das habe sie auch im Kalten Krieg nicht gekonnt. Sondern nur im Zusammenwirken mit den Verbündeten. Deutschland sei zwar heute kein Frontstaat mehr, sondern Drehscheibe für andere Nationen. Aber es gelte mit unseren Anstrengungen, ein „pay-back“ an die Allianz zu leisten.

Die anschließende Diskussion vertiefte Aspekte des Vortrages, insbesondere Fragen des gesamtgesellschaftlichen Ansatzes der Verteidigung, der Wehrform, der Kriegstüchtigkeit und der Durchhaltefähigkeit des Heeres. Es wurden aber auch Drohnenabwehr, die Rolle des Sanitätsdienstes und technologische Entwicklungen angerissen.

Generalleutnant Mais gab einen sehr umfassenden und tiefen Einblick in die Lage des Heeres und die vor ihm liegenden Herausforderungen. Er war sehr klar in der Analyse der Situation und konkret in den Vorschlägen für die Zukunft. Erreichtes hob er hervor, verschwieg aber nicht, wo es noch mangele. Der Inspekteur des Heeres war dabei sehr offen, ehrlich und abgewogen. Insbesondere auch seine Ausführungen zur Unterstützung für die Ukraine zeigten sehr große Empathie für die Anforderungen und Leistung der beteiligten Soldaten.

 

 

Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn


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