Bundesebene
20. Petersberger Gespräche zur Sicherheitspolitik
Kooperationsveranstaltung der Gesellschaft für Sicherheitspolitik mit der Friedrich Eberst Stiftung (Landesbüro NRW) und dem Bildungswerks des Deutschen Bundeswehrverbandes
Programm
10:00 Uhr Eröffnung
Dr. Ringo Wagner, Leiter des Landesbüros Sachsen-Anhalt der Friedrich-Ebert-Stiftung
10:05 Uhr Keynote
Dr. Hans-Peter Bartels, Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik
10:45 Uhr Panel I: „Whatever it takes – Europa rüstet sich“
- Tobias Cremer (Mitglied des Europäischen Parlaments)
- I.E. Marika Linntam (Botschafterin der Republik Estland)
- I.E. Mitsuko Shino (Botschafterin von Japan)
- Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert (stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen BundeswehrVerbandes)
12:15 Uhr Pause mit Getränken und Imbiss
13:00 Uhr Panel II: „Gesamtverteidigung – Was kommt da auf uns zu“
- Sebastian Hartmann (Mitglied des Deutschen Bundestages)
- Brigadegeneral Hans-Dieter Müller (Kommandeur des Landeskommandos NRW)
- Sabine Lackner (Präsidentin des Technischen Hilfswerks)
14:30 Uhr Verabschiedung
Dr. Ringo Wagner, Leiter des Landesbüros Sachsen-Anhalt der Friedrich-Ebert-Stiftung
15:00 Uhr Ende der Veranstaltung
Seminarleitung
- Oliver Krause, Geschäftsführer des Bildungswerkes des Deutschen BundeswehrVerbandes e.V.
- Severin Schmidt, Leiter des Landesbüros Nordrhein-Westfalen der FES
- Ringo Wagner, Leiter des Landesbüros Sachsen-Anhalt der FES
- Reiner Wehnes, Geschäftsführer der Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V.
Hier finden Sie einen Rückblick auf die Peterberger Gespräche
"20 Jahre Dialog und öffentlicher Diskurs an einem für die Bundesrepublick Deutschland historischen Ort" zum download.

Dr. Ringo Wagner bei der Begrüßung der vollbesetzten Rotunde auf dem Petersberg

Dr. Hans-Peter Bartels eröffnet mit der Keynote

Die Teilnehmer des Panels: Whatever it takes - Europa rüstet sich

Die Teilnehmer des Panels: Gesamtverteidigung - Was kommt da auf uns zu?

Blick ins Publikum
20. Petersberger Gespräche zur Sicherheit
Am 26. April 2025 fanden die renommierten 20. Petersberger Gespräche wieder im Gästehaus auf dem Petersberg statt. Sie boten den über 200 Teilnehmern und Gästen erneut ein Forum für einen öffentlichen Diskurs zur aktuellen Sicherheitslage, in der die Welt sich rapide verändert, Europa entscheiden muss, welchen Platz es zukünftig einnehmen und wie Deutschland sich diesen Herausforderungen stellen will.
Die Veranstaltung war erneut eine Kooperation von dem Bildungswerk des Deutschen BundeswehrVerbandes, der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) und der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).
Den Einstieg machte Dr. Ringo Wagner, der Leiter des Landesbüros Sachsen-Anhalt der FES, mit einem Überblick über die dramatischen Veränderungen der Sicherheitslage seit den letzten Gesprächen im Herbst 2024 und der aktuellen Situation. Damit bereitete er den Boden vor für die Panel Diskussionen.
In der anschließenden Keynote befasste sich Dr. Hans-Peters Bartels, Präsident der GSP, mit dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung und seinen sicherheitspolitischen Dimensionen. Dabei hob er besonders den größeren Handlungsspielraum hervor. Die Zeitenwende sei als Problem der Bundeswehr begriffen worden. Es gelte nun, sie auch umzusetzen. Er machte dieses an Stichworten wie Beschleunigung der Beschaffung, Ertüchtigung der Infrastruktur und Leistungsfähigkeit der Wirtschaft deutlich. Zugleich unterstrich er die Bedeutung der Abschreckung im Osten und den Stellenwert der Zusammenarbeit mit den USA im Westen. Angesichts dieser Herausforderungen müsse die neue Regierungskoalition schnell handeln. Dieses umfasse auch die Dienst-/Wehrpflicht, die Strukturreform der Bundeswehr und Fragen der Gesamtverteidigung bzw. Resilienz der Gesellschaft insgesamt. Dr. Bartels betonte abschließend die Rolle Deutschlands als Wirtschaftsmacht sowie die Bedeutung in NATO und EU. Man dürfe daher als Nation mehr Selbstbewusstsein zeigen – dieses bedeute aber auch mehr Verantwortung zu übernehmen.
Das Panel I „Whatever it takes – Europa rüstet sich“ griff diese Gedanken auf. Tobias Cremer, Mitglied des Europäischen Parlaments, nahm das Weißbuch der EU zur Verteidigung Europas zum Gegenstand seiner Ausführungen. Auch die EU habe ein klares Lagebild angesichts der russischen Bedrohung, die es abzuschrecken gelte. Da auch die USA als Partner nicht mehr sicher seien, müsse folgerichtig die EU insgesamt mehr tun. Konkrete Mittel seien hinterlegt worden, aber die Rüstung und Beschaffung müsse jetzt und effektiv vorangetrieben werden. Es gehe um eine gesamtgesellschaftliche und gesamteuropäische Investitionsstrategie.
Die Botschafterin der Republik Estland, I.E. Marika Linntam, leitete ihre Ausführungen mit einem historischen Rückblick auf die russische Aggression ein. Hieraus ergäben sich drei Schwerpunkte des Handelns. Zunächst forderte sie ein entschlossenes Eintreten für die Demokratie und den Rechtsstaat. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern versuche auch die westlichen Gesellschaften zu spalten. Man dürfe dabei auch den Informationskrieg, den Russland betreibe, nicht unterschätzen und müsse den Druck auf Russland aufrechterhalten. Weiterhin mahnte sie ein starkes Europa an und betonte die Rolle der NATO für unsere Sicherheit. Estland werde z.B. bis 2026 etwa 5% des BIP in die Verteidigung investieren. Die Botschafterin formulierte auch ihre Erwartungen an Deutschland in der NATO und EU. Zuletzt griff sie das Thema Resilienz auf. Hybride Bedrohung, Desinformation und Destabilisierung von innen beträfen die gesamte Gesellschaft. Hier müsse entschlossen gehandelt werden. Estland sei bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Anschließend führte die Botschafterin von Japan, I.E. Mitsuko Shino, zu der asiatischen Perspektive aus. Die Sicherheit Asien und Europas seien verknüpft. Man habe gemeinsame Werte und Gesprächsforen wie G7 und Vereinte Nationen. Mit Hinblick auf Russland und China mahnte sie an, dass es keine gewaltsamen Veränderungen der politischen Landkarte geben dürfe. Daher sei auch ein starkes Europa mit einer aktiven Rolle Deutschlands ebenso wichtig wie eine vertiefte Zusammenarbeit Japans mit der NATO.
Die Ausführungen zum Panel I wurden durch Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, Stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen BundeswehrVerbandes abgeschlossen. Er leitete seine Betrachtungen mit einer Analyse der russischen Aggressionspolitik ein. Sie gehe über die Ukraine hinaus. Die Rüstungsanstrengungen und die Zusammenarbeit der CRIN-Staaten (China, Russland, Iran, Nordkorea) seien ein deutliches Zeichen. Man lebe heute nicht mehr im Frieden. Russland ziele auf die „Cohesion of the Alliance“ und die Spaltung der Nationen. Die NATO reagiere darauf mit Regionalplänen und Forderungen an die Mitgliedsstaaten, so auch an Deutschland. Es gelte nun diese Fähigkeitslücken zu schließen. Im Koalitionsvertrag seien diese aber noch nicht enthalten. Nach seiner Auffassung sei die Gesellschaft insgesamt auch noch nicht bereit, sich den Herausforderungen zu stellen.
Die Pause zwischen den Panels bot eine gute Gelegenheit zum Austausch und zu interessanten Gesprächen. Danach ging es im Panel II um „Gesamtverteidigung – Was kommt da auf uns zu?“
Den Auftakt machte Sebastian Hartmann, Mitglied des Deutschen Bundestages. Er nahm den Koalitionsvertrag und insbesondere das Sondervermögen für die Bundeswehr als Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Es sei ein Signal, könne aber nur ein erster Schritt sein. Weit komme man damit nicht. Die Gesellschaft sei „massiv gefordert“, es gehe um die deutsche Souveränität. Als Stichworte nannte er IT und KRITIS, in denen man die gesetzgeberischen Verfahren anpassen und die Leistungsfähigkeit erhalten müsse. Er leitete über zum Bevölkerungsschutz. Der Zivilschutz sei zwar im Koalitionsvertrag aufgeführt, aber nicht finanziell und personell unterlegt. Demokratische Prozesse würden zudem von außen beeinflusst. Es bedürfe daher eines klaren Statements des „Wollens“ – also der Bereitschaft sich zu verteidigen.
Das Thema Gesamtverteidigung wurde von Brigadegeneral Hans-Dieter Müller, Kommandeur Landeskommando Nordrhein-Westfalen, aufgegriffen. Im Bereich Zivilschutz gebe es viel zu tun und entlang des OPLAN Deutschland zu entwickeln. Man müsse dieses „pragmatisch anpacken“, die „Papiere mit Leben ausfüllen“ und ein entsprechendes Mindset für die reale Bedrohung und den hybriden Krieg zu entwickeln. So sei auch heute NRW das Ziel von Cyber-Angriffen. Es gelte jetzt, Vorsorge zu treffen. Er betonte die Verzahnung ziviler und militärischer Verteidigung. Hierbei verwies er auf die Anstrengungen im Aufwuchs und der Reserve hin. Er leitete über zum OPLAN Deutschland und skizzierte die Rolle Deutschlands als Drehscheibe für die NATO. Hierbei verwies er auf die intensive Abstimmung mit den anderen Ministerien, den Bundesländern und Kommunen.
Den Abschluss der Ausführungen zu Panel II übernahm Dr. Fritz-Helge Voß, Zivilschutzbeauftragter des Technischen Hilfswerkes (THW). Die Sondervermögen für Bundeswehr und Infrastruktur bezeichnete er einleitend als „kraftvollen Akt der Politik“ und als Signal nach innen und außen. Er betonte das Zusammenwirken von militärischer und ziviler Verteidigung. Wie sein Vorredner verwies er dabei auf den Abstimmungsbedarf mit Ministerien, Ländern und Gemeinden. Es gelte, gemeinsam Strukturen wieder aufzubauen. Man müsse sich nicht nur wehren wollen, sondern es auch tun. Dieses umfasse ein breites Feld von der hybriden Bedrohung über Eskalation von Krisen und Kampfhandlungen bis hin zu Kämpfen in Deutschland. Man müsse sich mit dem Gesundheitswesen, Flüchtlingen, Güterknappheit, Mobilisierung und Desinformation befassen. Das THW habe hier Impulse gesetzt. Für einen effektiven Bevölkerungsschutz brauche Deutschland eine klare Führungsstruktur im Rahmen der Gesamtverteidigung, die finanziellen Mittel, eine ausreichende Personalgewinnung, eine überzeugte Bevölkerung und den politischen Willen, dieses in die Gesamtverteidigung umzusetzen. Man müsse jetzt handeln.
Die 20. Petersberger Gespräche brachten zum Ausdruck, dass angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage schnelles, wirkungsvolles und sichtbares Handeln aller relevanten Akteure notwendig sei. Erste Schritte seien getan worden. Über den weiteren Weg gab es weitgehend Konsens: nicht mehr Worte, sondern Taten sollten folgen.
Text: Joachim Schulz, Medienbeauftragter GSP