Wahlprüfsteine DIE LINKE


Wahlprüfsteine - DIE LINKE

1. Die Klimakrise ist eine Herausforderung, die unsere Art des Lebens bedroht, die Wirtschaft beeinflusst, Lieferketten gefährdet, Dürren verantwortet und Weltregionen so unbewohnbar macht, dass Menschen in andere Staaten fliehen müssen. Was ist die Antwort Ihrer Partei auf diese Sicherheitsbedrohung?

Der Nicht-Weiterverbreitungsvertrag (NVV) ist nach Überzeugung der LINKEN ein wichtiger Pfeiler im Kampf für eine atomwaffenfreie Welt. Jedoch sind die in seinem Gefüge enthaltenen Ungleichgewichte bezüglich der Rechte (für atomwaffenbesitzende Staaten) und Pflichten (für nicht-atomwaffenbesitzende Staaten) Grund für viele Konflikte, die nur durch Druck auf letztere Staaten (v.a. eine striktere Kontrolle durch die OPCW) nicht gelöst werden können. Es braucht weitere Wege, um das Ziel einer atomwaffenfreien Welt voranzubringen. DIE LINKE tritt deshalb entschieden dafür ein, dass die Bundesrepublik dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) beitritt. Unterstützt sehen wir uns dabei vom Wissenschaftlichen Dienst (WD) des Bundestags, der in einem Gutachten, das die Abgeordnete Sevim Dagdelen angefordert hatte, die Behauptung der Bundesregierung widerlegte, der AVV würde den Nichtverbreitungsvertrag und dessen Verifikationsregime schwächen. Vielmehr spricht der WD von einem Komplementärverhältnis. Was dem Beitritt zum AVV entgegensteht, ist der fehlende politische Wille der Bundesregierung, gegenüber den USA auf der Souveränität der Bundesrepublik zu bestehen, und die USA zu veranlassen, ihre letzten hier gelagerten Atomwaffen abzuziehen, sowie die Nukleare Teilhabe der NATO zu verlassen.

2. Die Bundeswehr ist im Ausland in vielen Krisengebieten involviert, war während der Covid-19-Pandemie aber auch im Inland aktiv ("Helfende Hände"). Wie bewertet Ihre Partei die grundsätzliche Ausrichtung der Bundeswehr zwischen Landes- und Bündnisverteidigung und internationalem Krisenmanagement?

Die seit 2014 verfolgte Neukonzeptionierung der Aufgaben der Bundeswehr ist nicht nur gefährlich, weil sie, im Gefolge der USA, komplexe politische Herausforderungen primär nur militärisch zu beantworten versucht. Diese Politik führt auch zu einer Überlastung der Bundeswehr. Angesichts der eindeutigen militärischen Kräfteverhältnisse zwischen Russland und NATO in Europa ist weder eine weitere Aufrüstung mit der Schaffung von bis zu sechs neuen gepanzerten Brigaden, noch eine Aufstockung der Bundeswehr auf bis zu 203 000 Soldatinnen und Soldaten unter Waffen gerechtfertigt. Auch mit Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr werden elementare Wirklichkeiten ausgeblendet, die die Niederlage in Afghanistan doch vor Augen führt: Frieden und Stabilität in den Ländern des Südens können nicht herbeigeschossen werden. Unverdrossen wird in Mali der nächste Endloseinsatz gefahren, der dieselbe Dynamik zeigt. - Die LINKE ist dafür, dass die Bundesrepublik eine sicherheitspolitische Wende hin zu Dialog, Vertrauensbildung und Abrüstung, und einer gerechteren Außenwirtschaftspolitik gegenüber den Ländern des Südens einleitet. Die Bundeswehr könnte sich so auf ihre Kernaufgabe, die Sicherstellung der territorialen Landesverteidigung konzentrieren, und würde nicht mehr vor unlösbare (nicht-) militärische Probleme gestellt, die ihr der Level of Ambition bisheriger Bundesregierungen bis jetzt aufdrückt. Einsätze von Bundeswehrangehörigen im Inneren sind - im Rahmen der Amtshilfe - legitim, solange die zivilen Krisenreaktionskräfte wie das THW noch nicht adäquat für diese ihre Aufgabe ausgestattet sind.

3. Der Cyberraum wird ein zunehmend für Kriminalität genutzter Bereich. Im Jahr 2020 gab es nach Angaben des BKA 108.474 erfasste Fälle der Cyberkriminalität. Im 5-Jahresvergleich (2016) ist das ein Anstieg von gut 31%, Tendenz steigend. Was ist die Lösung Ihrer Partei gegen dieses Zukunftsproblem?
Wir wollen die Ermittlungsfähigkeit des BKA weiter steigern und die technische Ausstattung zur forensischen Analyse verbessern. Aber auch mit bester Ausstattung der Ermittlungsbehörden lässt sich Cyber-Kriminalität nicht verhindern. Zentral ist für uns deshalb die Stärkung der Widerstandsfähigkeit durch technisch-organisatorische Maßnahmen in Behörden und Unternehmen, Ausbau der Zusammenarbeit aller Beteiligten in der IT-Sicherheit, Sensibilisierung der Bevölkerung für die Bedrohungen durch digitale Angriffe, Zertifizierungs- und Gewährleistungspflichten für Hersteller von IT-Produkten, Stärkung der IT-Sicherheitsforschung und das Ausschöpfen der Potentiale von Open Source-Software für ein allgemein höheres IT-Sicherheitsniveau.

4. Kritik an der Effektivität von internationalen Organisationen ist nichts Neues. Vor allem internationale Organisationen wie die NATO, die bekanntermaßen als obsolet oder hirntot bezeichnet wurden, stehen dabei in scheinbar periodischen Abständen in der Kritik. Wie steht Ihre Partei zur NATO?

Die NATO hat insbesondere seit 2014 deutlich gemacht, dass sie nach wie vor unfähig ist, nicht-militärische Wege zur Lösung von internationalen Konflikten zu weisen: Die NATO-Militärausgaben sollen laut 2%-Ziel nun von der zwölffachen auf die fünfzehnfache Summe der Militärausgaben Russlands weiter aufgehäuft werden - Deutschland alleine würde dann soviel für Militär ausgeben wie Russland. Unrealistische Bedrohungsszenarios osteuropäischer nationalistischer Regierungen bezüglich möglicher russischer Angriffe auf NATO-Territorium werden zur Arbeitsgrundlage der Allianz. Aus der Niederlage der NATO in Afghanistan werden keine Konsequenzen bezüglich militärischer Interventionen außerhalb des Bündnisgebiets gezogen. Im Gegenteil: Die Empfehlungen der Kommission NATO 2030 sehen vor, nunmehr auch China - mehr als 10 000 km von NATO-Gebiet entfernt - militärisch in den Blick zu nehmen. - Sicherheit - sowohl in Europa als auch weltweit - lässt sich jedoch nicht mit der Logik von noch mehr Waffen erreichen. Die LINKE tritt deshalb dafür ein, dass die NATO perspektivisch durch ein neues System gemeinsamer Sicherheit in Europa ersetzt wird, das Russland einschließt. Die Jahre 1945 und 1989/1990 sind für die Bundesrepublik Grund und Verpflichtung genug, für die Einlösung des Versprechens eines gemeinsamen europäischen Hauses zu wirken. Unilaterale deutsche Abrüstungsschritte könnten ein wichtiges Signal sein, um Vertrauensbildung, Dialog und schließlich vertragliche Abrüstungsschritte in Europa zu initiieren.

5. Nach wie vor gilt was Klaus Kinkel einst erklärte: „Gäbe es die UNO nicht, müsste man sie erfinden“. Dass sie viele Baustellen und Probleme hat, lässt sich hingegen nicht verleugnen. Was wäre aus sicherheitspolitischer Perspektive Ihrer Partei das wichtigste Reformvorhaben innerhalb der UNO? 

Die UNO ist für DIE LINKE die wichtigste Institution einer internationalen Politik, die auf den Prinzipien der Friedenssicherung, Verhinderung von Konflikten und Wahrung der Menschenrechte aufbaut. Dabei verkennen wir nicht, dass auch die UNO reformbedürftig ist. In einem Antrag, den unsere Bundestagsfraktion anlässlich des 75. Jahrestags der UNO-Gründung eingebracht hatte, fordern wir u. a., die UNO-Missionen zu entmilitarisieren und eine Initiative für ein internationales ziviles Hilfskorps für Kriseneinsätze bei Pandemien und Naturkatastrophen anzustoßen. Außerdem fänden wir es richtig, dass die Ausgaben der UNO für Militäreinsätze zugunsten der Mittel für Hungerbekämpfung, friedliche Konfliktbearbeitung und zivile Krisenprävention gesenkt werden. Neben den bisher 5 ständigen und 10 nicht-ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates sollten weitere 5 ständige und 5 nichtständige Mitglieder aufgenommen werden. Die neuen 5 ständigen Mitglieder sollten den globalen Süden repräsentieren.

6. Die EU versucht seit Jahren sicherheitspolitisch handlungsfähig zu werden, tritt dabei jedoch auf der Stelle. Wie steht Ihre Partei zu der Frage einer „europäischen Autonomie“? Welche Schritte wären notwendig, um europäische Handlungsfähigkeit zu erhöhen? Unterstützen Sie eine europäische Armee? 

Das Ziel der "strategischen Autonomie", das den Ausbau einer "Verteidigungsunion" mit Militärstrukturen andere Militarisierungsvorhaben beinhaltet, führt nicht zu mehr Sicherheit. Wir lehnen Initiativen wie PESCO, den EU-Verteidigungsfonds und eine EU-Armee ab, da sie explizit auf zusätzliche Aufrüstung zielen. Wir lehnen die Einführung von Mehrheitsentscheidungen in der GASP ab und fordern eine friedliche Neuausrichtung der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. EU-Handlungsfähigkeit bedeutet für DIE LINKE die Stärkung der zivilen Konfliktbearbeitung und eine kohärente Außen-, Handels- und Entwicklungspolitik, die an den Konfliktursachen ansetzt. Die EU muss aktiv die internationale Abrüstung voranbringen. Dazu gehört ein Verbot von EU-Waffenexporten. DIE LINKE ist für eine außenpolitische Autonomie der EU im Sinne der Emanzipation von den USA. Die EU darf sich nicht in eine für die ganze Welt gefährliche neue Blockkonfrontation zwischen den USA und China oder Russland hineinziehen lassen. Die Verhandlungen zum EU-China-Abkommen dürfen nicht von Kräften in USA und EU, die den Konflikt eskalieren und Feindbilder aufbauen, unterminiert werden.

7. Längst sind nicht mehr alle Staaten die Nuklearwaffen besitzen, Teil des Nichtverbreitungsvertrags. Das macht ihre Kontrolle und Reglementierung bedeutend ungewisser. Innerhalb von Deutschland gibt es viele Ideen und Forderungen zur Zukunft von Nuklearwaffen. Wie steht Ihre Partei dazu?

Der Nicht-Weiterverbreitungsvertrag (NVV) ist nach Überzeugung der LINKEN ein wichtiger Pfeiler im Kampf für eine atomwaffenfreie Welt. Jedoch sind die in seinem Gefüge enthaltenen Ungleichgewichte bezüglich der Rechte (für atomwaffenbesitzende Staaten) und Pflichten (für nicht-atomwaffenbesitzende Staaten) Grund für viele Konflikte, die nur durch Druck auf letztere Staaten (v.a. eine striktere Kontrolle durch die OPCW) nicht gelöst werden können. Es braucht weitere Wege, um das Ziel einer atomwaffenfreien Welt voranzubringen. DIE LINKE tritt deshalb entschieden dafür ein, dass die Bundesrepublik dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) beitritt. Unterstützt sehen wir uns dabei vom Wissenschaftlichen Dienst (WD) des Bundestags, der in einem Gutachten, das die Abgeordnete Sevim Dagdelen angefordert hatte, die Behauptung der Bundesregierung widerlegte, der AVV würde den Nichtverbreitungsvertrag und dessen Verifikationsregime schwächen. Vielmehr spricht der WD von einem Komplementärverhältnis. Was dem Beitritt zum AVV entgegensteht, ist der fehlende politische Wille der Bundesregierung, gegenüber den USA auf der Souveränität der Bundesrepublik zu bestehen, und die USA zu veranlassen, ihre letzten hier gelagerten Atomwaffen abzuziehen, sowie die Nukleare Teilhabe der NATO zu verlassen.

8. Spätestens seit der noch immer anhaltenden Covid-19-Pandemie wurde uns vor Augen geführt, dass auch globale Gesundheitsfragen sicherheitspolitische Fragen sind. Was hat Ihre Partei für Ihre sicherheitspolitische Ausrichtung aus der Covid-19-Pandemie gelernt? 

Die Pandemie hat uns gelehrt, wie wichtig internationale Kooperation ist. Und wie schädlich konfrontatives Denken sein kann, wenn etwa zwischenstaatliche Hilfeleistung unter den Verdacht der "Corona-Diplomatie" gestellt wird. Angesichts der Herausforderungen durch Corona und den Klimawandel brauchen wir viel mehr internationale Zusammenarbeit. Und wir müssen internationalen Katastrophenschutz und Vorsorge betreiben. Militärausgaben von weltweit fast 2000 Mrd. US-$ sollten wir uns nicht mehr leisten. Wir brauchen eine globale, von der UNO überwachte Abrüstungsinitiative. Wir rufen dazu auf, im kommenden Jahr in allen Staaten weltweit die Militärausgaben um 10 Prozent zu senken. Wenn alle Staaten das gleichzeitig tun, bleibt die relative Sicherheit für jedes Land gleich – und es würde auf einen Schlag 183 Milliarden Dollar freisetzen, um Soziales, wie die Bekämpfung von Hunger, Armut und die Folgen der Corona-Krise zu finanzieren.

Die Pandemie hat uns auch gelehrt, dass uns die Lage in anderen Ländern nicht egal sein kann. Internationale Solidarität ist auch im eigenen Interesse. Deshalb haben wir die Forderung, die Impfpatente auszusetzen, unterstützt.

 

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