Das Bekenntnis zur NATO hat Bestand - 70 Jahre Mitglied der Atlantischen Allianz

Das Bekenntnis zur NATO hat Bestand - 70 Jahre Mitglied der Atlantischen Allianz

Im Zentrum der transatlantischen Krise mit den USA steht neben den Wirtschaftsbeziehungen auch das Verhältnis zur NATO. Ihre Zukunft wird vom nächsten NATO-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 24. Juni in Den Haag abhängen. 

Mit den Pariser Verträgen vom 5. Mai 1955 wurde das Besatzungsstatut offiziell beendet und die Wiederbewaffnung vereinbart, am 6. Mai dann die Bundesrepublik Deutschland als 15. Mitglied in die North Atlantic Treaty Organization (NATO) aufgenommen. Bis dahin mussten Widerstände bei einigen ehemaligen Kriegsgegnern überwunden werden. Stärkster Befürworter waren damals die Vereinigten Staaten.

Als Reaktion auf den Beitritt zum westlichen Verteidigungsbündnis schlossen sich am 14. Mai 1955 in Warschau Albanien, Bulgarien, die DDR, die Tschechoslowakei, Rumänien, Ungarn und die Sowjetunion zum „Warschauer Pakt“ zusammen. „Klassenbrüder - Waffenbrüder“ dienten nun Seite an Seite in dem Militärbündnis unter Führung der Sowjetunion.

Mitte der 50er Jahre hatte Europa seine zentrale Bedeutung verloren. Die USA und die UdSSR waren die neuen „Global Player“. Die USA reduzieren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ihre Streitkräfte, besitzen als einziger Staat die Atombombe und glauben, damit jeder Aggression begegnen zu können.

Großbritannien und Frankreich schließen am 4. März 1947 den „Vertrag von Dünkirchen“. Dieser Bündnis- und Beistandspakt richtet sich gegen ein wiedererstarkendes Deutschland. Bereits ein Jahr später wird er zum “Brüsseler Pakt“ erweitert. Am 17. März 1948 traten ihm die Niederlande, Belgien und Luxemburg bei. Vereinbart wurden der Aufbau eines gemeinsamen Verteidigungssystems und die Stärkung der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen.

Zur ersten Konfrontation im „Kalten Krieg“ zwischen den Alliierten und der Sowjetunion kam es am 24. Juni 1948, als die Sowjets die Land-, Schienen- und Wasserwege nach West-Berlin abriegelten. Eine beispiellose Hilfsaktion der Amerikaner, Briten und Franzosen versorgte die Bevölkerung über eine Luftbrücke mit dem Nötigsten. Die Alliierten gaben Berlin nicht auf und der Zusammenhalt der Westmächte stärkte den Widerstand gegen Stalins Politik. Am 12. Mai 1949 endete die Blockade.

Sie hatte gezeigt, wie verwundbar Westeuropa gegenüber der militärisch starken Sowjetunion war. Sicherheitspolitik hatte durch das aggressive Verhalten der Sowjetunion einen neuen Stellenwert erhalten. Der Begriff „Eiserner Vorhang“ fand Eingang in den Sprachgebrauch. Amerika, Kanada und die Mitgliedsstaaten des Brüsseler Paktes sowie Dänemark, Island, Italien, Norwegen und Portugal einigten sich auf ein Verteidigungsbündnis gegen mögliche imperiale sowjetische Absichten. Am 4. April 1949 wurde in Washington der Nordatlantikvertrag unterzeichnet. Die Vertragsstaaten bekundeten ihr gemeinsames Interesse an der Erhaltung des Friedens und der Verteidigung der Freiheit durch politische Solidarität und militärische Verteidigung gegen feindliche Angriffe.

Mit der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949, der ersten Wahl zum Deutschen Bundestag am 14. August 1949, der Regierungsbildung und der Wahl des Bundespräsidenten konstituierte sich die Bundesrepublik Deutschland. Die fortschreitende Militarisierung in der DDR und der Ausbruch des Koreakrieges am 25. Juni 1950 verlangten von der Bundesregierung eine Entscheidung. Welchen politischen Kurs sollte sie einschlagen? Bundeskanzler Konrad Adenauer entschied sich ohne Wenn und Aber für die Westintegration.

Der von Frankreich angeregte Versuch, mit dem „Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft“ (EVG) eine europäische Armee zu schaffen, scheiterte am 30. August 1954: Die französische Nationalversammlung verweigerte die Ratifizierung. Die deutsche Neuorientierung führte zum Aufbau nationaler Streitkräfte im atlantischen Bündnis. Am 5. Mai 1955 wurden die so genannten Pariser Verträge geschlossen. Sie waren Neufassung des Deutschlandvertrages, Beitritt zur Westeuropäischen Union (WEU), Aufnahme in die NATO und das deutsch-französische Saarstatut.

Am 7. Juni 1955 wurde aus dem Amt Blank das Bundesministerium für Verteidigung. Am 12. November 1955 erhielten die ersten Soldaten ihre Ernennungsurkunden. Im Januar 1956 wurden ungediente Freiwillige einberufen und im Juli rund 10.000 Angehörige des Bundesgrenzschutzes in die Bundeswehr übernommen. Im April 1957 rückten die Wehrpflichtigen des Jahrgangs 1937 in die Kasernen ein, so dass bereits im Juli 1958 zwei Korpsstäbe und drei Heeresdivisionen der NATO unterstellt wurden. Jahre später, im Mai 1982, wurde Spanien als 16. Mitglied aufgenommen.

Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums und der Unabhängigkeit seiner ehemaligen Satellitenstaaten kam es zu mehreren Erweiterungsrunden der NATO. In der ersten traten im März 1999 Polen, die Tschechische Republik und Ungarn dem Bündnis bei. Im März 2004 folgten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien. Albanien und Kroatien folgten im April 2009, Montenegro im Juni 2017 und Nordmazedonien im März 2020. Aufgrund des Angriffskrieges Russlands am 24. Februar 2022 entschlossen sich die beiden nordischen Länder Finnland und Schweden zum Beitritt. Die Aufnahme erfolgte am 4. April 2023 bzw. am 7. März 2024. Damit hatte die NATO 32 Mitglieder.

Dem russischen Narrativ, dass dem Westen" Wortbruch vorwirft, weil er in den Verhandlungen zur deutschen Einheit der Sowjetunion Zusicherungen" und Garantien" gegeben habe, dass sich das westliche Bündnis nicht über die Grenzen der ehemaligen DDR hinaus nach Osten ausdehnen werde, ist zu widersprechen. Der Washingtoner Gründungsvertrag ist bewusst offen für neue Mitglieder. Artikel 10 legt die Bedingungen fest: "Mitglied kann werden, wer die Werte und Interessen des Bündnisses teilt und bereit ist, einen angemessenen Beitrag zur kollektiven Verteidigung zu leisten“. Die Sicherheitsbedürfnisse der souveränen Beitrittsstaaten sind legitim und nachvollziehbar. Ihre Erfahrungen aus der Zeit der Sowjetherrschaft haben sie geprägt, das wollen sie nicht noch einmal erleben.

Seit Oktober 2024 steht der Niederländer Mark Rutte als Generalsekretär an der Spitze der NATO. Er muss die Kritik an der Allianz entkräften. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach 2019 in einem Interview mit dem britischen „Economist“ vom „Hirntod der NATO“. Er kritisierte das Vorgehen der USA und der Türkei in Syrien ohne vorherige Absprache. Andere sehen in der Osterweiterung eine Einkreisung Russlands. Für die Friedensbewegung ist die NATO ein Bündnis westlicher Wirtschaftsinteressen.

 

US-Präsident Donald Trump sieht in ihr einen teuren Kostenfaktor für die USA. Schon in seiner ersten Amtszeit (2017-2021) beklagte er, die Europäer gäben zu wenig für ihre Sicherheit aus. Er warf den europäischen Verbündeten vor, „Schmarotzer“ zu sein. Inzwischen haben jedoch fast alle Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben erhöht. Deutschland ist mit dem Sonderfonds und der Aufhebung der Schuldenbremse noch durch den 20. Bundestag auf einem guten Weg zu höheren Verteidigungsausgaben.

„Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“ war ein Motto der NATO in den fünfziger Jahren. Es sollte weiterhin beherzigt werden. Bei einem Festakt in Brüssel anlässlich des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland vor 70 Jahren sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Verbündeten eine starke Rolle Deutschlands in der NATO zu. Die Weltlage und der russische Angriffskrieg in der Ukraine beunruhigten die Deutschen. „Aber ich sage meinen Landsleuten: „Wir dürfen nicht nur besorgt sein - wir sind gefordert! Wir müssen mehr tun.“

 

   

 

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