Am Freitag, dem 14. Februar, beginnt die 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Es ist die dritte seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine. Hinzu kommt, dass in den USA eine neue Regierung unter Präsident Donald Trump im Amt ist und auch die Kommission der Europäischen Union (EU) in neuer Zusammensetzung agiert. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie Minister aus aller Welt haben sich angemeldet. Unter ihnen sind US-Vizepräsident James David Vance, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik Kaja Kallas, die in diesem Jahr mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet wird, sowie der EU-Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt Andrius Kubilius. Für Botschafter Christoph Heusgen „schlägt die Stunde Europas“. Vor einiger Zeit war bekannt geworden, dass der ehemalige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg den Vorsitz der MSC von Heusgen übernehmen sollte. Aufgrund der Regierungskrise in Norwegen wurde er Finanzminister seines Heimatlandes. Die politische Führung der NATO wird bei diesem sicherheitspolitischen Spitzentreffen durch Generalsekretär Mark Rutte vertreten.
Beim MSC Kick-off 2025 in der Bayerischen Vertretung beim Bund in Berlin wurde der Munich Security Report 2025 „Multipolarisierung“ vorgestellt. Die Welt wird multipolarer, welche Konsequenzen sich daraus für die internationale Ordnung ergeben, wird in acht Kapiteln analysiert. Gastredner war der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi.
Ewald-Heinrich von Kleist war der Begründer der Münchner Wehrkundetagung. Im November 1963 lud er erstmals zu dieser sicherheitspolitischen Konferenz ein. In mehr als sechs Jahrzehnten hat sie sich zu einer länderübergreifenden Veranstaltung entwickelt. Der ehemalige Oberleutnant der Wehrmacht von Kleist (1922-2013) war Mitglied der Widerstandsgruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Zu den Teilnehmern des ersten Treffens gehörten auch der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt und der amerikanische Politiker Henry Kissinger. Letzterer kam immer wieder nach München und verband seine Reise meist mit einem Besuch in seiner Heimatstadt Fürth. Den Namen Wehrkundetagung leitete von Kleist von der „Gesellschaft für Wehrkunde“ ab, deren Grundstein im Januar 1952 ebenfalls in München gelegt worden war. Er gehörte mit einigen Gleichgesinnten zu den Gründern dieser Vereinigung. Er war auch Herausgeber der „Zeitschrift für Wehrkunde“, die heute unter dem Titel „Europäische Sicherheit & Technik“ erscheint. Sie ist das offizielle Organ der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP).
Aus der Wehrkundetagung wurde im Laufe der Jahre die Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik (MSK) und seit Anfang 2000 die Münchner Sicherheitskonferenz. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Institution, die sich auf internationaler Ebene mit dem Politikfeld Sicherheit befasst. Die ersten Konferenzen fanden noch im kleinen nationalen Rahmen in den Räumen der Industrie- und Handelskammer statt. Inzwischen ist das Hotel Bayerischer Hof Veranstaltungsort. Seit 1993 musste die Konferenz zweimal ausfallen. 1991 kurzfristig wegen des zweiten Golfkrieges und 1997, weil kein Nachfolger für den 75-jährigen von Kleist gefunden werden konnte. 1998 leitete von Kleist die Konferenz noch einmal, danach übernahm Horst Teltschick, der ehemalige außen- und sicherheitspolitische Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl, den Vorsitz.
In den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland waren es vor allem Kabinettsmitglieder, Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Militärs, Wissenschaftler, Vertreter der Wirtschaft und der Medien, die sich mit außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen befassten. Später kamen europäische und transatlantische Teilnehmer hinzu. Während des Kalten Krieges standen Fragen des Ost-West-Verhältnisses im Vordergrund des Gedankenaustausches. Mit Horst Teltschik gewann die Konferenz an internationaler Bedeutung. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 und der Auflösung des Warschauer Paktes 1991 ergaben sich andere strategische Diskussionsthemen. Er öffnete die Konferenz für Teilnehmer aus den Staaten Mittel- und Osteuropas und zunehmend auch für Vertreter der Wirtschaft. Im Jahr 2005 stand die MSC-Konferenz unter dem Motto „Frieden durch Dialog“, was zum Anlass genommen wurde, eine „Friedensplakette“ zu stiften. Erster Preisträger war Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen von 1997 bis 2006. Im vergangenen Jahr wurden Finnland und Schweden als neue Mitglieder der Atlantischen Allianz geehrt.
Im Rückblick wird besonders auf die Konferenz „Globale Krisen - Globale Verantwortung“ im Februar 2007 hingewiesen. Im Mittelpunkt stand die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Ich danke Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, für die Einladung an den Tisch der Konferenz, die Politiker, Militärs, Unternehmer und Experten aus mehr als 40 Ländern der Welt zusammengebracht hat“. Zwei Zitate aus seiner Rede: "Die Sicherheit des Einzelnen ist die Sicherheit aller" und "Wo immer der Frieden gebrochen wird, ist er gleichzeitig überall bedroht und in Gefahr". Er schloss mit den Worten: „Wir hören sehr oft, auch ich persönlich, von unseren Partnern, auch den europäischen, den Appell an Russland, eine noch aktivere Rolle in den Angelegenheiten der Welt zu spielen. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine kleine Bemerkung. Es ist nicht nötig, uns dazu zu ermuntern oder zu drängen. Russland ist ein Land mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte, dass fast immer das Privileg hatte, eine unabhängige Außenpolitik zu betreiben. Diese Tradition werden wir auch heute nicht ändern. Dabei sehen wir sehr genau, wie sich die Welt verändert hat, schätzen unsere eigenen Möglichkeiten und Potenziale realistisch ein. Und natürlich wollen wir mit verantwortungsbewussten und ebenfalls unabhängigen Partnern zusammenarbeiten, um eine gerechte und demokratische Welt zu gestalten, in der Sicherheit und Wohlstand nicht nur für Auserwählte, sondern für alle gewährleistet sind“.
2014 hat Bundespräsident Joachim Gauck die Konferenz eröffnet. Er sprach zum Thema Deutschlands Rolle in der Welt: Anmerkungen zu Verantwortung, Normen und Bündnissen". Darin spannte er einen Bogen über fünf Jahrzehnte Bundesrepublik, von der Verteidigung des Abendlandes zur Weltordnungspolitik, von der Wehrkunde zur globalen Sicherheitspolitik. Pakistan, Iran-Konflikt, Cyberwar, US-Raketenabwehrschild, Klimawandel, Eurokrise, Bürgerkrieg in Syrien, Maidan-Revolution, Zukunft der EU, Brexit, Nordkoreas Atomprogramm, Nahost oder die Flüchtlingskrise standen auf der Agenda der Konferenzen der folgenden Jahre. Krisen, Konflikte und Kriege gab und gibt es rund um den Globus.
Aufgrund der Covid-19-Pandemie fand 2021 keine Präsenzkonferenz statt. Mit der MSC Special Edition 2021 gab es eine Plattform für TV-Übertragungen der 57. MSC. US-Präsident Joe Biden wurde aus Washington und Präsident Emmanuel Macron aus Paris zugeschaltet. 2022 trafen sich die Teilnehmer wieder persönlich, aber in kleinerem Kreis. Es ist weltweit das einzige Forum, bei dem sich außen- und sicherheitspolitische, zivile und militärische Experten in informellen Gesprächen austauschen können. Wolfgang Ischinger, der die MSC 2008 von Teltschick übernommen hatte, war zum letzten Mal Gastgeber. Sein Nachfolger ist Botschafter Christoph Heusgen, ehemaliger außen- und sicherheitspolitischer Berater der Bundeskanzlerin. Die Rechtsform der MSC hat sich geändert. Sie wird als Stiftung privat organisiert und finanziert, aber auch aus dem Bundeshaushalt gefördert und von verschiedenen Sponsoren unterstützt. Wie jedes Jahr wird es an den Konferenztagen Demonstrationen gegen das Treffen der „Kriegsstrategen“ geben, die die Polizei beschäftigen werden.
„Wir suchen den Silberstreif am Horizont“ war das Motto der MSC 2023. Zentrale Themen waren der Krieg in Israel und Gaza und die sogenannte russische „Spezialoperation“ gegen die Ukraine. Dieser Krieg ist ein Angriff auf die Grundprinzipien der Nachkriegsordnung. Aus Kiew war Präsident Wolodymyr Selensky zugeschaltet. Bundeskanzler Olaf Scholz: "Lieber Wolodymyr, wir hätten dich heute sehr gerne in unserer Mitte gehabt, denn die Ukraine gehört hierher, an unsere Seite, in ein freies und geeintes Europa...".
2024 wurde im Amerikahaus die Ausstellung Munich Moments zur Geschichte dieses einzigartigen Ereignisses von Weltrang gezeigt. Die Eröffnungsrede hielt UN-Generalsekretär António Guterres. Rund 50 Staats- und Regierungschefs sowie über 100 Minister aus aller Welt waren angereist. Nicht eingeladen waren Regierungsvertreter aus Russland und dem Iran. US-Vizepräsidentin Kamala Harris gab ein klares Bekenntnis zum amerikanischen Engagement in der NATO ab. Bundeskanzler Scholz und der ukrainische Präsident Selensky unterzeichneten ein bilaterales Sicherheitsabkommen. Die Nachricht vom Tod des Kremlgegners Alexei Nawalny bewegte alle Teilnehmer. Seine Frau Julia Nawalnaja rief in einer kurzen Rede zum Kampf gegen das russische Gewaltsystem unter Wladimir Putin auf.
Zur Homepage der Münchner Sicherheitskonferenz 2025
Zum download:
Multipolarization – Munich Security Report 2025
Munich Security Report 2025 - Executive Summary