Als Klaus Naumann am 1. Oktober 1991 den vierten goldenen Stern bekommt ist er der jüngste General der Bundeswehr. Mit zweiundfünfzig Jahren hat er den höchsten Dienstgrad und die Dienststellung des Generalinspekteurs der Bundeswehr erreicht. Seine Karriere verlief steil, nach dreiunddreißig Dienstjahren General zu sein, dazu gehört Tüchtigkeit und Fortune.
Naumann wird am 25. Mai 1939 in München geboren. Nach dem Abitur tritt er im Oktober 1958 in Landshut in die Bundeswehr ein. Als Batteriechef dient er im Panzerartilleriebataillon 135 in Wetzlar, dann im Stab des Artillerieregiments 7 in Dülmen.
Er absolviert, als Teilnehmer des 13. Lehrgangs, die Ausbildung für den Generalstabsdienst an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Für seine Leistungen erhält er den General-Heusinger-Preis, benannt nach dem ersten Generalinspekteur der Bundeswehr; 1971 wird er Major.
Ab 1972 wechselt er ständig zwischen Verwendungen im Ministerium und der Truppe. Als Kommandeur führt er von 1977 bis 1979 das Panzerartilleriebataillon 55 in Homberg/Efze. 1981 wird er als Oberst Dezernent für Militärpolitik und -strategie sowie Rüstungskontrolle im Stab des Deutschen Militärischen Vertreters bei der NATO in Brüssel. Der einjährige Lehrgang am Royal College of Defence Studies in London rundet die internationale Verwendung ab. Von 1984 bis 1986 führt er die Panzerbrigade 30 in Ellwangen/Jagst.
Mit der Ernennung zum Brigadegeneral übernimmt er im April 1986 die Stabsabteilung „Planung“ im Führungsstab der Streitkräfte. Nach zwei Jahren die „Militärpolitik und Operative Führung“; damit erfolgt die Ernennung zum Generalmajor.
Bei Lagevorträgen im Kanzleramt zu den Ereignissen im Ostblock fällt Naumann Bundeskanzler Helmut Kohl auf. In den Jahren vor der Wiedervereinigung ist die Meinung des politisch denkenden Generals gefragt. Die Entscheidung, dass Naumann der nächste Generalinspekteur wird geht auf den Kanzler zurück. Sie läßt keine Zeit für die Führung einer Division. Auch die Zeit als Kommandierender General des I. Korps in Münster dauert nur von April bis September 1991.
Am 1. Oktober 1991 übernimmt General Naumann von Admiral Dieter Wellershof die Amtsgeschäfte und ist damit höchster Repräsentant der Streitkräfte und militärpolitischer Berater der Bundesregierung.
In seine Amtszeit fällt der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr in Kambodscha. Nach dem Kabinettsbeschluss am 8. April 1992 nimmt im Juni das „German Hospital“ den Klinikbetrieb auf. Die Beteiligung der Bundeswehr an der UNO-Friedensmission in Somalia 1993, die Regelung der Hinterlassenschaften der NVA, der Abzug der alliierten Truppen aus Berlin und der „Westgruppe der Truppen“ aus den neuen Bundesländern vollzogen sich während seiner Zeit als Generalinspekteur. Bis 1996 steht er an der Spitze der Streitkräfte, muss Reformen einleiten und umsetzen, die aufgrund der militärpolitischen Veränderungen zwingend sind.
Die Berufung nach Brüssel als Vorsitzender des NATO-Militärausschusses ist die Krönung seiner Laufbahn. Nach Adolf Heusinger und Wolfgang Altenburg ist er der dritte Deutsche. Bis Mai 1999 steht er diesem Gremium der Generalstabschefs vor. Der Kosovokrieg fällt in seine Amtszeit. Im Kriegsverbrecherprozess gegen Slobodan Milosovic sagt er als Zeuge aus.
Nach seiner Versetzung in den Ruhestand, engagiert er sich ehrenamtlich. Er ist Verfasser und Herausgeber mehrerer Bücher, gefragter Vortragender, Publizist und Mitglied in nationalen und internationalen sicherheitspolitischen Kommissionen. Im November 2004 verleiht ihm die ungarische Miklos Zrinyi Universität in Budapest die Würde eines Ehrendoktors.
Als General im und außer Dienst hat er immer seine Meinung vertreten und wurde dafür öfter angegriffen. Geschadet hat es dem hochdekorierten Offizier nicht. Gefragt nach seinem Lebensmotto antwortete er einmal: „Kurs halten ohne starrsinnig zu beharren und durch initiatives Handeln Fortschritt erreichen“.
Klaus Nauman lebt mit seiner Frau in der Nähe von München. Sie haben einen Sohn und eine Tochter. Am Samstag, dem 25. Mai 2024, wird das Mitglied des Kuratoriums der Gesellschaft für Sicherheitspolitik 85 Jahre.