Hoffnung auf Waffenstillstand - doch wer stellt die friedenssichernden Truppen?

Hoffnung auf Waffenstillstand - doch wer stellt die friedenssichernden Truppen?

Mit der Amtseinführung von Donald J Trump als 47. Präsident der USA erhält die Diskussion über einen Waffenstillstand im Krieg Rußlands gegen die Ukraine und eine Friedenslösung neue Impulse. Nachdem Trump von dem Wahlversprechen abgerückt ist, innerhalb eines Tages nach Einzug in das Weiße Haus den Waffenstillstand erreichen zu können und hierfür nun ein Zeitfenster von sechs Monaten einräumt, können sich Europa und damit auch Deutschland detailliert Gedanken machen, wie die über 1.000 km lange Grenze zwischen den Territorien der Kriegsparteien bis zum Abschluß eines nachhaltigen und gerechten Friedens wirkungsvoll gesichert werden kann.
Bei dem TV-Format „CarenMiosgaTalk“ am 19. Januar waren Außenministerin Annalena Baerbock und der langjährige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Botschafter a. D. Wolfgang Ischinger Studiogäste sowie Kenneth Weinstein, Vorstandsmitglied des konservativen Hudson Institute und europapolitischer Berater der Trump-Administration aus Washington zugeschaltet. Während sich Baerbock und Ischinger in etwa einig waren, daß für die Sicherung eines Waffenstillstands bzw. Friedens in der Ukraine eine Truppenstärke von mindestens 40.000 bis 50.000 Soldaten nötig wären, gingen die Meinungen über deren Zusammensetzung auseinander. So vertrat Ischinger die „Stachelschweintheorie“, wonach die Ukraine militärisch so aufgerüstet werden muß, dass Russland einen abermaligen Angriff nicht riskieren kann. Einen Einsatz von Soldaten aus europäischen NATO-Staaten, darunter Deutschland, als Teil einer Friedenstruppe an der Grenze zu Rußland, wie ihn Baerbock unter Hinweis auf entsprechende, intensive Gespräche in London und Paris abermals befürwortete, bezeichnete Ischinger als unrealistisch. Putin werde dies strikt ablehnen, denn dies käme einer vorweggenommenen Einladung an die Ukraine zum NATO-Beitritt gleich. Vielmehr könne er sich vorstellen, daß Staaten wie Indien, Brasilien, Pakistan oder Indonesien als Truppensteller zu gewinnen seien. Weinstein betonte mehrmals, daß Trump den Kremlherrscher zwar nicht als Sieger aus dem Konflikt entlassen wolle, doch werde die USA in der für Europa krisenhaften Situation nur Unterstützung leisten, etwa mit der Luftwaffe oder der Aufklärung. Den Einsatz von US-Bodentruppen schloß er jedoch aus, da sein Land diese für vielfältige andere Einsätze bereithalten müsse.
Im Kontrast hierzu richtet der ukrainische Präsident Selenskiy bei seinem kürzlichen Auftritt beim World Economic Forum in Davos große Hoffnungen auf den neuen US-Präsidenten und wird in der Süddeutschen Zeitung wie folgt zitiert: „Trump wird alles daran setzen, diesen Krieg in diesem Jahr zu beenden. Wir sind jetzt Partner. Wir haben gute Beziehungen.“ Zunächst müsse „die heiße Phase“ des Krieges beendet werden, die Kämpfe müssten aufhören. Eine internationale Friedenstruppe mit mindestens 200 000 Soldaten könnte in der Ukraine stationiert werden. Dann könnte es Friedensverhandlungen geben.  
In diesem Kontext erwähnenswert ist die Äußerung von Jan van Aken, Ko-Vorsitzender der Linken und vormaliger Waffenkontrolleur im Auftrag der Vereinten Nationen anläßlich eines Interviews mit der FAZ. Hinsichtlich der Überwachung eines Waffenstillstands in der Ukraine und zu Sicherheitsgarantien antwortete er: "Dafür könnte ich mir eine Blauhelmtruppe der UN vorstellen, die zum Teil aus chinesischen Soldaten bestehen sollte – die würde Putin doch nie angreifen."
Auf die Frage des Interviewers, ob diese Truppe auch deutsche Soldaten umfassen könnte, befürwortete es dies mit der folgenden Einschränkung: "Wenn es eine klassische UN-Blauhelm-Mission ist, also neutral und unbewaffnet und mit UN-Mandat, kann man darüber nachdenken."
Anmerkung: Zwar ist in der UN-Charta von 1945 eine Bewaffnung von Blauhelm-Soldaten nicht explizit erwähnt, doch bereits bei deren ersten Einsatz in 1948 - einer Beobachtermission zur Überwachung des Waffenstillstands im Nahen Osten - trugen sie natürlich Waffen, sei es für die Selbstverteidigung oder für Notlagen. An dieser Praxis hat sich bis heute wenig geändert.
Die vorerwähnten Positionen zu einer friedenssichernden Truppe in der Ukraine geben nur einen kleinen Ausschnitt zu den aktuellen Überlegungen in der Bundesregierung, Opposition und diplomatischer Praxis wieder. Spätestens nach der Bundestagswahl und der Formierung einer neuen Bundesregierung dürfte diese Thematik in Abhängigkeit von den Fortschritten des „Deals“ zwischen dem US-Präsidenten und dem Autokraten im Kreml an Dynamik gewinnen.

 

Letzte News

Letzte News

  • 12Feb
    Sicherheitspolitische Aussagen in den Wahlprogrammen von AfD und BSW

    Alternative für Deutschland (AfD

    Die Alternative für Deutschland (AfD) hat auf ihrem 16. Bundesparteitag am 11. und 12. Januar in Riesa ihr Programm für die Bundestagswahl in einem Leitantrag formuliert. Im Kapitel „Zeit für Sicherheit“ heißt es, dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union (EU), der Verteidigungskommissar und der Europäische Auswärtige Dienst abgelehnt werden.

    Der Charta der Vereinten Nationen (VN) und dem Vertrag von Helsinki, gemeint ist…

  • 11Feb
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet Münchner Sicherheitskonferenz

    Am Freitag, dem 14. Februar, beginnt die 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Es ist die dritte seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine. Hinzu kommt, dass in den USA eine neue Regierung unter Präsident Donald Trump im Amt ist und auch die Kommission der Europäischen Union (EU) in neuer Zusammensetzung agiert. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie Minister aus aller Welt haben sich angemeldet. Unter ihnen sind US-Vizepräsident James David Vance, EU-Kommissionspräsidentin…

  • 07Feb
    Eine Orientierungshilfe der Bundeszentrale für politische Bildung

    In zwei Wochen, Sonntag, den 23. Februar, findet die vorgezogene Bundestagswahl statt. Plakate und Wahlwerbespots im Fernsehen machen es unübersehbar und allen Wahlberechtigten bewusst. Rund 59,2 Millionen Wahlberechtigte, darunter 2,3 Millionen Jungwählerinnen und Jungwähler, können ihre Erst- und Zweitstimme abgeben. Nach einer Wahlrechtsreform wird der künftige Bundestag aus 630 Abgeordneten bestehen.
    Mit der Erststimme wird ein Wahlkreiskandidat gewählt, mit der Zweitstimme die Liste einer…

  • 05Feb
    Sicherheitspolitische Aussagen in den Wahlprogrammen der Parteien

    CDU und CSU

    Die beiden Parteien CDU und CSU, künftig Union, haben eine Kurz- und eine Langfassung ihres mehr als 80 Seiten umfassenden Programms zur Bundestagswahl veröffentlicht. Ziel ihres künftigen sicherheitspolitischen Handelns ist Frieden in Sicherheit und Freiheit. "Dafür werden wir eine starke Bundeswehr aufbauen und eine allgemeine Wehrpflicht einführen. Die dem Bündnis zugesagten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als Mindestziel werden garantiert und die NATO als „unsere“…

  • 01Feb
    Bundespräsident a.D. Horst Köhler am 1. Februar 2025 verstorben

    Als Horst Köhler am 23. Mai 2004 von der Bundesversammlung im ersten Wahlgang mit 51,1 Prozent der Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt wurde, war er den meisten Mitbürgern kaum bekannt. Politik war nicht sein Metier, er arbeitete als Beamter im Hintergrund.
    Der Lebensweg von Horst Köhler beginnt am 22. Februar 1943 in Heidenstein (pol. Skierbieszow) im „Generalgouvernement“. Das liegt nördlich der Kreisstadt Samosch (Zamosc) im Distrikt Lublin. Hier wurden im Rahmen der Aktion „Heim ins Reich“…

  • 28Jan
    Sicherheitspolitische Aussagen in den Wahlprogrammen der Parteien

    Der Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Plakate und Transparente der Spitzen- und Wahlkreiskandidaten sind überall zu sehen. Öffentliche Auftritte und Haustürbesuche gehören dazu. Will man etwas über die zukünftige Sicherheitspolitik der Parteien erfahren, hilft ein Blick in deren Programme. Diese findet man alle auf der Website der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg.
     

    SPD  -  Beginnen wir mit der Kanzlerpartei. Auf dem roten Umschlag der SPD steht “MEHR FÜR DICH: BESSER FÜR…

  • 24Jan
    Hoffnung auf Waffenstillstand - doch wer stellt die friedenssichernden Truppen?

    Mit der Amtseinführung von Donald J Trump als 47. Präsident der USA erhält die Diskussion über einen Waffenstillstand im Krieg Rußlands gegen die Ukraine und eine Friedenslösung neue Impulse. Nachdem Trump von dem Wahlversprechen abgerückt ist, innerhalb eines Tages nach Einzug in das Weiße Haus den Waffenstillstand erreichen zu können und hierfür nun ein Zeitfenster von sechs Monaten einräumt, können sich Europa und damit auch Deutschland detailliert Gedanken machen, wie die über 1.000 km lange…

  • 21Jan
    Bundestagswahlen 2002 bis 2021 - 23. Februar 2025: Neuwahlen zum Bundestag

    15. Bundestagswahl am 22. September 2002
    Der Wahlabend ist spannend wie ein Krimi. Die Hochrechnungen gehen hin und her. Die Parteien liegen Kopf an Kopf, schließlich erreichen SPD und Union jeweils 38,5 Prozent der Stimmen. Da die Grünen nur auf 8,6 Prozent kommen, steht der Wahlsieger erst nach Mitternacht fest. Rot-Grün mit Bundeskanzler Gerhard Schröder kann weiter regieren. Herausforderer Schröders ist der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). Im Wahlkampf gibt es erstmals zwei…

  • 14Jan
    Bundestagsw. 1976-1998 - 1990 erstmals freie Wahlen im gesamten DEU seit 1932

    8. Bundestagswahl am 3. Oktober 1976
    Zur achten Bundestagswahl tritt der amtierende Bundeskanzler an. Bereits im Juni 1975 hatte die Union den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl als ihr neues Zugpferd nominiert. Die CSU hätte lieber Franz Josef Strauß ins Rennen geschickt. Kohl erzielt mit 48,6 Prozent das zweitbeste Unions-Ergebnis seit 1949. Da die SPD 42,6 Prozent und die FDP 7,9 Prozent der Zweitstimmen erhalten, wird das Regierungsbündnis unter Bundeskanzler Helmut…

  • 10Jan
    Erste Aktivitäten der neuen Sektion Rom

    Ein kurzer Bericht des Sektionsleiters aus der Ewigen Stadt:

    Ich freue mich sehr, dass ich in Zusammenarbeit mit dem römischen Büro der Konrad- Adenauer-Stiftung e.V. (KAS) die erste Veranstaltung der GSP in Rom anbieten konnte. Mein besonderer Dank gilt hierbei dem Vortragenden, Dr. Karl-Heinz Kamp und ebenso Dr. Nino Galetti, dem Leiter des Auslandsbüros der KAS in Italien, San Marino und beim Heiligen Stuhl.
    Dr. Kamp trug zum Thema „Wie weiter nach der US-Wahl? - Cosa succederà dopo le…

GESELLSCHAFT FÜR SICHERHEITSPOLITIK E.V.

Vereinsregister-Nr. 5684
beim Amtsgericht Bonn

KONTAKT

Hauptstadtbüro:   
Ulrich-von-Hassell-Haus, Lennéstraße 11, 10785 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 20648549
praesident©gsp-sipo.de

Geschäftsstelle Bonn:  
Wenzelgasse 42, 53111 Bonn
Tel.: +49 (0) 228 - 652556
Fax: +49 (0) 228 - 658093
geschaeftsstelle©gsp-sipo.de

GEMEINNÜTZIGKEIT

Die GSP e.V. ist  als gemeinnützig und spendenfähig anerkannt worden.
Finanzamt Bonn-Innenstadt
Steuer-Nr.:205/5764/0498, 17.10.2024

 

©  Gesellschaft für Sicherheitpolitik e.V.