Vom Sturz der Qing-Dynastie zur kommunistischen Diktatur in China (2)

Vom Sturz der Qing-Dynastie zur kommunistischen Diktatur in China (2)

Um das heutige China in seiner politischen Struktur und seinen geopolitischen Ambitionen verstehen zu können, muss man einen Blick bis zur Ausrufung der Volksrepublik durch Mao Zedong am 1. Oktober 1949 zurückwerfen

Der Streit um Korea führte 1895 zum „Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg“, den das Kaiserreich China verlor. Nach Kriegsende wurde Korea offiziell ein unabhängiger Staat und Taiwan eine Kolonie Japans. Die demütigende Niederlage führte zu Reformbestrebungen in Staat und Gesellschaft. Einer davon war der nationalistische Boxeraufstand, der sich gegen ausländische Einflussnahme richtete. So hatte sich das Kaiserreich Deutschland ein „Pachtgebiet“ in der Bucht von Kiautschou im Gelben Meer gesichert. Am 20. Juni 1900 wurde der deutsche Gesandte Clemens von Ketteler ermordet. Eine militärische Intervention mehrerer Staaten beendete den Aufstand.

Trotz aller Reformbemühungen der Qing-Dynastie kam es im Oktober 1911 zu einem Militäraufstand, der zum Sturz der Monarchie führte. Sie endete mit der Abdankung des letzten Kaisers, des sechsjährigen Aisin-Gioro Puyi, im Februar 1912 und einer provisorischen Verfassung, die China zu einer Republik nach amerikanischem Vorbild erklärte. General Yuan Shikai ernannte sich selbst zum Präsidenten, starb aber bereits am 6. Juni 1916.

In den folgenden Jahren begann eine Zeit der politischen Zersplitterung. Warlords und Generäle in den verschiedenen Landesteilen bekämpften sich gegenseitig. Die schwache Zentralregierung in Peking konnte dies nicht verhindern. Tibet und die Mongolei hatten sich bereits 1911/12 für unabhängig erklärt und verstärkten damit den Zerfall im „Reich der Mitte“. Im Ersten Weltkrieg stellte China Arbeitskräfte auf Seiten der Alliierten, etwa 90.000 Mann auf britischer und 30.000 Mann auf französischer Seite.  1917 erklärte es Deutschland und Österreich-Ungarn den Krieg, um später am Tisch der Sieger zu sitzen. Doch das nützte nichts, denn im Versailler Vertrag wurden die deutschen Sonderrechte an der Provinz Shandong nicht an China, sondern an Japan abgetreten. Shandong war für Deutschland von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Über 200 Millionen Mark wurden in Hafenanlagen investiert und private Unternehmen waren in der ganzen Provinz tätig. Erst 1922 kam sie wieder unter chinesische Kontrolle.

Um die weitere politische Entwicklung Chinas zu verstehen, ein kurzer Blick auf die sogenannte „Bewegung des 4. Mai“. 1919 versammelten sich intellektuelle und reformorientierte Studenten, um gegen die imperialistische Ausbeutung Chinas der Kolonialmäche zu protestieren. Sie forderten aber auch soziale Reformen, z.B. die Abschaffung der konfuzianischen Werte. Sie setzten sich auch mit den Lehren des Marxismus auseinander. Die Volkssprache setzte sich als Schrift- und Literatursprache durch. Dies ermöglichte die massenhafte Verbreitung politischer Ideen. Etwa zur gleichen Zeit entwickelten sich in China die beiden großen politischen Strömungen, die das Land mit seinen rund 400 Millionen Einwohnern in den folgenden Jahrzehnten prägen sollten.

1921 gründete Sun Yatsen die Kuomintang (KMT) neu. Die Partei bildete einen militärischen Arm, die Nationale Revolutionsarmee. Im selben Jahr wurde mit Unterstützung der Komintern die Kommunistische Partei Chinas gegründet. Im Januar 1925 zählte die Partei weniger als 1000 Mitglieder. Trotz ideologischer Unterschiede zwischen den Kommunisten und den rechten Militaristen der KMT kam es zu einem Zweckbündnis zwischen beiden Parteien. Viele Kommunisten traten der KMT bei, darunter auch Mao Zedong (*1883-1976). Ziel des Zweckbündnisses war die Wiedervereinigung des zerfallenen Reiches. In der Zusammenarbeit zwischen Nationalchinesen und Kommunisten kam es jedoch immer wieder zu ideologischen Auseinandersetzungen und Zusammenstößen. Nachdem Sun Yatsen, der „Vater der Nation“, 1925 gestorben war, setzte sich sein militärischer Berater Chiang Kaishek (*1887-1975) an die Spitze der KMT. Drei Jahre später, am 10. Oktober 1928, wurde er Präsident der Republik China mit Sitz in Nanjing. Diese Ernennung fiel mitten in den Bürgerkrieg. Als Parteichef der KMT spielte er in den folgenden Jahren die entscheidende Rolle in der Politik. Sein diktatorisches Gebaren und seine Machtfülle stießen bei den kommunistischen Kadern aber auf Widerstand. Die Unzufriedenheit der bäuerlichen Bevölkerung mit dem elitären Chiang Regime und der allgemeine nationale Hass auf die Japaner verschafften den Kommunisten regen Zulauf.

Der Bürgerkrieg belastete das Land noch jahrelang. Im April 1936 kam es zu Gesprächen zwischen dem „Jungen Marschall“ Zhang Xueliang (KMT) und dem Kommunisten Zhou Enlai, der 1949 erster Ministerpräsident und Außenminister der Volksrepublik wurde, um die gewaltsamen inneren Auseinandersetzungen zu beenden.  Im Dezember 1936 putschte Zhang gegen den Generalissimus. Dieser erklärte sich daraufhin bereit, mit den Kommunisten eine Einheitsfront gegen die japanische Invasion zu bilden. Bald kehrte er jedoch zu seinem antikommunistischen Kurs zurück, allerdings gegen den Willen der USA, für die China zum Verbündeten im Pazifikkrieg geworden war. Am 7. Dezember 1941 griff das Kaiserreich Japan den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor an.

Im Laufe der Jahre war die kommunistische Bewegung immer stärker geworden. Mao Zedong war zu ihrem Führer aufgestiegen. Ausgebildet als Volksschullehrer kam er in Peking in Kontakt mit kommunistischen Studentenzirkeln. Den Bürgerkrieg überlebte er, indem er die KPCh und die Rote Armee von Jiangxi in den Norden nach Shaanxi verlegte. Der später von der kommunistischen Propaganda zum Mythos verklärte „Lange Marsch“ war ein operativer Rückzug vor der nationalistischen KMT.

Nach Kriegsende 1945 widersetzte sich Chiang den Forderungen der USA, eine Einheits-regierung mit den Kommunisten zu bilden. Dies bedeutete das Ende der finanziellen und militärischen Unterstützung und damit den Niedergang der KMT. Chiang und der Rest seiner Anhänger erkannten ihre ausweglose Lage und zogen sich nach Taiwan zurück. Bis Ende 1949 flohen über eine Million Nationalchinesen dorthin. Mit dem Ausbruch des Koreakrieges am 25. Juni 1950 wurde Taiwan jedoch zum „Frontstaat“ und erhielt erneut Unterstützung von den USA, so dass Chiangs „Freies China“ überleben konnte. Auf dem Festland hatte der Revolutionär Mao Zedong sein Ziel erreicht. Seiner diktatorischen Alleinherrschaft stand nichts mehr im Wege. Am 1. Oktober 1949 wurde auf dem Platz des Himmlischen Friedens die Volksrepublik China gegründet. Am 1. Februar 1950 schlossen China und die Sowjetunion einen Freundschafts- und Beistandspakt. Rund 70 Prozent der Bevölkerung sind besitzlose Bauern, Tagelöhner oder Wanderarbeiter. Mit der „Bodenreform“ werden Landbesitzer enteignet. China war eines der ärmsten Länder der Welt, Zeit für ein neues China.  

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