Das Kommando Spezialkräfte kommt nicht aus den Schlagzeilen.

Das Kommando Spezialkräfte kommt nicht aus den Schlagzeilen.

 

Elitetruppe?

Das Kommando Spezialkräfte kommt einfach nicht aus den Schlagzeilen. In regelmäßigen Abständen kochen neue Tatsachen oder auch Mutmaßungen hoch, die dann in Parlament, Truppe und Öffentlichkeit breit und mit ehrlichem Entsetzen diskutiert werden. Die ganze Bundeswehr fühlt sich letztlich betroffen, und dies auf keineswegs angenehme Weise. Den meisten Zeitungskommentaren lässt sich jedenfalls ein – mitunter vielleicht auch leicht wohliger – Schauer der Entrüstung entnehmen. Skandale um die Bundeswehr sind ja schon immer mit besonderer Vehemenz aufgegriffen worden, und dies natürlich auch zu Recht, wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine staatstragende Säule in der Demokratie handelt. Bei Institutionen, die der staatlichen Sicherheit nach innen oder außen dienen, dürfen auch geringste Grauzonen oder Zweifel nicht hingenommen werden.

Welche Vorwürfe oder Anschuldigungen nun konkret zutreffen oder nicht, wie sie rechtlich zu bewerten sind und wer verantwortlich gemacht werden kann oder muss, das lässt sich von außen kaum seriös beurteilen. Das soll auch hier an dieser Stelle nicht geschehen.

Vielmehr lohnt es sich vielleicht, eine andere Beobachtung aufzugreifen: Der im Zusammenhang mit dem KSK immer wieder genutzte Begriff der „Elitetruppe“. Interessant ist, dass ihn fast jeder Kommentator verwendet. Der eine, weil er der Bundeswehr eher kritisch gegenübersteht und damit signalisieren möchte: Schaut her, sogar auf die sogenannte Elitetruppe ist kein politischer Verlass. Und der andere, weil das KSK für ihn als Prototyp heroischer Kompetenz gilt. Und auch im KSK selbst fühlt man sich ganz offenbar als etwas Besonderes, wenn nicht gar Besseres, verglichen mit dem „normalen“ Soldaten. Vermutlich wird das auch in der – durchaus nachvollziehbaren – Absicht geschürt, Teamgeist und Selbstbewusstsein in besonders kritischen Gefechtslagen zu stärken.

Aber trifft der Begriff „Elitetruppe“ hier wirklich zu? Ist das nicht reichlich überhöht oder gar fehlgeleitet? Sich Elite zu nennen, bedeutet doch den Anspruch zu erheben, Vorbild für andere zu sein. Ein wenig erinnert das an die Diskussion um die Tradition der Bundeswehr oder auch um bestimmte Kasernennamen. So wie dort die rein militärische Leistung nicht alleiniger Maßstab sein darf, sondern das Traditionswürdige in jeder Hinsicht über Zweifel erhaben sein muss, so lässt sich auch der Begriff „Elitetruppe“ nicht nur auf ein einziges Feld, etwa die soldatische Robustheit oder der Umgang mit der Waffe, beziehen. Nein, wer Elite sein möchte, dessen Bild muss in Streitkräften einer Demokratie rundum beispielhaft sein. Und da kommen nun mit Blick auf das KSK doch einige Zweifel auf. Und das nicht erst seit gestern.

Hier ein kleines Beispiel, um einen überzogenen Elitebegriff wieder auf seinen tatsächlichen Gehalt zurückzuführen: Lange vor Gründung des KSK galt – neben den Kampfschwimmern – die Ausbildung zum Heeresbergführer zum anspruchsvollsten, was die Truppe zu bieten hatte. Aber jetzt kommt der Unterschied: Ein Heeresbergführer wird sich selbst eher ungern als Elite bezeichnen. Er ist natürlich mächtig stolz darauf, seine so professionelle wie kameradschaftliche Hilfe anbieten zu können. Aber er würde sich in diesem Stolz niemals gegen andere abgrenzen wollen. Denn „am Berg sind alle gleich“. Welch ein Unterschied zu dem, was man bisweilen aus dem Kreis der Kommandosoldaten heraushört (auch wenn auch dieses Denken keinesfalls verallgemeinert werden darf!) oder was dem KSK von außen als Etikett angeheftet wird.

Schließlich kommt noch etwas hinzu: Wer sich Elite nennt und sich als solche fühlt, der will sich nicht nur von anderen unterscheiden, sondern tendiert auch bisweilen dazu, sich im Zweifel über allgemeingültige Regeln hinwegzusetzen. Etwas Besonderes braucht ja schließlich auch besondere Gesetze, so die vermeintliche Ratio. Wohin das führen kann, lässt sich unschwer ausmalen. Eine Armee in der Armee ist jedenfalls nicht das, was wir anstreben.

Unter dem Strich wird es daher Zeit, das Kommando Spezialkräfte wieder ein wenig zu entmystifizieren – und dies nicht nur aufgrund der jüngsten Vorfälle, die wegen ihrer öffentlichen Wirkung zum Handeln zwingen, sondern auch zum eigenen Vorteil der Truppe selbst. Das KSK deckt einen kleinen, aber eminent gewichtigen Teil der Aufgaben deutscher Streitkräfte ab. Seine Fähigkeiten sind für die Sicherheitsvorsorge Deutschlands unverzichtbar, egal ob im internationalen Kriseneinsatz oder im Rahmen der Bündnisverteidigung. Da besteht doch überhaupt keine Frage. Aber das Gleiche gilt im Heer auch für den Artilleristen, für den Logistiker, für den Fernmelder, für den Infantristen oder Pionier. Vielleicht ist an der These etwas dran: Wenn es gelingt, das Selbstverständnis innerhalb des KSK und die Erwartungen von außen wieder auf ein angemessenes Niveau zurückzuführen, fördert dies die Lösung so manchen aktuellen Problems rund um diesen Großverband.


Umfrage

Welcher der folgenden Einschätzungen treffen am ehesten zu?

  • Das KSK ist nicht mehr zu retten. Es besteht keine begründete Hoffnung, die bekanntgewordenen Schwachstellen aus eigener Kraft zu beseitigen. Es bedarf eines radikalen Neuanfangs.:
    50%
  • Die gebotene Reform lässt sich mit geeigneten ablauforganisatorischen Mitteln erfolgreich umsetzen, auch ohne das KSK im Kern infrage zu stellen. Die bereits eingeleiteten Maßnahmen haben nach wie vor eine gute Chance auf Erfolg.:
    25%
  • Die Kritik am KSK ist überhöht. Die bekanntgewordenen Vorkommnisse sind nicht tolerierbar, aber als Einzelfälle zu betrachten. Auf mittlere Sicht wird es dem KSK auch ohne drastische Maßnahmen von oben gelingen, selbst wieder für Ordnung zu sorgen.:
    25%

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Bitte einloggen um einen neuen Kommentar zu verfassen.
zum Login

Noch nicht registriert?
zur Registrierung

Neutralität oder Nato? Nordische Gedankenspiele

| von Kersten Lahl

Welch ein Wandel hat sich in Europa seit den 1990er Jahren eingestellt: Der Warschauer Pakt aufgelöst, die Sowjetunion zerfallen, Russland nahezu ohne wirklich enge Partner. Und umgekehrt: Die Nato deutlich erweitert, und das meist ausgerechnet aus dem bislang dem „Osten“ zugerechneten Lager. In mehreren Runden wurden unter anderem Tschechien, Polen und Ungarn (1999), die baltischen Staaten, die Slowakei, Bulgarien und Rumänien (2004), Kroatien und Albanien (2008), Montenegro ((2017) und zuletzt…

Die unverheilten Wunden Amerikas. Trumps Erbe und Europa.

| von Kersten Lahl

Vor genau einem Jahr blickte die ganze Welt wie gebannt auf den vorläufigen Schlusspunkt einer Tragödie für die älteste Demokratie der Welt. Von der Mär vom „gestohlenen Wahlsieg“ bis hin zur Erstürmung des Kapitols durch einen blindfanatischen Mob schien es nur ein kurzer Weg bis zum totalen Zusammenbruch parlamentarischer Grundprinzipien. Und wohlgemerkt: Es ging damals keineswegs nur um Amerika, sondern um die globale Reputation einer werte- und demokratiebasierten Ordnung.

Russlands eiskalte Wunschliste - welche Ziele verfolgt Putin in Europa?

| von Kersten Lahl

Die gegenwärtigen Dissonanzen zwischen Moskau und dem westlichen Bündnis wecken Sorgen wie seit Langem nicht mehr. Der Aufmarsch russischer Truppen im Zuge der Grenze zur Ukraine, dem weder reine Übungsnotwendigkeiten noch wirkliche Bedrohungen zugrunde liegen, führt mehr und mehr zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung über die Sicherheitsordnung in und für Europa. Das allein wäre nicht weiter problematisch – im Gegenteil, es ist eigentlich überfällig. Aber die Lage droht sich nunmehr so zu…

Corona-Impfpflicht ist sicherheitsrelevant

| von Kersten Lahl

Und schon wieder befindet sich Deutschland mitten in einer Pandemiewelle mit noch unbekanntem Scheitelpunkt. Schon heute ist sie höher als alle vorherigen. Die Kliniken mit ihrer begrenzten Zahl an Intensivbetten stehen seit Wochen am Rande der Totalauslastung, teils auch schon weit darüber. Das Wort von der „Triage“, das man eigentlich nur aus schlimmsten Kriegserfahrungen kennt und eine menschliche wie ethische Grenzerfahrung umschreibt, macht wieder die Runde.

Alle fragen sich: Wie konnte es…

Nationaler Sicherheitsrat für Deutschland?

| von Kersten Lahl

Spätestens seit Ende der 1990er Jahre wird so beständig wie erfolglos die Frage aufgeworfen, ob wir in Deutschland einen übergreifenden Nationalen Sicherheitsrat brauchen. Ein zunehmend komplexes sicherheitspolitisches Umfeld, neue strategische Herausforderungen und das Erfordernis einer engeren Verflechtung aller Akteure lassen es seither geboten erscheinen, nach überzeugenden Antworten zu suchen. Im Zuge des nun beendeten Wahlkampfes, aber auch der schmerzvollen Erfahrungen in Afghanistan kam…

Mali, Wagner und wir

| von Kersten Lahl

Der Einsatz in Afghanistan ist Vergangenheit. Nun sind die Augen des europäischen militärischen Krisenmanagements noch mehr als bisher auf Mali gerichtet. Schon seit einiger Zeit gilt der Einsatz in diesem Land als der gefährlichste aller aktuellen Missionen.

Beim Blick auf dieses krisengeschüttelte Land in der Sahel-Zone eröffnen sich beunruhigende Parallelen zum Hindukusch. Auch hier versuchen Europa und die Vereinten Nationen mittels militärischer Ausbildungsunterstützung und weiteren…

Afghanistan der Taliban - Wie sollte Europa damit umgehen?

| von Kersten Lahl

Die entscheidenden Würfel in Afghanistan sind gefallen. Die Taliban dürfen sich als Sieger ausrufen, und sie bleiben wohl auf absehbare Zeit die dominierende Kraft. Der Westen mit seinen Interessen und Wertvorstellungen ist weitgehend raus. Auch die Vereinten Nationen zählen mit ihren Zielen internationalen Friedens und humanitären Fortschritts zu den Verlierern. Und andere internationale Akteure blicken teils mit Ängsten, teils mit Schadenfreude und teils auch mit freudigen eigenen Erwartungen…

Ursachen des Versagens am Hindukusch gesucht. Finden wir wenigstens dazu die Kraft?

| von Kersten Lahl

Das unfassbare Desaster in Afghanistan hat sich eigentlich seit Monaten angedeutet. Aber mit dieser rasanten Geschwindigkeit hat bis zuletzt niemand gerechnet. Bereits eine Woche nach dem Fall von Kunduz stehen die Taliban nun auch in Kabul und haben damit endgültig die Macht am Hindukusch wieder an sich gerissen. So wie das vor 9/11 der Fall war. Vielleicht sogar mit noch schlimmeren Folgen, wer weiß?

Im Augenblick ist wenig Zeit für die Suche nach Ursachen, Versäumnissen und Schuld. Aktuell…

Sollten wir Afghanistan den Taliban überlassen?

| von Kersten Lahl

Kunduz ist seit wenigen Tagen in der Hand der Taliban. Sie haben diese Provinzhauptstadt, die über mehr als ein halbes Jahrzehnt wie wohl kein anderer Ort in Afghanistan mit dem deutschen Beitrag am Hindukusch verbunden war, offenbar erobert. Zumindest sagen das die irritierenden Schlagzeilen, die uns weitab in Europa erreichen. Wer in der ersten Phase unseres Engagements die Stadt oder das erste deutsche Feldlager mittendrin dort erlebt hat, also den Anfang der Sicherheitslage damals mit dem…

Jahrhunderthochwasser?

| von Kersten Lahl

Die schrecklichen Bilder von Mitte Juli aus den Tälern der Ahr, der Erft, der Swist und weiterer eher kleiner Flüsse wühlen auf. Fast 200 Menschen haben durch das plötzliche Hochwasser ihr Leben verloren, unzählige weitere sehen sich ihrer beruflichen und persönlichen Existenz beraubt. Die Sachschäden betragen mehrere Milliarden Euro, so viel steht wohl jetzt schon fest. Man fragt sich: Wie konnte das geschehen? Und: Handelt es sich um eines der „Jahrhundertereignisse“ – die ja dem Begriff nach…

Waffen für die Ukraine?

| von Kersten Lahl

 Das Dilemma ist altbekannt: Wie unterstützt man am wirkungsvollsten Partner, die widerrechtlich von außen bedrängt werden? Mit Geld und Diplomatie – oder besser mit Ausbildung, Waffen oder gar Truppen? Im Falle der Nato-Verbündeten stellt sich diese Frage nicht. Da zählt kaum etwas mehr als „unbedingte Solidarität“. Das ist schließlich die DNA der transatlantischen Allianz. Bei anderen Ländern allerdings bietet es sich an, genauer hinzuschauen. Dort gelten andere Regeln. In Deutschland steht…

Flucht vor der Pandemie

| von Kersten Lahl

Seit mehr als 15 Monaten beherrscht ein Virus die täglichen Schlagzeilen – und verdrängt damit die Aufmerksamkeit auf so manch anderes. Im Fokus stehen zurecht die Corona-Opfer und die verzweifelten Versuche zur Eindämmung weiterer Krankheitsfälle, aber auch die Einschränkungen im öffentlichen Leben ganz unmittelbar. Der Blick der Politik und auch der meisten Menschen ist wie selten zuvor nach innen gerichtet.

Globale Aspekte der Pandemie werden hingegen in vielen Bereichen erst nach und nach…

GESELLSCHAFT FÜR SICHERHEITSPOLITIK E.V.

Vereinsregister-Nr. 5684
beim Amtsgericht Bonn

KONTAKT

Hauptstadtbüro:              
Reichstagufer 14, 10117 Berlin  
Tel.: +49 (0) 30 20648549
praesident©gsp-sipo.de

Geschäftsstelle Bonn:  
Wenzelgasse 42, 53111 Bonn
Tel.: +49 (0) 228 - 652556
Fax: +49 (0) 228 - 658093
geschaeftsstelle©gsp-sipo.de

GEMEINNÜTZIGKEIT

Die GSP e.V. ist  als gemeinnützig und spendenfähig anerkannt worden.

 

 

 

©  Gesellschaft für Sicherheitpolitik e.V.