Ein freier, ungehinderter Austausch an Informationen zählt zu den zentralen Grundlagen offener Gesellschaften. In Krisenzeiten gilt diese Erkenntnis in besonderem Maß. Je seriöser, glaubwürdiger und umfassender der Dialog untereinander, um so höher in der Regel die Resilienz. Aber leider halten sich nicht alle Akteure immer an diese Maxime, sondern unterlaufen sie zum Zweck unterschiedlichster Interessen und Ziele.
Es lässt sich leider die These vertreten: Je schwieriger die Lage, umso mehr schlägt auch die Stunde auch von Halbwahrheiten und Fakes – sei es unbewusst oder gezielt. Auch im Schutze der Anonymität des Netzes wechseln sich dreiste Lügen munter mit populistischen und fragwürdigen „Theorien“ oder Behauptungen ab. Und das Ergebnis? Weitere Verunsicherung der Bevölkerung, verbunden mit fatalem Vertrauensverlust in das Regierungshandeln.
In der Corona-Krise sind derartige Trollaktivitäten täglich zu erleben. Das ist die Rede von vermeintlich außer Kontrolle geratenen oder gar gezielt eingesetzten biologischen Waffen, von künstlich geschürter Panikmache seitens des internationalen Finanzsystems, von einer Antwort der Natur auf die Zumutungen durch den Menschen bis hin zur Strafe Gottes, usw.
Im Bereich der Europäischen Union ist man nun einem Teil dieser Netzaktivitäten nachgegangen und glaubt dabei auch Belege für eine russische Fake-News-Kampagne zu Corona in Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich gefunden zu haben. Die heutige Frankfurter Sonntagszeitung (F.A.S.) zitiert aus einem Dokument des Europäischen Auswärtigen Dienstes, in dem von einer „signifikanten Desinformationskampagne von russischen Staatsmedien und Kreml-nahen Plattformen“ gesprochen wird.
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Das alles ist Anlass genug, das Thema auch hier bei uns mit Blick auf seine sicherheitspolitische Relevanz breit zu diskutieren. Was sind mögliche (staatliche oder nicht-staatliche) Motive der Trolle? Wie begegnet man Fake News oder Trollstrategien am wirkungsvollsten? Und dabei auch: Wie schafft man generell den Spagat in der aktuellen Lage, einerseits seriös der Bevölkerung den Ernst der Lage zu vermitteln, andererseits aber auch unangemessene Panik zu verhindern?
PS: Die Diskussionen hier in diesem Blog sollen bewusst allen offenstehen. Man muss keineswegs über ausgewiesenes Expertenwissen verfügen, um sich hier verdienstvoll einzubringen. Daher spricht überhaupt nichts dagegen, falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch sehr kurze Kommentare oder nur den einen oder anderen Gedankensplitter bevorzugen. Alles ist willkommen – Hauptsache, es dient einem lebhaften Meinungsaustausch. Es geht um nichts anderes, als Ihnen allen, wenn sie an einem breiten sicherheitspolitischen Dialog interessiert sind, eine Plattform zu bieten! (Und auch die einleitenden Blogimpulse werden daher nun teils etwas kürzer gefasst.)
Kommentare (17)
Wie aber auch immer die Motivation aussieht, verhindern lässt sich der Versuch der Einflussnahme im Internet durch Trolle nicht – der Preis, der dafür in den Einschränkungen der Freiheiten des Internets bezahlt werden müsste, ist zu hoch. Es gilt also, den Störfaktor „auszuhalten“ bzw. die Bevölkerung dagegen zu immunisieren, damit Fake News nicht weiterverbreitet werden. Das erste Schlagwort, das dabei immer fällt, ist das der Bildung, ich würde aber im Sinne Kants eher für Aufklärung plädieren, und zwar in der Befähigung zum kritischen Denken. Es geht also m.E. weniger um das konkrete Wissen, dass etwas falsch oder richtig, wahr oder unwahr ist, sondern um das Handwerkszeug, das dem Einzelnen ermöglicht, neue Informationen in glaubhaft oder unglaubhaft einzuordnen. Zu diesem Handwerkszeug gehören Einschätzung von Quellen, rhetorische Analyse, Hinterfragen von Argumentationssträngen, Logik, Hermeneutik und Verstand. Richtig gut gemachte Fake News sind damit auch nicht sicher zu entlarven, aber einem Großteil der im Netz herumschwirrenden Trollversuche ist damit beizukommen.
Ich finde Ihre Argumentation sehr überzeugend und im Kern absolut zutreffend. Dennoch würde ich da gern noch mal in zwei Punkten nachhaken. Erstens frage ich mich, ob das von Ihnen völlig zu Recht angemahnte „Handwerkszeug“ (Einschätzung von Quellen, rhetorische Analyse, Hinterfragen von Argumentationssträngen, Logik, Hermeneutik und Verstand) wirklich wünschenswert breit in der Bevölkerung vorhanden sein oder so erworben werden kann, dass eine Art Massenimmunität erreicht wird. Das Problem der Gerüchte und Fake News liegt ja darin, dass nicht unter den Fachleuten, sondern in der allgemeinen Öffentlichkeit gezielte Stimmungsmache mit dort teils fatalen Auswirkungen betrieben wird. Und diese Erkenntnis führt dann zum zweiten Punkt: Wenn die taktisch kluge Antwort heißt „Don’t feed the troll!“, dann müssten diejenigen, die falsche oder halbwahre Thesen kraft ihrer Expertise oder Autorität öffentlich glaubhaft zurechtrücken könnten, sich des Versuches einer Klarstellung wohl besser enthalten. Beide Punkte zusammen ergeben ein Dilemma, zu dessen Lösung eine schlüssige Strategie zu finden schwerfällt. Oder sehe ich das zu schwarz?
Je öfters man die fake News kommentiert oder richtig stellen will schwemmen sie nach oben und erreichen somit eine höhere und längere Präsenz und dadurch Reichweite im Netz.
Schwierig ist es natürlich zu erkennen ob etwas fake ist oder gut recherchiert. Aber da schließ ich mich meiner Vorrednerin an. Bezugsquellen einschätzen. Meiner Meinung nach ist die Strategie bei fragwürdigen Artikeln im Netz und vor allem im sozial media Bereich dieselbe wie bei Corona: nicht weiter verbreiten und dadurch die Infektionskette unterbrechen. Falsche oder halbwahre Thesen sollte man so hinnehmen und aushungern. Dann verschwinden sie schnell wieder im großen, weiten Internet. "Don't feed the troll" Auch wenn es schwer fällt.
Das ist in Krisenzeiten leichter gesagt, als getan. Obwohl wir es bei der aktuellen Pandemie nicht mit einem Krieg zu tun haben, wie sich der französische Präsident Macron kürzlich geäußert hat, ist die Verunsicherung weiter Teile der Bevölkerung vorhanden, wie sie auch in einem Krieg festzustellen, wo ein Großteil der Nachrichten sich widersprechen oder schlichtweg falsch ist, wie bereits Clausewitz in seinem Buch „Vom Kriege“ feststellt. Die Furchtsamkeit der Menschen wird zur neuen Kraft der Lüge und Unwahrheit. Clausewitz weiter:“ In der Regel ist jeder geneigt. Das Schlimme eher zu glauben als das Gute; jeder ist geneigt, das Schlimme etwas zu vergrößern“.
Noch wissen wir nicht mit Sicherheit, wer die Urheber der fake-news sind.
Auf alle Fälle sollte jetzt eine offene und ehrliche Informationspolitik der Staatsorgane und Behörden Platz greifen.
Dem Bürger sei empfohlen, vor allem den gesunden Menschenverstand walten zu lassen, ruhig Blut bewahren und sich aus (mehreren) seriösen Quellen zu informieren.
Wenn das so ist , sollte dringend das Volk informiert werden ! Wieso und warum . Tritt jetzt der Bündnisfall ein . Gibt es hier ein Zusammenhang zum Militärmanöver der Nato mit 28000 US Soldaten an der Russischen Grenze ?
mfg
Heinz Gluth
Fahren die Defende 2020 Soldaten wirklich alle in Ihre Heimat zurück ? Die Verbreitung von COVID-19 wurde dann ja perfekt durchgeführt . Wo finden die Tests statt und was ist mit den Grenzkontollen .
Herr Genaral a.D.Kersten Lahl ,das wären doch paar Informationen in Sachen Frieden und Sicherheit wert .
BITTE kurz und präzise Antworten .
Danke .
H. Gluth
Hier die gewünschte kurze Antwort: Die Übung Defender-Europe 20 wurde vorzeitig eingestellt. Dies aus Gründen der Verantwortung für die Gesundheit von Soldaten und Zivilbevölkerung. Ein völlig richtiger Entschluss. Für weitere Einzelheiten empfehle ich unter anderem die Lektüre der Webseite des BMVg oder auch unserer eigenen GSP-Startseite, aber auch einen Blick in jede deutsche Tagespresse. Dort finden Sie mit etwas Geduld alle Informationen, die Sie wünschen.
Mit diesem Blog hier bezwecken wir keine Nachrichtenbörse, sondern ein Forum für eine breite, offene und zugleich natürlich auch seriöse Diskussion.
Nicht klar ist mir in diesem Zusammenhang, was Sie mit dem Satz ausdrücken wollen: „Die Verbreitung von COVID-19 wurde dann ja perfekt durchgeführt.“ Es sei denn, Sie möchten damit indirekt ausdrücken, wie vorsichtig man gegenüber gezielten Gerüchten und Fake News umgehen sollte – und seien sie auch noch so abwegig.
Vielen herzlichen Dank für dieses Beispiel. Es demonstriert auf wunderbare Weise, wie richtig unsere Mitkommentatorin @ Hanna Aschberg-Last mit Ihrer Auffassung liegt, wenn sie als Handwerkszeug zur richtigen Einordnung von Gerüchten, Halbwahrheiten und Fakes fordert: Einschätzung von Quellen, rhetorische Analyse, Hinterfragen von Argumentationssträngen, Logik, Hermeneutik und Verstand. Es lohnt, sich daran zu orientieren!
So leichtfertig kann keiner mit der Gesundheit unserer Soldaten umgehen . Wäre nett wenn sie die Russischen Militärflugzeuge in Italien kommentieren würden . In den Nachrichten habe ich heute nur von der Hilfe der Uniklinik in Leipzig ( Ost-Deutschland ) gehört . mfg H. Gluth
der Präsident der RF Putin hat , ach ja seine Trulle ausgesendet. In der EU glaubt man Belege gefunden zu haben wer falsche Nachrichten verstreut. Glaubt man oder weis man?
Eine seriöse Berichterstattung in unseren Medien wäre da schon nützlich. Ich kenne noch die Berichterstattungen aus der Zeit des Kalten Krieges, da hat sich wenig geändert, schade.
gerade in dieser Zeit , wo das sterben leider erst begonnen hat ,so hart es auch klingt ,müssen wir uns jetzt doch endlich zusammenfinden . Die vielen ,illegalen Kriege ,wo leider auch deutsche Soldaten beteiligt waren treten bei der jetzigen Kriese fast in die Bedeutungslosigkeit . Den Begriff der illegalen Kriege wird von der UNO und von dem UNO -Sicherheitsrat definiert .
Wenn wir jetzt nicht endlich unsere Feindbilder verbrennen ,werden wir in diesen Zeiten ( und danach ) ein sehr schweres Leben haben . Russen ,Chinesen und Cubaner helfen Italien und was sagen die deutschen Medien dazu ?? Es tut schon weh , so etwas erleben zu müssen . Dein Freund ,erkennst Du in der Not !
In der heutigen SZ findet sich dazu eine Recherche, die geradezu gruselig anmutet. Es geht unter dem Titel „Chronik einer Vertuschung“ um den Umgang Chinas mit dem neuartigen Corona-Virus seit dem „Patienten Null“ gegen Mitte November des vergangenen Jahres. Die Spannbreite des Berichts: Vom Löschen aller Beiträge zum Thema Ausbruch der Krankheit in den sozialen Medien bis hin zur Verhaftung der Ärzte, die vor der Epidemie warnen wollten (darunter auch der später an dem Virus verstorbene Arzt Li Wenliang). Noch im Januar – also rund 6 Wochen (!) nach Ausbruch der Krankheit in Wuhan – wurde in China offiziell und gegen besseres Wissen betont, es gebe keine klaren Beweise für eine Übertragbarkeit des Virus von Mensch zu Mensch. Zugleich teilten die chinesischen Gesundheitsbehörden mit, es habe seit dem 3. Januar keine neuen Fälle gegeben und medizinisches Personal sei nicht infiziert – was sich im Nachhinein als Verfälschung der Lage dargestellt hat, weil die Krankenhäuser angewiesen wurden, keine Fälle zu melden, und weil Krankenakten von Covid-19-Patienten nachweislich manipuliert wurden.
Aber das nur ein kleiner Ausschnitt aus der investigativen, sehr lesenswerten Recherche der SZ, die zeigt, zu welchen medialen Strategien autoritäre Regime fähig sind. Umso mehr fragt man sich jetzt natürlich: Was alles hätte weltweit vermieden werden können, wenn die chinesischen Behörden von Anfang an offen und verantwortungsvoll mit dem Ausbruch der Krankheit umgegangen wären?
Zu Ihrer gefälligen Kenntnis: SZ heißt Süddeutsche Zeitung. Das ist eine der beiden größten überregionalen Tageszeitungen Deutschlands.
Ansonsten stelle ich mit dem Verweis auf den nun wirklich lesenswerten Artikel nur die These zur Diskussion: Die Informationspolitik – oder oft besser gesagt: die Desinformationspolitik – autoritärer Regime dient nicht der Sicherheit der Bürger, sondern stellt im Gegenteil gerade in Krisen wie der aktuellen eine enorme Gefahr dar. In diesem Fall nicht nur für das chinesische Volk, sondern für die ganze Welt. Und diese These verdient auch jenseits aller Bemühungen, sich im Nachgang als Retter und Helfer zu präsentieren, eine vertiefende Erörterung. Punkt.
Noch eine letzte Bemerkung: Als (übrigens ehrenamtliche) Blogbetreiber in der GSP wissen wir sehr wohl, dass man Trolle eigentlich nicht füttern soll. Strapazieren Sie also bitte unsere Geduld nicht übermäßig. Sie werden keinen Erfolg haben, falls Sie versuchen, unser Diskussionsforum gezielt zu missbrauchen.