Reden ist Silber, aber ist Handeln immer Gold?

Reden ist Silber, aber ist Handeln immer Gold?

Die Straße von Hormus und die deutsche Sicherheitspolitik.

Der offen oder verdeckt an Deutschland gerichtete Vorwurf ist nicht neu: „Wenn es um robustes Handeln geht, dann sagt ihr immer reflexartig nein. Damit werdet ihr eurer internationalen Verantwortung nicht gerecht.“ Jetzt droht diese durchaus kühne, nur teilweise zutreffende, aber doch irgendwie nicht ganz von der Hand zu weisende Unterstellung neue Nahrung zu erhalten. Denn in der Golfregion und speziell in der Straße von Hormus wachsen die Risiken eines größer angelegten militärischen Konflikts. Und dummerweise verbinden sich damit nun Erwartungen einiger unserer Partner an einen deutschen militärischen Beitrag zur Stabilisierung der Lage.

Aktuell geht es um die Frage, ob angesichts jüngster iranischer Provokationen eine europäisch geführte Mission zum Schutz von Handelsschiffen aufgestellt werden und sich die deutsche Marine daran beteiligen sollte. Vor allem unsere britischen (!) Partner verfolgen diesen Ansatz – dabei übrigens in betonter Abgrenzung von ähnlichen Planungen der USA. Damit gerät die deutsche Sicherheitspolitik erneut in einen unbequemen Zugzwang, sich klar und glaubwürdig zu positionieren.

An dieser Stelle darf man sich gerne das aktuell gültige Weißbuch (2016) in Erinnerung rufen: Es fordert fünf „strategische Prioritäten“ Deutschlands, darunter „sich für die ungehinderte Nutzung der Land-, Luft- und Seeverbindungen“ einzusetzen. Und auch die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat in ihrer Rede unmittelbar nach ihrer Vereidigung eine direkte Linie gezogen: Sie sprach von erheblichen Risiken in einer Welt im Wandel, bezeichnete dabei die Bundeswehr als eines der zentralen sicherheitspolitischen Instrumente und zog im selben Atemzug eine Verbindung zu der jüngsten Entwicklung in der Straße von Hormus. Bemerkenswert.

Aber was heißt das alles nun konkret? Zwingen die wohlklingenden Reden auch zum konsequenten Handeln, hier zur deutschen Bereitschaft, das Recht auf ungehinderten Seehandel notfalls auch mit robusten Mitteln in der Straße von Hormus durchzusetzen und damit unseren vitalen Sicherheitsinteressen zu dienen? Das klingt zunächst einleuchtend. Schließlich passiert rund ein Drittel des weltweiten Öltransports diese Meerenge, was für die gesamte Weltwirtschaft und speziell für ein vom Export so abhängiges Land wie Deutschland zweifellos bedrohliche Risiken birgt. Da können wir schlecht abseits stehen.

Oder liegen die Dinge in der Praxis doch nicht ganz so einfach? Auch für letztere These spricht einiges. Dazu nur ein paar Stichworte: Könnte Europa in eine Eskalationsspirale im brandgefährlichen Konflikt vor Ort hineingezogen werden? Werden wir entgegen unserer Überzeugungen zu einem Erfüllungsgehilfen für Präsident Trump, dessen Strategie des maximalen Drucks gegenüber Iran wir so nicht mittragen wollen? Wie ist die völker- und verfassungsrechtliche Lage eines Einsatzes deutscher Soldaten in einer solchen Mission zu bewerten? Reichen die Kräfte der deutschen Marine überhaupt hin, um einen wirkungsvollen Beitrag in dieser fernabgelegenen Region zu leisten? Sollte man vielleicht besser – wenn überhaupt – die eigenen Anstrengungen darauf beschränken, ein valides Lagebild vor Ort zu verbessern? Aber was passiert, wenn dieses Lagebild einen klaren Bruch des internationalen Rechts durch regionale Akteure nachweisen sollte? Schauen wir dann zähneknirschend zu und demonstrieren Ohnmacht? Und schließlich andererseits: Wäre es angesichts des Brexits nicht generell willkommen, die robuste Handlungsfähigkeit Europas unter Beweis zu stellen? Usw. usw.

Die hochaktuelle Option eines europäisch geführten Einsatzes in der Straße von Hormus verlangt zweifellos eine breite Debatte – auch weit über den konkreten Fall hinaus und besonders in Deutschland. Verkürzt gesagt: Was ist sinnvoll, was glaubwürdig, was zulässig, was möglich?

Hier im Blog bieten wir Ihnen allen die Möglichkeit, sich mit kurzen Kommentaren zu beteiligen. Und bitte nicht vergessen: Es gibt nur selten ein richtig oder falsch, sondern nur die Wahl zwischen mehr oder weniger überzeugenden Argumenten.

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