Erfolg oder Misserfolg von internationalen Interventionen. Innovative Messmethoden und Fallstudien.

Wann war eine Mission erfolgreich oder ein Fehlschlag? Messung von Erfolgen des internationalen Krisen- und Konfliktmanagement Rezension von Peter E. Uhde

Internationales Krisen- und Konfliktmanagement (IKKM) ist seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein politisches Dauerthema. Das Werk: „Erfolg oder Misserfolg von internationalen Interventionen“ handelt davon. Dieser problematischen Fragestellung hat sich das Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (IFK) der Landesverteidigungsakademie, Wien, angenommen. Dessen Forschungsergebnisse stellt es mit dieser Publikation der Öffentlichkeit vor. Der Untertitel „Innovative Messmethoden und Fallstudien“ weist auf den Inhalt hin. Im Vorwort erläutert Brigadier Walter Feichtinger, Leiter des IFK, wie mit zwei methodischen Ansätzen, versucht wird, erstens „die Erfolgschancen einer Intervention analytisch darzulegen“ und zweitens, die „Auswirkungen auf die wesentlichen Sicherheitsorganisationen, wie etwa die Vereinten Nationen, den Nordatlantik-Pakt oder die Europäische Union und die teilnehmenden Staaten samt deren Instrumenten - wie z. B. die Streitkräfte“ zu erfassen.“ Die Ergebnisse dieser und noch anderer Fragestellungen haben die Forscher des IKF in das von ihnen erarbeitete Instrumentarium an Fallbeispielen umgesetzt. Zwölf relevante Konfliktszenarien, auf sie wird noch eingegangen, wurden dafür ausgewählt. Die Frage lautet, was in einer Konfliktberuhigung/-lösung und Stärkung des internationalen Friedens als „erfolgreich“ zu bewerten ist. Mit dem Analyse-Tool wird Analytikern und Entscheidungsträgern die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen des IKKM, sachkundiger und effizienter tätig zu werden.

Definitionen von unterschiedlichsten Konflikten

In der Einführung beschreiben die beiden Autoren Sebastian Holler und Predag Jurkovic die Impact-Analyse. Sie definieren diese als „Eine Annäherung an die Problematik der `Erfolgsmessung` im IKKM.“ Neben der Projektidee und deren Ziel, der internationalen Bedeutung der „Erfolgsmessung“ im IKKM und Beispielen dazu, wird auch auf die Forschungslandschaft eingegangen. Der zeitliche Aufwand für die Toolgenerierung, die Methodik und damit verbundene Herausforderungen zogen sich über zweieinhalb Jahre hin. Schließlich wurden zwölf Konfliktszenarien festgelegt. Das sind: 1. Konflikt im Kontext einer regionalen Hegemonialmacht, 2. Ein diktatorisches oder autoritäres Regime verletzt internationale Normen, 3. Aktivitäten von terroristischen Vereinigungen, 4. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung durch ein diktatorisches Regime, 5. Gewaltsamer Konflikt zwischen Bevölkerungsgruppen in einem Staat, 6. Gewaltsamer Konflikt zwischen Parteien mit Staatszerfall, 7. Gewaltsamer Konflikt zwischen Parteien in einem Nachbarstaat mit Spill-Over-Gefahr, 8. Postkriegssituation, 9. Gewaltsamer Minderheitenkonflikt, 10. Gewaltsamer Konflikt zwischen zwei oder mehreren Staaten, 11. Humanitäre Katastrophe mit sicherheitspolitischen Folgen, 12. Aktivitäten von organisierten kriminellen Gruppen. Es fällt auf, dass „hybride Bedrohungen“ nicht aufgeführt sind. Das wird damit begründet, dass diese nicht im „Zentrum internationaler Maßnahmen zur Friedensunterstützung stehen“.

Georgien: Beispiel für einen Fehlschlag

Bevor der umfangreichste Teil des Buches, die einzelnen Fallstudien folgen, werden noch die Schlüsselbegriffe: Dimension, Kategorie und Indikator erläutert. Als Beispiel zu Szenario 1 wird in der Einführung die Lage wie folgt geschildert: „Im Umfeld eines regionalen Hegemons gibt es gewaltsame Entwicklungen. Der Hegemon unterstützt eine Konfliktpartei und das internationale Krisen- und Konfliktmanagement kann nur eingeschränkt stattfinden, und zwar hauptsächlich in jenen Bereichen, in denen es vom Hegemon und der von ihm unterstützten Konfliktpartei zugelassen wird.“ Als Beispiele für solche politischen Gegebenheiten sind angeführt: Bergkarabach, Südossetien und Abchasien, Ostukraine und Transnistrien. Als konkrete Fallstudie zu diesem Szenario ist „Die OSZE-Mission in Georgien“ gewählt worden. Einer Vorbemerkung folgt die Konfliktbeschreibung, der Einfluss der Mission auf die Konfliktentwicklung und auf die OSZE, in diesem Fall die Beteiligung Österreichs und schließlich wird ein Fazit gezogen. Das Scheitern der Mission wird auf geopolitische Faktoren zurückgeführt. Die Georgien in Aussicht gestellte NATO-Mitgliedschaft und nicht umgesetzte war sicher mit ein Grund.

Die Nachwehen wirken bis heute

Ein ganz anders gelagertes Fallbespiel soll hier noch erwähnt werden. Es geht um eine humanitäre Katastrophe mit sicherheitspolitischen Folgen. Konkret um den Einsatz der Stabilisierungsmission MINUSTAH (United Nations Stabilisation Mission in Haiti) nach dem Erdbeben in Haiti 2010 unter besonderer Berücksichtigung Kanadas.  Gerade in den letzten Tagen haben mehrere Berichte in den Medien an diese Katastrophe erinnert. Das Beben mit der Stärke 7 auf der Richterskala führte zur Vertreibung von circa 1,3 Millionen Menschen und tötete etwa 230.000 Personen. Die Autoren analysieren die Katastrophe, ergänzen das mit 95 Fußnoten und fast sechs Seiten Literatur- und Quellenverzeichnis. War diese Mission der Vereinten Nationen ein Erfolg oder Misserfolg, bleibt die Frage? Die Antwort: „Neben kurzfristig wirkenden Erfolgen blieben langfristige Ziele bis zur Einstellung von MINUSTAH 2017 unerreicht.“ Angemerkt wird auch, dass sich die Reputation der Vereinten Nationen bei der einheimischen Bevölkerung, aufgrund von Skandalen des eingesetzten Hilfspersonals Zivilsten und Militär, verschlechterte.  Zusammenfassend ist die Leistung des Instituts für Friedensicherung und Konfliktmanagement und der Autorenschaft, deren Vita im Annex erscheint, an dem Werk anzuerkennen. Sie haben sich auf ein wissenschaftliches Versuchsfeld gewagt, das noch nicht erschöpfend erforscht ist und wohl aufgrund komplexer Situationslagen auch nie vollständig werden kann. „Wir stellen dieses Werk allen Interessierten, Beratern, Analytikern, Forschern und Wissbegierigen zur persönlichen Verwendung zur Verfügung“, heißt es im Vorwort. Es ist ein gelungenes Fachbuch für Entscheider, die mit Konfliktmanagement zu tun haben. Bei konfliktscheuen Leser wird es wohl kaum Erfolg haben.

Jurekovic, Predrag u. Feichtinger, Walter (Hrsg.): Erfolg oder Misserfolg von internationalen Interventionen. Innovative Messmethoden und Fallstudien. Schriftenreihe der Landesverteidigungsakademie, Wien, Juni 1919, 518 S. Die Publikation ist über das Institut für Friedensicherung und Konfliktmanagement, Stiftsgasse 2a, 1070 Wien, zu beziehen.

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