Die imperialistische Machtpolitik ist zurück Rezension von Peter E. Uhde
Sind der Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 und die Massaker der Hamas gegen Israelis am 7. Oktober 2023 Vorboten weiterer militärischer Auseinandersetzungen? „Kommt bald der noch größere Krieg“, fragen die beiden Autoren Braml und Burrows in: „Die Traumwandler. Wie China und die USA in einen neuen Weltkrieg schlittern.“ Bei dieser Frage geht es um eine mögliche Auseinandersetzung zwischen den Großmächten China und USA. Der mögliche Grund eines Krieges wäre die Republik China, besser bekannt als Taiwan. Wie kann der gewaltsame Anspruch Chinas auf die Insel Taiwan verhindert werden? Schutzmacht sind die USA. Ein Krieg um Taiwan wäre der dritte Weltkrieg. Mit ihrem Werk „Die Traumwandler“ wollen die beiden Kenner der amerikanischen Verhältnisse aufzeigen, wie die politischen Führungen dieser Welt nicht traumwandlerisch in eine Katastrophe schlittern. Im Prinzip geht es dann aber nur, wie der Untertitel aussagt, um die Führung der USA und China. Die Autoren widmen es etwas pathetisch „Den Friedensstiftern dieser Welt“, wen auch immer sie damit meinen. Aus den Erfahrungen der Geschichte zu lernen, keine „Schlafwandler“ zu sein, darauf verweisen sie immer wieder.
Beginnend mit einem Prolog folgt eine Einführung in die Risiken des „Traumwandelns“. Die Augen dürfen nicht vor den politischen Realitäten verschlossen werden. Machtpolitik ist in das Tagesgeschehen zurückgekehrt. Die erhoffte Friedensdividende durch „Wandel durch Handel“ ist nicht ausgeschüttet worden. Die COVID-19-Krise hat die Rivalität zwischen den Vereinigten und China verschärft. Mit aggressiver Außenpolitik versucht China von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken. Die amerikanische Administration unter Präsident Joe Biden will verhindern, dass China zur Führungsmacht wird und dadurch die USA ihren verlieren.
Vier Kapitel mit den jeweiligen Überschriften: Erstens: Das schlechte Szenario - die neue Bipolarität ist bereits da, Zweitens: Das hässliche Szenario – ein dritter Weltkrieg, Drittens: Das gute Szenario - Katalysatoren für eine Kooperation und Viertens: Wie ein dritter Weltkrieg vermieden werden kann, bilden den Hauptteil des 200 Seiten umfassenden Werks.
Im ersten geht es hauptsächlich um das Verhältnis zwischen den beiden Systemrivalen. Die Absicht des chinesischen Führers Xi Jinpings mit der „Wiedervereinigung“ des Festlands und Taiwans in die Geschichte einzugehen ist bekannt. In den letzten Jahren hat Chinas wirtschaftliche Entwicklung zu massiven Verstärkungen seiner Armee, vor allem der Seestreitkräfte geführt.
Viele ehemalige Partner der USA bedienen sich heute sowohl Amerika als auch China. Eine „neue globale Realität“ hat sich etabliert und schränkt Washingtons Einfluss ein. Bis 2000 standen die USA an erster Stelle des Welthandelns, inzwischen hat China in 128 von 190 Ländern die Spitzenposition eingenommen. Damit hat es weltweit die einstmals führende Rolle der USA und auch Europa abgehängt. Im März 2003 vermittelte China die Annäherung Saudi-Arabiens und Iran, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch im Nahen Osten versucht China mehr wirtschaftlichen und diplomatischen Einfluss zu erlangen. Insgesamt wächst die Anhängigkeit ehemals westlich orientierter Länder gegenüber China. Der Einfluss der USA wird geringer. Wie wird sich die Europäische Union gegenüber China positionieren? Wird sie mit einer Stimme sprechen oder wird es Abweichler geben?
Im Kalten Krieg war der Schulterschluss mit den USA selbstverständlich. Ein neuer Kalter Krieg mit China hätte eine ganz andere Dimension. Die Sowjetunion war nie eine globale Wirtschaftsmacht, wie es China ist. „Für den Westen würde ein Kalter Krieg eine wirtschaftliche Katastrophe darstellen“, meinen die Autoren. Die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer würde diese um Jahre zurückwerfen. Die Machtverschiebungen haben die Welt nicht sicherer gemacht „Wenn die Vereinigten Staaten einen umfassenden Krieg mit China wollen, gibt es kein besseres Thema als Taiwan, um einen solchen zu beginnen“, ist zu lesen, eine gewagte Behauptung.
Im zweiten findet man Aussagen: „So wie der Spanische Bürgerkrieg als Generalprobe für den zweiten Weltkrieg galt, wird der Ukraine-Krieg zunehmend als Aufwärmphase für eine viel größere Auseinandersetzung gesehen.“ Das sind düstere Aussichten, bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht eintreten.
Hoffnungsvoller wird es dann im dritten Teil. Äußerungen von Xi Jinping können als Versuch ausgelegt werden, sich als Friedensstifter Ukraine-Krieg einzubringen. Auch in der Klimapolitik gibt es Ansätze, dass China und die USA den Klimawandel als gemeinsamen Feind betrachten und ihn bekämpfen wollen. Nach allem vorher gesagten, geht es weiter um die dringliche Lösung des Ukrainekriegs, Bekämpfung des Klimawandels, Stärkung des Westens, Stabilisierung der Weltwirtschaft und die Ordnung der Finanzwirtschaft.
Im umfangreichen vierten Kapitel geht es um Russlands Krieg gegen die Ukraine. „Die Ukraine kann die größte Atommacht der Welt nicht militärisch vernichten“, das bedeutet, irgendwie zu einer Pattsituation zukommen, damit die Waffen schweigen, um in einen Dialog einzutreten. Krieg ist schlecht für den Kampf gegen den Klimawandel, da er auch die Energiepolitik „auf den Kopf gestellt hat.“ Eine nachhaltige und kooperative Wirtschaftsordnung ist dringend nötig. Die Autoren meinen, „die Periode der hochintensiven Globalisierung ist abgeklungen.“ Das bedeutet, das makroökonomische Ungleichgewichte zu verringern sind. Für Europa bedeutet das, den Wirtschafts- und Währungsraum zu stärken. Die Autoren raten dringend davor, „die gleichen Fehler zu wiederholen.“ Auf den Politikfeldern Sicherheit, Klima, Migration, Finanzen sind die Herausforderungen besonders groß. Über sie wird in der Gesellschaft zu wenig diskutiert. Wer das empfehlenswerte Buch gelesen hat, kann ist in der Lage kenntnisreicher mit Fakten umgehen und diese im Dialog anwenden.
Josef Braml und Mathew Burrows: Die Traumwandler. Wie China und die USA in einen neuen Weltkrieg schlittern. C.H.Beck, München 2023, ISBN: 978340680190, 18,00 Euro.