Sektion Bonn
"Staatsbürger in Uniform - Ein Prinzip und der Einzelfall: General a. D. Dr. Günter Kießling".
Minister contra General – Wörner gegen Kießling
Nachbericht zum Vortrag „Die Innere Führung – ein Prinzip und der Einzelfall: Der Fall General a.D. Dr. Günter Kießling“
Herr Oberstleutnant Dr. Heiner Möllers, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, trug im Rahmen einer Live ZOOM-Videoübertragung und Präsenzveranstaltung zum Thema „Die Innere Führung – ein Prinzip und der Einzelfall: der Fall General a.D. Dr. Günter Kießling“ vor.
Dr. Möllers gab zunächst einen kurzen Zeitablauf der damaligen Geschehnisse von den ersten Gerüchten im Jahr 1981/82 über eine angebliche Homosexualität von General Kießling hin zur Rehabilitierung im Jahre 1984. Hierbei betonte er die schlampigen Ermittlungen, die Entlassung des Generals ohne rechtliches Gehör und insgesamt einen Kontrollverlust im BMVg. Letztlich wurde der Verteidigungsminister vom Bundeskanzler übersteuert und General Kießling formal rehabilitiert. Dabei hob er hervor, dass eine Entlassung von Generalen auch ohne Angabe von Gründen in der Vergangenheit nicht unüblich gewesen war.
Nach einem Exkurs zum Kern der Inneren Führung wandte sich der Vortragende dem Verhalten der Akteure in der Krise zu. Er beschreibt die Anstrengungen von General Kießling die gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch ein selbst initiiertes Disziplinarverfahren zu entkräften. Er wurde jedoch nie im Verfahren gehört.
Der Fall Kießling beschäftigte auch die Medien über Wochen. Auch hier ging Dr. Möllers auf die Berichterstattung und den Stimmungswandel der Presse zugunsten General Kießlings im Laufe der Affäre ein, da der Verteidigungsminister keine Beweise für seine Anschuldigungen vorbringen konnte. Der Referent stellte klar, dass der Skandal kein mediengemachter, sondern ein Skandal im BMVg gewesen sei.
Intensiv beschäftigte sich Dr. Möllers mit der Rolle des Verteidigungsministers Dr. Wörner bzw. der Rolle seines Staatssekretärs und setzte sich mit der Frage auseinander, wer denn das BMVg geführt habe.
Aber auch an den damals verantwortlichen führenden Militärs und ehemaligen Kameraden lies der Vortragende kein gutes Haar. Keiner setzte sich für General Kießling ein. Alle gingen auf Distanz.
Dieses leitete über zu Gedanken hinsichtlich des Verhaltens eines Soldaten in und außer Dienst und der Frage, ob General a.D. Dr. Kießling das Handeln des Verteidigungsministers widerspruchslos hinnehmen musste: Wie weit geht Loyalität.
Zum Schluss widmet sich Dr. Möllers noch den „Aufräumarbeiten“ der Affäre Kießling, also der Rolle des Bundeskanzlers, der sich der Angelegenheit annimmt, seinen Minister übersteuert und letztlich zu einer Lösung führt, die mit der offiziellen Zurruhesetzung von General Kießling endet.
Die nachfolgende Diskussion vertiefte Einzelaspekte des Vortrages.
Dr. Möllers hat anschaulich anhand des Falles Kießling die Rolle der Inneren Führung und hierbei insbesondere die Frage des Verhaltens auch eines ranghohen Offiziers in und außer Dienst diskutiert und die Verantwortung der politischen Leitung des BMVg aufgearbeitet. Er hat dieses in einer sehr offenen Art und Weise getan und dabei kein
Blatt vor den Mund genommen hinsichtlich der Bewertung des Verhaltens der damaligen Akteure. Insgesamt ein kurzweiliger Vortrag, der zwar ein historisches Thema betrachtete, dessen Kernaussagen zur Inneren Führung aber nichts an Aktualität eingebüßt haben.
Diese Veranstaltung kann bei YouTube unter Gesellschaft für Sicherheitspolitik nachverfolgt werden.
Den Vortrag können Sie auch unter "Download der Einladung" als pdf Datei herunterladen.
Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn