Sektion Bonn

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Dienstag, 11.07.2023 - 19:00

GIZ - Arbeit in fragilen Kontexten und ihre Herausforderungen

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist ein Unternehmen des Bundes. Die GIZ bietet Know-how, gewährleistet Beratungsexpertise, Finanzierungsunterstützung und entwickelt lokal bezogene Lösungsmodelle in den Bereichen Sicherheit und Wiederaufbau, nachhaltige Infrastrukturen, soziale Entwicklung, Wirtschaft und Beschäftigung, Umwelt und Energie bis hin zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Förderung von Frieden. Die Gesellschaft ist damit ein Faktor für deutsche sicherheitspolitische Interessen, ein Akteur integrierter Sicherheit. Die koordinierte Zusammenarbeit von zivilen und militärischen Trägern und Mitteln insbesondere in Krisengebieten ist den Mitarbeitenden dabei nicht fremd.
Vortrag (Präsenz) + Webinar

Dr. Elisabeth Leiss, GIZ, Copyright R. Rohde


Das Team der Sektion Bonn. Dritter von links der Sektionsleiter R. Rohde und daneben die Referentin Dr. E. Leiss, GIZ, Copyright R. Rohde

 

Berichterstattung zum Vortrag „GIZ – Arbeit in fragilen Kontexten und ihre Herausforderungen“

Frau Dr. Elisabeth Leiss, Abteilungsleiterin Krisen- und Konfliktmanagement, Migration, Bauen bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ), trug im Rahmen eines Präsenzvortrages mit Live-Übertragung Zoom zum Thema „GIZ - Arbeit in fragilen Kontexten und ihre Herausforderungen“ vor.

Als Einstieg gab die Referentin einen Überblick über die GIZ. Diese ist als Bundesunternehmen Dienstleister der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und internationale Bildungsarbeit. Sie hat mehr als 50 Jahre Erfahrung in unterschiedlichsten Feldern, von der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung über Energie- und Umweltthemen bis hin zur Förderung von Frieden und Sicherheit. Das vielfältige Know-how des GIZ wird rund um den Globus nachgefragt – von der deutschen Bundesregierung, Institutionen der Europäischen Union, den Vereinten Nationen, der Privatwirtschaft und Regierungen anderer Länder. Der Hauptauftraggeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die GIZ ist in rund 130 Ländern mit ca. 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tätig, davon sind 70-80 Prozent sind Nationale Mitarbeitende vor Ort.

Frau Dr. Leiss führte danach zu staatlicher Fragilität aus. Ca. zwei Drittel der 130 GIZ-Partnerländer seien „fragil“: sie könnten die Grundfunktionen wie Sicherheit, Daseinsvorsorge, und Legitimität nicht oder nicht ausreichend erfüllen. Sie seien – so die OECD – nicht in der Lage, z.B. die ökonomischen und ökologischen Krisen zu bewältigen.

Hieraus leitete sie Herausforderungen für die Arbeit ab. Staatliche Fragilität resultiere aus multiplen Krisen, die zeitgleich zusammenkämen wie z. B. Folgen des Klimawandels, Covid-19, Nahrungsmittelknappheit, Sicherheitsdefizite. Sie stellte dies exemplarisch an der Sahel-Zone (Mali, Niger und Tschad) dar. In dieser komplexen Gemengelage – wie sie es nannte – gelte es, klare Ursachen zu identifizieren und Folgen für das Handeln, also Lösungen zu erarbeiten. Teilaspekte (Ernährung oder Sicherheit) ließen sich nicht allein lösen; hier müsse multisektoral unter Einbeziehung lokaler Kräfte gehandelt werden. Sie hob hervor, dass es insbesondere auch darauf ankomme im Sinne von „do no harm“ die nicht beabsichtigten potentiellen negativen Auswirkungen des eigenen Tuns immer auch im Blick zu haben. Es bedürfe daher einer genauen Analyse zur Zielerreichung, um bestehende Konflikte nicht zu verschärfen, aber auch um neue Potentiale zu entdecken. Frau Dr. Leiss verwies auf das von der GIZ entwickelte integrierte Peace and Conflict Assessment hin, das auch international nachgefragt werde.

In den weiteren Ausführungen wandte sich die Vortragende dem hohen Legitimitätsdefizit in vielen Staaten zu. Sicherheitsorgane würden zur Repression eingesetzt, es herrsche in der Zivilgesellschaft ihnen gegenüber ein Mißtrauen und allgemein Unsicherheit. Die Stärkung der staatlichen Strukturen müsse die Gewaltakteure und die Zivilgesellschaft gleichermaßen in den Diskurs einbeziehen. Hier gelte es einen Balanceakt auszuführen zwischen Staat als häufiger Ursache des Problems und Bevölkerung – als „honest broker“ oder Mittler. Die GIZ versuche dieses durch Beratung „nach oben“ und Vertrauensgewinnung „nach unten“. Gerade bei Staaten, die in ihren Grundfesten erschüttert seien (z.B. Afghanistan), gelte es, das Verhältnis Staat-Gesellschaft in Blick zu halten, um sicherzustellen, dass die Erwartungen auch erfüllt werden könnten.

Anschließend wandte sich Frau Dr. Leiss den Anforderungen an ihre Arbeit zu. Die Bundesregierung habe einen hohen Gestaltungswillen. Die gestellten Aufgaben seinen vielschichtig, die Erwartungen an die GIZ seitens der Bundesministerien hoch. Dieses zeige sich auch in der Anzahl relevanter Dokumente (Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ , Nationale Sicherheitsstrategie etc.). Von „Flagge zeigen“ bis zu konkreter Konfliktbearbeitung reiche das Spektrum. Es gehe also darum, eine notwendige Kohärenz und abgestimmte Vorgehensweise zu erreichen, um den „Instrumentenkasten“ der GIZ sinnvoll einzusetzen zu können. Sie hob in diesem Zusammenhang auch die enge Zusammenarbeit mit nationalen Sicherheitsorganen im Rahmen eines vernetzten Ansatzes sowie die Kooperation mit multilateralen Organisationen wie den VN hervor. Sie ging zudem auf die Repriorisierung von Aufgaben als Folge der Zeitenwende und die hieraus veränderten Erwartungen der Partner der GIZ ein.

Zuletzt widmete sich die Vortragende den praktischen Aspekten ihrer Arbeit. Hierbei ging es um die vorbereitende Ausbildung und persönliche Sicherheit der eingesetzten Mitarbeitenden, das Risikomanagement vor Ort sowie einen eventuellen Ausstieg aus einem Auftrag. Dabei sei immer wieder konfliktsensibles Monitoring erforderlich.

Die Ausführungen von Frau Dr. Leiss regten eine interessante und lebhafte Diskussion an. Insbesondere der Umgang mit Profiteuren der staatlichen Fragilität, die Auswirkung von Desinformationskampagnen dritter Staaten auf die Arbeit der GIZ und die persönliche Sicherheit der Mitarbeitenden wurden im Gespräch beleuchtet. Der Zusammenarbeit mit anderen nichtstaatlichen oder multilateralen Organisationen im Rahmen entwicklungspolitischer Maßnahmen oder humanitärer Aktionen sowie die Evaluation der durchgeführten Aufträge (Wirkungsmessung) galt die weitere Vertiefung des Vortrages. Aktivitäten Chinas und Russlands und der Einsatz der GIZ in Lateinamerika wurden ebenfalls betrachtet. Gesprächsbedarf bestand zudem an Fragen der Korruptionsprävention und der Personallage bzw. -gewinnung der GIZ.

Frau Dr. Leiss hat eine sehr komplexe und vielfach in Deutschland zu wenig beachtete Thematik der internationalen Zusammenarbeit mit großem Fachwissen und aus persönlicher Erfahrung lebendig, engagiert und authentisch aufbereitet. Insbesondere ihre durch anschauliche Beispiele bildhaft unterlegte Schilderung der vielschichtigen Interessen der beteiligten Akteure nahm die Zuhörer mit und weckte großes Interesse an der Arbeit der GIZ.

Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn


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