Sektion Bonn

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Dienstag, 23.04.2024 - 19:00

Kritische Infrastrukturen - sind wir auf zivile Verteidigung eingestellt?

Kritische Infrastrukturen sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. So definiert es die Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) des BMI. Uns allen fallen sicherlich sofort Wasserversorgung, Energie, IT und weitere sog. sozioökonomischen Dienstleistungsinfrastrukturen (Gesundheit, Regierungsfähigkeit, Katastrophenschutz, Finanzwesen etc.) dazu ein. Wie steht es eigentlich mit der Verwundbarkeit der Infrastrukturen? Wer ist zuständig im Krisenfall? Land, Bund oder die Betreiber? Ist die Länder- und Ressortübergreifende Krisenmanagementübung (LÜKEX) ausreichend zum Beüben der Entscheidungsträger? Fragen, die mittlerweile wieder in unsere Gesellschaft angekommen sind und die im Konfliktfall rasche Entscheidungen erfordern, um bestmögliche Sicherheit für die Bürger des Staates zu erreichen. Hierüber wollen wir mit einem Experten sprechen.
Vortrag (Präsenz) + Webinar

 

 

 

Referent: Dr. Hans-Walter Borries , Geschäftsführender Direktor das Institut für Wirtschafts- und Sicherheitsstudien FIRMITAS und Stv Vorstandsvorsitzender Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastruktur (BSKI) e.V.

Moderation durch die Stv SL Claudia Klemm


Dr. Walter Borries


Das Team der Sektion Bonn mit Ch. Heidbrink und C. Klemm


angeregte Diskussion


vlnr: C. Klemm, CH Heidbrink, D. Sidiqie, Dr. W. Borries, R. Heckenlauer alle Fotos: © Richard Rohde

 

 

Berichterstattung zur Veranstaltung „Schutz Kritischer Infrastruktur – Sind wir auf zivile Verteidigung eingestellt?“

 
Dr. Hans-Walter Borries, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Sicherheitsstudien FIRMITAS und Stellvertretender Vorstandsvorsitzender Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastruktur (BSKI) e.V. trug im Rahmen einer hybriden Präsenz- und Zoom-Veranstaltung zum Thema „Schutz Kritischer Infrastruktur – Sind wir auf zivile Verteidigung eingestellt?“ vor.

Seine Kernthese des Vortrages lautete: Resilienz Steigerung zum Schutz aller Kritischen Infrastruktur (KRITIS) ist eine Daueraufgabe für Kommunen, Unternehmen und für uns alle.

Der Vortrag leitete plakativ mit den Kosten möglicher Blackouts in deutschen Städten und Regionen ein. Er konstatierte, dass vor dem russischen Angriff auf die Ukraine die Themen Innere Sicherheit, Zivilschutz, Energieversorgung und Versorgungssicherheit allgemein wenig Anklang gefunden hätten. Dazu gab er einen Überblick über gegenwärtige geo- und sicherheitspolitische Gefahren und stellte fest, dass in Deutschland nun eine Diskussion zur Stärkung der Resilienz des Staates und der Gesellschaft begonnen habe (Resilienz-Strategie vom 13.07.22 und Sicherheits-Strategie vom 14.06.23, Verteidigungspolitische Richtlinien vom 09.11.23). Seine Erkenntnis: auf ein umfassendes Katastrophenmanagement seien die lokalen und regionalen Krisenstäbe aber noch nicht vorbereitet – es fehle an Erfahrung.

Dr. Borries führte erläuternd zu den stark veränderten Rahmenbedingungen und aktuellen Gefahren aus, u.a. Cyber- und Terrorangriffe, militärische Auseinandersetzung, Unterbrechung der Stromversorgung und Gasmangel, Unwettergefahren. In seinen weiteren Ausführungen widmete sich der Referent dem Begriff „KRITIS“ und den besonderen Aspekten der Gefährdung.

Insbesondere zeigte er am Beispiel der Gasabhängigkeit von Russland die Handhabung einer Krisensituation nach dem russischen Angriff anhand der Lageentwicklung und den staatlichen Reaktionen.

Ein weiteres Beispiel seiner Betrachtungen war die Anfälligkeit der Stromversorgung. Hier ging er auf die Energiewende und damit verbundene Unsicherheit in der Stromgewinnung (z.B. Dunkelflauten bei Solarstrom) ein. Er folgerte, dass die Versorgungssicherheit mit Strom in Deutschland perspektivisch instabiler und wir damit auf eine Versorgungslücke zusteuern würden.  

In seinen weiteren Betrachtungen wandte er sich dem KRITIS-Sektor „Bundeswehr“ zu. Er zeigte die aktuelle Situation auf. Hoffnung lege er auf den „Operationsplan Deutschland“ zur Überprüfung der Resilienz aller Liegenschaften der Bw in der gesamten Bandbreite von Strom- und Treibstoffversorgung, Kommunikation bis hin zu Verpflegung und Gesundheit.

Zuletzt ging Dr. Borries auf die Informationsversorgung in Notfallszenarien ein.

Abschließend formulierte er seine Forderungen an die Politik und Verwaltungen: (1) mehr Finanzmittel für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, (2) Aufbau von Stäben in Städten und Gemeinden zu Stärkung der Resilienz, (3) verstärkte Ausbildung in KRITIS-Szenarien und (4) Umsetzung des „neuen“ Zivilschutzes.

Er machte dabei sehr deutlich, dass Krisenvorsorge Geld koste, aber keine ausreichende Krisenvorsorge koste im Katastrophenfall Menschenleben und hohe Schadenssummen. Krisenprävention sei in erheblichem Maße kosteneffizienter als eine zu kurz greifende lückenhafte Krisenreaktion.

Die anschließende Diskussion vertiefte Aspekte des staatlichen Engagements, der Zuständigkeiten bzw. der Koordination des Bevölkerungsschutzes und der Katastrophenhilfe. Dabei wurde insbesondere auch die Rolle des Bundesministeriums des Inneren und der Bundeswehr (z.B. LÜKEX) angesprochen. Von Interesse war auch ein Vergleich mit Strukturen und Organisationen der Nachbarländer. Nachgefragt wurde, inwieweit aus dem Krieg in der Ukraine Lehren für Deutschland gezogen werden könnten. Auch die Frage einer allgemeinen Wehr- oder Dienstpflicht und generell der Schulung und Ausbildung des erforderlichen Personals für Krisenszenarien wurde behandelt.

Dr. Borries trug überaus engagiert und sehr kenntnisreich zu einem in der Öffentlichkeit zu wenig beachtetem Thema vor. Er zeigte bildhaft, lebendig und kurzweilig die Dimension der Herausforderungen im Bereich des Schutzes der KRITIS auf, analysierte scharf und klar die bestehenden Defizite und leitete nachvollziehbare Forderungen an Politik und Gesellschaft ab. Der Vortrag leistete damit einen wichtigen Beitrag zu der notwendigen Diskussion der Krisenvorsorge in Deutschland.     

 

Diese Veranstaltung kann bei YouTube unter Gesellschaft für Sicherheitspolitik nachverfolgt werden.

 

Text: Joachim Schulz, Pressebeauftragter GSP Bonn

 

 

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