Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 30.08.2023 - 18:30

"Wachstumsregion und Krisenherd: Hat Kooperative Sicherheit in Ostasien noch eine Chance?"

Vortrag und Diskussion

„Ostasien ist der wichtigste Wachstumsmotor der Weltwirtschaft, aber auch eine Region mit zahlreichen ungelösten Sicherheitsproblemen.

Im Gegensatz zu Europa wurden die Folgen des Zweiten Weltkriegs nie abschließend geklärt und eine Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit fand kaum statt.

Der Aufstieg der Volksrepublik China zu einer Welt- und zur wichtigsten Regionalmacht hat die vorherigen, US-dominierten Machtverhältnisse nachhaltig in Frage gestellt.

Zunehmende Spannungen in der Taiwan-Straße, im Südchinesischen Meer und auf der koreanischen Halbinsel lassen eine militärische Eskalation mit global und regional katastrophalen Folgen als denkbar erscheinen. Auch zunehmende wirtschaftliche Verflechtung hat in Ostasien nicht zu einer Regelung der Sicherheitsprobleme geführt.

Ist die Eskalation vorprogrammiert? Oder bestehen noch Möglichkeiten, um angesichts dieser Spannungen, Risiken und Verflechtungen doch noch zu funktionierendem Krisenmanagement und zu weitergehenden Schritten für Kooperative Sicherheit zu kommen?“

 

Referent: Professor Michael Staack , Professor an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

Von 1977 bis 1984 studierte er Politische Wissenschaft, Öffentliches Recht und Neuere Geschichte an der Universität Hamburg und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seinen Abschluss als Diplom-Politologe machte er 1984 unter anderen bei Wolf Graf von Baudissin.

Im Jahre 2006 folgte er einen Ruf an die Helmut-Schmidt-Universität, wo er seitdem Professor für Politikwissenschaft, insbesondere Theorie und Empirie der Internationalen Beziehungen ist. In Hamburg ist er seit 2009 auch Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats am Institut für Theologie und Frieden. In den Jahren 2014 und 2017 war er Gastprofessor an der Pekinger Fremdsprachenuniversität und der China Foreign Affairs University. 2010 war er Prodekan und 2011/12 Dekan der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hamburger Bundeswehruniversität.[2]

Überdies ist Prof. Staack seit 2006 an der Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw) in Hamburg tätig, wo er Präses des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS) wurde. Seit 2008 ist er auch Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) und seit 2009 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Theologie und Frieden (ITHF) in Hamburg. Seit 2014 ist er Mitglied der Hochrangigen Beratergruppe der Außenminister Deutschlands und Südkoreas zu außenpolitischen Aspekten der Wiedervereinigung Koreas. (Quelle: WIKIPEDIA, aufgerufen am 02.05.2022)

Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

Eigenbericht der Sektion Delmenhorst zum Vortrag vom 30.08.2023

Wachstumsregion und Krisenherd: Hat Kooperative Sicherheit in Ostasien noch eine Chance?

Prof. Dr. Michael Staack war sich anfangs nicht sicher, ob ein zweiter Auftritt innerhalb eines Jahres in Delmenhorst genügend neue Impulse würde setzen können. Seine Skepsis war jedoch unbegründet. Es konnte zwar nicht die Teilnehmerzahl vom Januar verzeichnet werden, aber 32 aufmerksame und nachfragefreudige Zuhörer und Zuhörerinnen konnten nach über zwei Stunden intensiven Austauschs in ihre persönliche Nachbereitung entlassen werden.

Eingangs stellte Staack die Unterschiede in der Sicherheitslage von Europa und Ostasien heraus. So gäbe es in Fernost keine Friedensregelung nach dem Zweiten Weltkrieg, was eine Vielzahl ungelöster Territorialkonflikte zur Folge hätte. Er zeichnete das Bild von den „Schatten der Vergangenheit“. Dem entfernten Betrachter mag diese Feststellung verwundern, sie relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass China im II. Weltkrieg zwischen 37 und 100 Millionen Menschen an Verlusten zu beklagen hatte. Allein schon die enorme Bandbreite der Angaben zeigt, dass eine konkrete Aufarbeitung bisher nicht stattgefunden haben kann. Es herrscht vielmehr die Philosophie, dass man zwar wirtschaftlich zusammenarbeiten, aber politische Konflikte dabei durchaus weiter pflegen kann.

Von diesen schwelenden Konflikten gibt es nach Darstellung von Professor Staack eine nicht geringe Zahl. So streiten Japan und Korea um die Insel Dokdo, Japan und Russland um die südlichen Kurilen, Japan und China um die Inselgruppe Senkaku und viele Länder (China, Philippinen, Malaysia, Vietnam, Brunei) über bestimmte Seegebiete im Südchinesischen Meer. Dabei geht es um verschiedenste Aspekte, wie Prestige, Fischereirechte, Bodenschätze, oder Land als Stützpunkt.

Der Referent beschrieb den asiatischen Stil der Zusammenarbeit als einen, der den Dialog über die Institution stellt und gemeinsamen Interessen gegenüber den gemeinsamen Werten Priorität einräumt. Die Gesichtswahrung steht für den asiatischen Politiker an vorderster Stelle, die Zusammenarbeit ist nicht auf die Schaffung kollektiver Sicherheitssysteme ausgelegt, sondern eher bilateral. Besonders tut sich hier China hervor. Deren Regierung glaubt vielfach, seine Politik als Großmacht ohne Rücksicht auf andere durchsetzen zu können.

In diesem Zusammenhang warnte Staack eindringlich davor, den Ukraine-Krieg als Blaupause für die „Lösung“ der Taiwan-Frage zu verwenden. Solange sich Taiwan nicht für unabhängig erkläre, sei ein militärischer Konflikt trotz Säbelrasselns unwahrscheinlich.  Das Ein-China-Prinzip (Es gibt nur ein China, die Regierung der Volksrepublik ist die legitime Regierung Chinas, Taiwan ist Teil Chinas) ist völkerrechtlich verbindlich, es wurde durch die UNO-Vollversammlung mit einer Resolution und auch von den USA bei der Anerkennung der Volksrepublik festgeschrieben. An diesem Status quo solle man festhalten; nicht zuletzt für eine friedliche Entwicklung Taiwans.  Die USA hätten unter Trump hier keinen hilfreichen Beitrag geleistet und Unklarheiten geschaffen.

Der Westen sollte nach Ansicht des Referenten seine Zusammenarbeit mit der Regionalorganisation ASEAN vertiefen. Diese habe den Anspruch auf die Zentralität bei Sicherheit und Kooperation und sollte deshalb gestärkt werden. Der Wille des Westens, Regeln für die Bestimmung der Leitlinien der Weltpolitik zu bestimmen, wirke hier kontraproduktiv. Wirtschaftlich spielten auch die Staaten des RCEP (Regionale umfassende Wirtschaftspartnerschaft), die über 30% des Welthandels abbilden, eine zunehmende Rolle. Nur mit einer umfassenden Politik auf Augenhöhe könne der Westen in Ostasien reüssieren – dass setze Akzeptanz und Abkehr von Besserwisserei voraus - so das Fazit des Vortrags.

In der anschließenden Diskussion wurden Fragen nach Chinas Vorstellungen von einer multipolaren Welt, dem Verhältnis China-Russland, dem Unterschied zur Politik Chinas gegenüber Hongkong und Taiwan und der Rolle Nordkoreas gestellt und zur vollen Zufriedenheit beantwortet.

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