Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 11.10.2023 - 18:30

Die Nationale Sicherheitsstrategie erstmals formuliert

Ein sinnvoller Schritt in die richtige Riochtung - oder eher Symbolpolitik?

Die Bundesregierung hat am 14. Juni 2023 im Kabinett die erste Nationale
Sicherheitsstrategie als oberstes sicherheitspolitisches Dachdokument
Deutschlands beschlossen, in dem der Bundeswehr eine zentrale Rolle
zugeordnet wird.
Das Dokument legt ein umfassendes Verständnis von Sicherheit zugrunde und
steht unter dem Leitmotiv „wehrhaft, resilient, nachhaltig“.
Der Vortrag vermittelt die wesentlichen Inhalte, ordnet das Dokument in der
Vielzahl der unterschiedlichen „Strategien“ der Bundesregierung ein, analysiert
und bewertet die wesentlichen Aussagen, untersucht, ob es sich bei der
Nationalen Sicherheitsstrategie tatsächlich um eine Strategie handelt, vergleicht
die Nationale Sicherheitsstrategie Deutschlands mit Dokumenten und Strategien
anderer Staaten und bewertet die Zukunftsfähigkeit dieses Dokuments vor dem
Hintergrund der komplexen sicherheitspolitischen Herausforderungen.
Vortrag und Diskussion
Referent: Brigadegeneral a.D. Karl H. Schreiner , ehemaliger Direktor Lehre an der Führungskademie der Bundeswehr
Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

General a.D. Schreiner während des Vortrags


Redner (Mitte) mit Sektionsleitung

 

Eigenbericht zum Vortrag der Sektion am 11.10.2023

„Die Nationale Sicherheitsstrategie“ erstmals formuliert: Was ist gegenüber den „Weißbüchern“ neu? Was fehlt?

Szenenapplaus während eines Vortrags hat das ehrwürdige „Haus Adelheide“ wohl auch noch nicht so häufig erlebt. 54 Personen genossen einen bestens aufgelegten Referenten, der qualifiziert analysierte und schonungslos schlussfolgerte.

Brigadegeneral a.D. Karl-Heinz Schreiner stellte die am 14. Juni 2023 im Kabinett beschlossene Nationale Sicherheitsstrategie (NatSichhStrat) als oberstes sicherheitspolitisches Dachdokument Deutschlands vor. Seine Präsentation stand unter der Prüffrage „Ein sinnvoller Schritt in die richtige Richtung – oder eher Symbolpolitik?“.

Das Dokument legt – so der Referent - ein umfassendes Verständnis von Sicherheit zugrunde und steht unter dem Leitmotiv „wehrhaft, resilient, nachhaltig“. Es solle – so die Absicht der Bundesregierung – Bedrohungen von außen und innen zusammenfassen, Verantwortlichkeiten festlegen, sowie Ziele und Maßnahmen benennen.

Schreiner begann seinen Vortrag mit Begriffserklärungen. Dabei stellte er fest, dass die von der Bundesregierung genutzten Definitionen durchaus von international üblichen Begriffsbestimmungen abweichen. U.a. am Begriff der Wehrhaftigkeit wurden diese Differenzen dargestellt. (Fähigkeit, sich zu verteidigen oder zu schützen bzw. schwer zu bezwingen gemäß „bing“ vs. Wehrhaftigkeit neben Verteidigungsfähigkeit gem. NatSichhStrat).

Im Weiteren wurden auf 24 (!) Folien Ziele und Absichten der Bundesregierung aufgeführt. Deren Verfolgung war für die Zuhörenden ein schweres Stück Arbeit. Es war aber unerlässlich, um die Absicht des Redners zu verdeutlichen: Der Versuch der Bundesregierung, alles in die Nationale Sicherheitsstrategie aufzunehmen, muss scheitern. Zugegeben, der Bundeswehr wird eine zentrale Rolle zugeordnet, fehlende Prioritäten machen die Umsetzung aber schier unmöglich, weil nicht alle Ziele unter Berücksichtigung der Haushaltlage umsetzbar sind. So findet man die Landes- und Bündnisverteidigung im Gleichklang mit Klimakrise und Cybersicherheit.

Ein dem Publikum einleuchtendes Beispiel: Die Bundesregierung nimmt sich vor, unter Berücksichtigung des 100Mrd-Euro-Sondervernmögens im mehrjährigen Durchschnitt das 2%-Ziel zu erreichen. Dies ist eine deutliche Abkehr von der „Zeitenwende-Rede“ des Kanzlers vom 27.02.2022.

Kritisch sah der Referent auch die Tatsache, dass der Großteil des Sondervermögens in die Taschen US-amerikanischer Konzerne fließt.

Eine Strategie, so Schreiner, ist ein langfristiger Plan, der von einer Organisation oder einem Unternehmen entwickelt wird, um Ziele zu erreichen. Eine gute Strategie sollte Prioritäten setzen, zielgerichtet, klar, kohärent und umsetzbar sein.

Diesem Anspruch würde das Papier nicht gerecht.

Ein Vergleich mit den Sicherheitsstrategien der USA und des Vereinten Königreichs, die in ihren Aussagen prägnanter sind, führte dem Redner zu der Einschätzung, dass weniger möglicherweise mehr gewesen wäre. Immerhin gewährte er dem Dokument aber die „Gnade des ersten Entwurfs“.

Schreiner ist nicht der erste Vortragende, der in der Federführung des Auswärtigen Amtes eine weitere Schwäche des Dokuments sieht und die Bildung eines Nationalen Sicherheitsrates als zielführender bewertet.

In Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit des Papiers sah er auch aufgrund von dessen Komplexität zwei Gefahrenlinien: Es könnte wegen Unrealisierbarkeit beiseitegelegt, oder aber missinterpretiert und in der Konsequenz missbraucht werden.

Internationale Beachtung sei Deutschlands Dachdokument zur Sicherheit bisher mit Sicherheit nicht widerfahren – so die abschließende Bemerkung des Redners auf die Frage eines Zuhörers.

 

Harald Mauritz

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