Sektion Delmenhorst

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Mittwoch, 17.01.2024 - 18:30

Chinas gefährlicher Nationalismus und der Taiwan-Konflikt

Die westliche Vorstellung eines Systemwandels der VR China durch Handel und Annäherung entpuppte sich als Wunschtraum. Die innenpolitische Entwicklung nach dem Amtsantritt Xi Jinpings als Generalsekretär der KP erwies sich als Schritt hin zu einem neuen auf Xi Jinpin ausgerichteten Personenkult. Die außenpolitische Agenda setzt diese Negativentwicklung fort, indem sie unverhohlen weltweite Machtansprüche offenbart, innenpolitisch wird dies durch einen übermäßigen Nationalismus befördert.
Vortrag und Diskussion

Referent: Thomas Awe

Herr Thomas Awe, wurde in Hannover geboren und legte dort auch das Abitur ab. Er studierte von 1975 bis 1981 moderne und klassische Sinologie, Politikwissenschaft sowie Publizistik an der Georg-August-Universität, Göttingen, sowie in der Folge Chinesisch auf Taiwan.
Er war von Juni 1982 bis 1990 Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul/Südkorea. Es folgten Tätigkeiten für die Stiftung als Büroleiter in Manila/Philippinen (1990-96), als Asien-Referent in der Zentrale in St. Augustin (1996-2001) und erneut als Vertreter der KAS in Seoul (2001-05). Es schlossen sich Einsätze in Shanghai (2005-10) und Peking (2010-16) an. Von 2017 bis 2019 leitete er die Repräsentanz des Länderbüros in Tokyo/Japan

Ort: "Oase Haus Adelheide" (Soldatenheim), (vor Delmetal-Kaserne), - Abernettistraße 43 , 27755 Delmenhorst
Organisator: Herr Oberstleutnant a.D. Rolf Dieter Wienand , Sektionsleiter delmenhorst@gsp-sipo.de
Donnermoor 48, 27777 Ganderkesee  04222 / 950221

Dr. Thomas Awe inmitten der Sektionsleitung

Eigenbericht zum Vortrag am 17.01.2024 von Dr. Thomas Awe

Chinas gefährlicher Nationalismus und der Taiwan-Konflikt

Die Aktualität des Themas mag ein wesentlicher Grund dafür gewesen sein, dass sich 87 Interessierte im „Haus Adelheide“ einfanden. Immerhin hatten erst am Wochenende zuvor die Bürger Taiwans in eindrucksvoller Weise mit einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent ihre Demokratie bestätigt. Es mag auch daran gelegen haben, dass mit Dr. Thomas Awe ein bereits als versiert und engagiert bekannter Referent begrüßt werden konnte.

Awe verband geschickt das berufliche Wirken von 37 Jahren mit sehr privatem Engagement in Asien, indem er häufig die Ansichten seiner vom „Festland-China“ stammenden Ehefrau seinen auf westlicher Prägung basierenden Überzeugungen gegenüberstellte. Für den einen oder anderen Zuhörer mag die ein wenig ins Private abgleitende Richtung gewöhnungsbedürftig gewesen sein, doch es wurde auf diese Weise klar beschrieben, wie „Otto-Normalbürger“ in China denkt und – vor allem – handelt.

Ein Zuhörer brachte es am Ende auf den Punkt und er sprach damit nicht nur für sich: Sein Bild von China wurde an diesem Abend völlig auf den Kopf gestellt. Awe machte nämlich deutlich, dass es „das China“ eigentlich gar nicht gibt. Verschiedene Völker und Kulturen, ja selbst Sprachen, werden nur durch die Klammer des Nationalismus zusammengehalten. Das China unter XI Jinping sieht sich nicht als aufstrebend, sondern als zurückkehrend auf die Weltbühne. Die Dominanz des Westens sei für 100 Jahre nur geduldet worden. Das Land hole sich Stück für Stück zurück, was ihm – aus Sicht der Führung – einst widerrechtlich genommen ward. Man denke hier an die Besetzung von Tibet, die Streitigkeiten der 1970er Jahre mit Vietnam und der Sowjetunion. Auch der Drang, sich immer weitere Einflussgebiete im südchinesischen Meer zu sichern, zählt dazu.

In Bezug auf Taiwan sieht sich die Volksrepublik China immer noch im Bürgerkrieg. Sie betrachtet die Insel nur als abtrünnige Provinz. Diesen Bürgerkrieg gelte es zu beenden. Die Bedeutung Taiwans als Flugzeugträger der USA vor der Ostküste der Volksrepublik und die Beistandsbekundungen der USA, vor allem aber die aus Sicht der Volksrepublik noch nicht ausreichenden militärischen Fähigkeiten mögen Gründe dafür sein, dass der Anschluss noch nicht vollzogen wurde. Die Auseinandersetzung zwischen der Volksrepublik China und Taiwan finden derzeit noch auf diplomatischer Ebene und im Cyberraum statt. Militärmanöver der Flotte vor der Ostküste Taiwans und Verletzungen des Luftraums komplettieren die Bedrohungen. Der Stein, den Taiwan auf der Seele Xi Jinpings bedeutet, wird nicht auf Ewigkeit dort liegenbleiben – so Awe. In Anbetracht seiner Lebenserwartung (er ist bereits 70 Jahre alt) bleibt Xi Jinping dafür nicht mehr viel Zeit. Es sei damit zu rechnen, dass die Angriffe forciert würden.

Awe kritisierte, dass sich der Westen den Expansionsbestrebungen Chinas, insbesondere der Kommunistischen Partei und seinem „überragenden Führer“ Xi Jinping, nur unzureichend zur Wehr setzt. Der Glauben an eine regelbasierte Ordnung verkennt die Philosophie Chinas, dass Vereinbarungen nur dann eingeklagt werden, wenn sie dem eigenen Land von Nutzen ist. Ansonsten würde man eben nur das tun, was gut für die Einheit Chinas ist. Der Vertrag über Honkong ist ein prägnantes Beispiel: Die Zusicherung „Ein Land – zwei Systeme“ wurde nur kurze Zeit eingehalten. Der Erlass des Sicherheitsgesetztes im Jahr 2022 bedeutete für die Bevölkerung Honkongs die massive Einschränkung ihrer bürgerlichen Rechte. Als Reaktion darauf gibt die Europäische Union eine Erklärung ab, dass „die weiteren Entwicklungen aufmerksam beobachtet“ werden.

Fazit: Der Zusammenschluss Chinas und Taiwans ist unausweichlich. Er wird eine Reaktion – zumindest der USA – auslösen. Der Westen muss in Bezug seiner Haltung zu China eine abgestimmte und von Wehrhaftigkeit unterlegte Politik betreiben. Er muss sich den Bestrebungen der Kommunistischen Partei Chinas, wieder ein großes Reich herzustellen, aktiv widersetzen. Dazu bedarf es einer Strategie. Die hierzu von der Bundesregierung erlassene China-Strategie erfüllt diesen Zweck – leider - nicht.

Harald Mauritz


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