Sektion Elbe-Weser
Gefahren aus dem Weltraum!
Referent: Dr. Vitali Braun , Space Debris Office, ESA
Unser Referent, Herr Dr. Vitali Braun, studierte nach dem Abitur von 2005 bis 2010 Luft- und Raumfahrt-technik an der Technischen Universität Braunschweig, Abschluss Dipl.-Ing.
Im Anschluss arbeitete er als Wissenschaftlicher Mit-arbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme (heute: Institut für Raumfahrtsysteme). Im Rahmen dieser Tätigkeit führte er Risikoanalysen für Raum-fahrtmissionen durch und entwickelte Software zur Analyse von Vermeidungsmaßnahmen.
Daneben erfolgte sein Einsatz in der Lehre der Raumfahrt sowie der Betreuung studentischer Arbei-ten und Projekte. 2016 erfolgte die Promotion zum Dr.-Ing. an der Technischen Universität Braun-schweig auf dem Gebiet der Weltraumüberwachung.
Seit März 2015: Space Debris Engineer im ESA's Space Debris Office. Operationelle Unterstützung
der am ESOC betriebenen Missionen in der Kollisionsvermeidung (ebenfalls für externe Missionen); Wiedereintrittsvorhersagen; Risikoanalysen; Verantwortlich für die Weiterentwicklung der ESA-Software MASTER und DRAMA, welche Risiko- und Vermeidungsanalysen im Bereich Weltraummüll möglich machen, mit über 1000 Nutzern weltweit.
2005 - 2010: Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der TU Braunschweig (Dipl.-Ing.)
2010 - 2015: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme (heute: Institut für Raumfahrtsysteme). Durchführung von Risikoanalysen für Raumfahrtmissionen; Entwicklung von Software zur Analyse von Vermeidungsmaßnahmen; Lehre in der Raumfahrt und Betreuung studentischer Arbeiten und Projekte
2016: Promotion (Dr.-Ing.) an der TU Braunschweig auf dem Gebiet der Weltraumüberwachung.
Seit März 2015: Space Debris Engineer in ESA's Space Debris Office. Operationelle Unterstützung der am ESOC betriebenen Missionen in der Kollisionsvermeidung (ebenfalls für externe Missionen); Wiedereintrittsvorhersagen; Risikoanalysen; Verantwortlich für die Weiterentwicklung der ESA-Software MASTER und DRAMA, welche Risiko- und Vermeidungsanalysen im Bereich Weltraummüll möglich machen, mit über 1000 Nutzern weltweit.
Jütlandstraße 30, 27432 Bremervörde 04761 / 70121
von Axel Loos (Fotos : Werner Hinrichs)
Diejenigen, die noch die alten schwarz-weiß-Folgen von „Raumschiff Enterprise“ kennen, werden sich sicher an den Beginn einer jeden Episode erinnern: „Der Weltraum, unendliche Weiten...“. Dieser romantischen Vorstellung muss man jedoch wohl eine Absage erteilen, und warum, das erklärte Dr. Vitali Braun, der zusammen mit neun weiteren Experten an der European Space Agency (ESA) für die Kollisionsvermeidung zuständig ist. Der junge Luft- und Raumfahrtingenieur war einer Einladung der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) Sektion Elbe - Weser gefolgt, über Gefahren aus dem Weltraum zu sprechen. Das Interesse in der Ostestadt, über den eigenen Tellerrand bzw. Horizont zu blicken, war sehr groß, und so konnten sicher der GSP-Sektionsleiter Werner Hinrichs und Dr. Braun über einen voll besetzten Saal im EWE-Kundenzentrum freuen.
Die Bedeutung der Satellitentechnik für das tägliche Leben musste Dr. Braun dann auch gar nicht mehr ausführlich erläutern. Täglich nutzen wir Daten aus dem Weltraum, sei es in Navigationsgeräten, in der Telekommunikation oder indirekt über Wetterprognosen, ohne weiter darüber nachzudenken. Der Ausbau der Internet-Infrastruktur wird die Weltraumkapazitäten dabei noch weiter belasten und den Regulierungsdruck erhöhen. In seiner Abteilung beschäftigt sich Dr. Braun somit nicht nur mit der unmittelbaren Satellitensicherheit sondern auch mit Fragen des Weltraumrechts, der Folgen zunehmender Kommerzialisierung und der Müllvermeidung. Seine Expertise geben er und seine Kollegen in internationalen Ausbildungsmissionen weiter. Ihr Schwerpunkt liegt auf drei Bereichen: der Beobachtung erdnaher Objekte, Weltraum-Schrott und Weltraum-Wetter.
Erst vor kurzem übersah die NASA einen 90m großen Asteroiden, der mit einem Abstand von 65.000 km an der Erde vorbeizog. Das ist beunruhigend dicht. Der Weltraum wird zwar ständig überwacht, aber Asteroiden ab 1 km Größe sind erst zu 98% erfasst, die kleinen entsprechend weniger. Ziel der Weltraumbehörden ist es, rechtzeitig Warnungen aussprechen zu können. „Wir sind noch weit davon entfernt, Bruce Willis da hoch zu schicken, der das Problem löst“ holte Dr. Braun die Zuhörer auf den Boden der Tatsachen zurück. Das sind aber nur die natürlichen Gefahren, hinzukommen die, die der Mensch selbst hervorruft, nämlich Weltraumschrott. Anfangs ging man noch sehr sorglos mit dem um, was man da ins All schoss und dort verblieb oder explodierte, „Big Space“ war das Stichwort. Aber mit zunehmenden Aktivitäten vergrößern sich die Risiken exponentiell, und „der Schrott ist da, wo die Satelliten sind“ macht Dr. Braun das Problem deutlich. „Sie können nicht ohne weiteres woanders hin ausweichen, weil Ihnen dort Ihre Satelliten nichts nützen.“ Das betrifft alle Umlaufbahnen, die sich je nach Aufgabe der Satelliten, Kommunikation, Navigation oder Erdbeobachtung, in unterschiedlicher Entfernung zur Erde befinden. Schon kleine Teile von der Größe einer Kaffeebohne können aufgrund ihrer enormen Geschwindigkeit erhebliche Schäden an Satelliten und Raumstationen verursachen. Ein Ausweichmanöver, aber, ist ein komplexes Unterfangen, an dem ein ganzes Expertenteam beteiligt ist, das die verschiedensten astrophysikalischen und missionsspezifischen Bedingungen in Einklang bringen muss. „So ein Manöver kostet dann schon mal € 25.000,-“ beziffert Dr. Braun die finanziellen Kosten, und die ESA führt davon ca. 28 im Jahr durch. Ausgediente Brennstufen und abgelöste Partikel zuhauf erhöhen das Kollisionsrisiko selbst dann, wenn keine weiteren Starts mehr durchgeführt werden würden. China und Indien lassen dagegen auch im Weltall ihre Muskeln spielen und schießen zur Machtdemonstration eigene, ausgediente Satelliten ab. Andere Staaten werden wohl ihrem Beispiel folgen. Dies schleudert weiter Geschosse ins All und somit kommt Dr. Braun zu der Folgerung: „Der Weltraum ist knapp!“. Erst recht, wenn man sich die Pläne sogenannter Satellitenkonstellationen, OneWeb, Amazon und SpaceX anschaut. Von bis zu 40.000 Satelliten, die noch ins All verbracht werden sollen, ist da die Rede. Der Vermüllung des Weltraumes versuchen die Fachleute mit Strategien zur Explosionsvermeidung, kontrollierter Entsorgung und aktivem Entfernen Herr zu werden. Eine enorme Herausforderung auch über die bloße Schadensvermeidung hinaus, gibt Dr. Braun zu Bedenken, an der sich aber nicht alle Nutzer gleichermaßen beteiligen. Für ihn ist die Weltraumfahrt neben der Wissenschaft und technisch-kommerziellen Nutzung auch ein internationales Friedensprojekt. „Aber wo bleibt in Zukunft die Fairness, die friedliche Nutzung?“ entlässt der ESA-Experte schließlich mit nachdenklichen Worten das Publikum.
Am nächsten Morgen nutzte Dr. Braun dann die Gelegenheit, 200 Schülern der BBS-Oberstufe, ein Thema, das auch ihr Leben und ihre Zukunft unmittelbar betrifft näher zu bringen. Die Fachbereichsleiterin für Politik und Geschichte, Frau Tietjen, hatte dazu eine hervorragende Veranstaltung an der Bremervörder Schule auf die Beine gestellt.
Hier finden Sie den Bericht von Herrn Ulrich Evers vom 24.10.2019 im ANZEIGER zum download.