Am Sonntag, 27. Februar 2022, hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Zeitenwende ausgerufen. Er erklärte, für die Verbesserung der Ausrüstung der Bundeswehr ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro einzurichten. Außerdem sagte er zu, dass Deutschland künftig – Jahr für Jahr – das in der Nato vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel einhalten werde, mithin die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden sollen. Mittlerweile ist klar, dass ein erklecklicher Teil des sogenannten Sondervermögens durch Zinsen aufgezehrt wird, die mittelfristige Finanzplanung zwar die aus dem Sondervermögen zu bestreitenden Ausgaben berücksichtigt, aber nicht die aus dem Zwei-Prozent-Ziel resultierende Erhöhung des Plafonds für den Einzelplan 14 in den Jahren nach 2026. Nach dem Aufbrauchen des Sondervermögens tut sich eine riesige Finanzierungslücke von gegenwärtig für 2028 geschätzten 30 Mrd. Euro auf. Finanzminister Lindner sagt: „Ja, die Zwei-Prozent-Quote erreichen wir“. Und weiter: „Das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels nach Auslaufen des Sonderprogramms für die Bundeswehr ist und bleibt ein enormer Kraftakt. 2028 haben wir außerdem Tilgungsverpflichtungen von Corona-Schulden. Insgesamt haben wir einen gewaltigen Handlungsbedarf im zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich. … Die neue Schwerpunktsetzung müssen wir uns erarbeiten. Durch eine Stärkung der Wirtschaftskraft und durch den Verzicht auf andere Staatsausgaben.“

Die Zeitenwende hat zwar bisher kein neues Weißbuch und keine neue Konzeption der Bundeswehr hervorgebracht. Sicher ist jedoch, dass die Landes- und insbesondere die Bündnisverteidigung den neuen Fokus in der Streitkräfteplanung – mithin dem phasenweisen Erreichen des Fähigkeitsprofils – ausmachen. Hinzu kommen neue Pläne der NATO zur Verteidigung des Bündnisgebiets, damit auch neue Grundlagen für die Verteidigungsplanung der NATO – Stichwort „New Force Model“ – und erhöhte Anforderungen an die Personalbedarfsdeckung, die Ausbildung, die Einsatz- und Kampfbereitschaft und an die Einsatzausbildung sowie die einsatzgleichen Verpflichtungen. Damit steht – neben dem besonders betroffenen Deutschen Heer – auch die kleinste Teilstreitkraft der Bundeswehr, die Deutsche Marine vor immensen Herausforderungen. Die Einsatzflottille 2, der größte Kampfverband der Deutschen Marine, ist maßgeblich gefordert, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

Der Vortrag wird sich dem Anteil der Marine in den Systemverbunden des fortgeschriebenen Fähigkeitsprofils der Streitkräfte sowie am 100-Mrd-Sondervermögen widmen und in diesem Zusammenhang das Zielbild der Marine ab dem Jahr 2035 erläutern. Implikationen für die Marine, insbesondere für die Einsatzflottille 2, die aus den neuen Verteidigungsplänen der NATO resultieren, werden dargelegt. Auch die Bedeutung der Zeitenwende für die bestehende Vorschriftenflut („die Truppe <wurde> im ausufernden Dickicht vorwiegend ziviler Vorschriften zum Antragsteller degradiert“) und die gewachsene Verantwortungsdiffusion werden thematisiert sowie Erfordernisse für Führung, Verfahren und soldatische Haltung in der Zeitenwende angesichts der Erkenntnis „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ abgeleitet.