Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler
Indien im 21. Jahrhundert - zwischen Supermacht und Entwicklungsland.
Nachdem sich die Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in den vorherigen Veranstaltungen mit dem Ukrainekrieg und der Zeitenwende befasst hatte, stand diesmal das fernöstliche Indien im Mittelpunkt. Der Vortrag fand am 24.April 2023, 19.30 Uhr im Hotel am Weinberg in Bad Neuenahr statt. Als Referent konnte Herr Dr. Bernd Basting von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gewonnen werden. Er ist auch Indien- und China-Referent für die Hanns-Seidel-Stiftung sowie politischer Fachjournalist mit Schwerpunkt Außen- und Sicherheitspolitik Asiens.
Den meisten von uns ist Indien als Synonym für Armut und Unterentwicklung im Gedächtnis. Heute schickt sich das Land Gandhis an, ein wichtiger Spieler auf dem internationalen Parkett zu werden. Indien mit seinen 1,4 Mrd. Menschen strebt neben den USA und China den Status einer neuen Supermacht unserer Zeit an. Das findet seinen Niederschlag auch darin, dass Indien im vergangenen Jahr zu Gast beim G7-Gipfel war und zurzeit die Präsidentschaft der G20- Staaten innehat. Das Land wird von den großen Akteuren des Westens wie des Ostens umworben, und der Besuch des deutschen Bundeskanzlers im Februar dieses Jahres unterstrich die Bedeutung einer engen politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit für Deutschland und Europa.
Aber der Referent verwies auch auf die riesigen Widersprüche in der Gesellschaft zwischen „Steinzeit und Moderne“. Auf der einen Seite gibt es auf dem Lande noch den Bauern mit dem Ochsen vor dem Pflug, auf der anderen Seite schickt Indien Raketen in den Weltraum und ist Atommacht.
Indien strebt bis heute eine Blockfreiheit an, was in der Praxis aber nur bedingt funktioniert wegen ökonomischer, politischer und militärischer Abhängigkeiten. Die USA möchten das Land als Partner im indostrategischen Raum gewinnen gegen China und Russland, aber Indien vermeidet es, sich zu eng an einen Partner zu binden.
Ökonomisch hat sich der Staat in den letzten Jahren zum Globalplayer insbesondere in zukunftsträchtigen Branchen wie IT, Pharmazie und Medizintechnik entwickelt. Nicht umsonst spüren wir gegenwärtig sogar in Deutschland diese Vormachtstellung bei fehlenden wichtigen Medikamenten in der Krebsdiagnostik und in der Kinderversorgung.
Auch militärisch spielt Indien eine wichtige Rolle. Das Militärbudget ist nach den USA und China das drittgrößte der Welt. Ein Grund dafür ist die Bedrohung durch China und Pakistan (beides auch Atommächte). Insbesondere China hat durch eine „Perlenkette“ von Marinebasen dieser Befürchtung Vorschub geleistet. Dr. Basting geht in seiner Bewertung der Lage sogar soweit, dass der Indo-Pazifik als nächster Schauplatz eines Krieges infrage kommen könnte.
Was man bei der Einschätzung der Rolle Indiens keinesfalls vergessen darf ist das Problem des Bevölkerungswachstums und die fehlende Bereitschaft, sich an Umweltschutzprogrammen zu beteiligen.
Die abschließende Diskussion zeigte das breite Interesse der Zuhörer am Thema, machte aber auch deutlich, dass in der Kürze der Zeit nicht alle Fragen beantwortet werden konnten.
Bildunterzeile (von links): Oberst a.D. Josef Schmidhofer, Dr. Bernd Basting
Foto: Brigitte Schmidhofer
Text: Klaus Kretzschmar
0177 / 5629488
von links: Oberst a.D. Josef Schmidhofer, Dr. Bernd Basting (Foto: Brigitte Schmidhofer)
Indien im 21. Jahrhundert – zwischen Supermacht und Entwicklungsland
Text: Klaus Kretzschmar
Nachdem sich die Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in den vorherigen Veranstaltungen mit dem Ukrainekrieg und der Zeitenwende befasst hatte, stand diesmal das fernöstliche Indien im Mittelpunkt. Der Vortrag fand am 24.April 2023, 19.30 Uhr im Hotel am Weinberg in Bad Neuenahr statt. Als Referent konnte Herr Dr. Bernd Basting von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gewonnen werden. Er ist auch Indien- und China-Referent für die Hanns-Seidel-Stiftung sowie politischer Fachjournalist mit Schwerpunkt Außen- und Sicherheitspolitik Asiens.
Den meisten von uns ist Indien als Synonym für Armut und Unterentwicklung im Gedächtnis. Heute schickt sich das Land Gandhis an, ein wichtiger Spieler auf dem internationalen Parkett zu werden. Indien mit seinen 1,4 Mrd. Menschen strebt neben den USA und China den Status einer neuen Supermacht unserer Zeit an. Das findet seinen Niederschlag auch darin, dass Indien im vergangenen Jahr zu Gast beim G7-Gipfel war und zurzeit die Präsidentschaft der G20- Staaten innehat. Das Land wird von den großen Akteuren des Westens wie des Ostens umworben, und der Besuch des deutschen Bundeskanzlers im Februar dieses Jahres unterstrich die Bedeutung einer engen politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit für Deutschland und Europa.
Aber der Referent verwies auch auf die riesigen Widersprüche in der Gesellschaft zwischen „Steinzeit und Moderne“. Auf der einen Seite gibt es auf dem Lande noch den Bauern mit dem Ochsen vor dem Pflug, auf der anderen Seite schickt Indien Raketen in den Weltraum und ist Atommacht.
Indien strebt bis heute eine Blockfreiheit an, was in der Praxis aber nur bedingt funktioniert wegen ökonomischer, politischer und militärischer Abhängigkeiten. Die USA möchten das Land als Partner im indostrategischen Raum gewinnen gegen China und Russland, aber Indien vermeidet es, sich zu eng an einen Partner zu binden.
Ökonomisch hat sich der Staat in den letzten Jahren zum Globalplayer insbesondere in zukunftsträchtigen Branchen wie IT, Pharmazie und Medizintechnik entwickelt. Nicht umsonst spüren wir gegenwärtig sogar in Deutschland diese Vormachtstellung bei fehlenden wichtigen Medikamenten in der Krebsdiagnostik und in der Kinderversorgung.
Auch militärisch spielt Indien eine wichtige Rolle. Das Militärbudget ist nach den USA und China das drittgrößte der Welt. Ein Grund dafür ist die Bedrohung durch China und Pakistan (beides auch Atommächte). Insbesondere China hat durch eine „Perlenkette“ von Marinebasen dieser Befürchtung Vorschub geleistet. Dr. Basting geht in seiner Bewertung der Lage sogar soweit, dass der Indo-Pazifik als nächster Schauplatz eines Krieges infrage kommen könnte.
Was man bei der Einschätzung der Rolle Indiens keinesfalls vergessen darf ist das Problem des Bevölkerungswachstums und die fehlende Bereitschaft, sich an Umweltschutzprogrammen zu beteiligen.
Die abschließende Diskussion zeigte das breite Interesse der Zuhörer am Thema, machte aber auch deutlich, dass in der Kürze der Zeit nicht alle Fragen beantwortet werden konnten.