Sektion Ulm

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Montag, 15.04.2024 - 18:30

Die Europawahl 2024 und deren Bedeutung für die sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit in der EU

Vortrag und Diskussion

Referenten:

  • Dr. Carolin Rüger, assoziierte Wissenschaftlerin am Institut für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Würzburg. und
  • Prof. Ulrich Brückner, Jean-Monnet-Professor für Europäische Studien am Berliner Studienzentrum der Stanford University.

Beide sind Mitglieder im Speakers-Pool Team EUROPE DIRECT der Europäischen Kommission.

Ort: Casino Rommelkaserne - Auf dem Lerchenfeld 1 , 89160 Dornstadt
Organisator: Oberstleutnant a.D. Wolfgang Goetze goetze.w@gmail.com
07348 / 948299

Blick in den gut gefüllte Vortragssaal mit interessierten Zuhörern.


von li nach re: Frau Lauhöfer (Europe Direct Ulm), Frau Dr. Rüger (Referentin), Prof. Brückner (Referent), OTL a.D. Goetze (SL GSP Ulm), OStFw a.D. Lott (BezVors DBwV). Foto: Frau Goetze


Nachbericht zu dieser Vortragsveranstaltung

Autor: Wolfgang Goetze, SL Ulm

Herr Prof. Brückner stellte als erster Redner die Bedeutung der Europawahl vor. Die „Zeitenwende“ könne man nicht nur auf Deutschland beziehen, der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat immensen Einfluss auf die gesamte EU. Eine Erweiterung auf 35 Staaten sei sicher der richtige Weg, mache aber einen Konsens aller Mitgliedsstaaten noch schwieriger. Beitrittsländerkandidaten müssen krisenfeste, liberale Demokratien sein, dies ist eine Grundforderung für die gemeinschaftlichen Ziele. Eine größere Handlungsfähigkeit, besonders im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik ist notwendig. Die EU deckt einen Großteil ihrer Energienachfrage mit Importen. Diese Abhängigkeiten von Nicht-EU-Ländern müssen unbedingt reduziert werden, da die Preise in 2022 drastisch anzogen. Die Digitalisierung muss vorangetrieben und die Maßnahmen gegen den Klimawandel vordringlich umgesetzt werden. Es wurden dann die Organe der EU vorgestellt. Das Parlament hatte 2019 vor dem Brexit noch 751 Abgeordnete und seit 2021 reduziert auf 705 Abgeordnete aus 27 Mitgliedstaaten. Deutschland hat mit 96 Sitzen den größten Anteil. Danach wurden die Ausschüsse des EP und die Sitzverteilung nach Fraktionen kurz vorgestellt. Interessant war der Vergleich der Sitzverteilung Deutschlands bei den letzten beiden Europawahlen. CDU und SPD hatten Sitze verloren, während vor allem GRÜNE und AfD zusätzliche gewinnen konnten. Beim Vergleich der Wahlbeteiligung in Prozent nach Mitgliedstaaten fällt auf, dass in Belgien (dort ist Wahlpflicht!), Luxemburg und Malta die Wahlbeteiligung 2014 und 2019 sehr hoch war, während sie in vielen Ländern (z.B. Slowakei, Kroatien, Tschechien, Lettland, Slowenien etc.) sehr niedrig war. In Deutschland waren es 66%, die 2019 gewählt haben. Verglichen mit allen anderen Staaten war das die viertbeste Wahlbeteiligung.
Worum geht es nun bei den kommenden Wahlen und was sagen die Prognosen? Die EU braucht konstruktive Reformen und muss sich in einer ändernden Welt geopolitisch positionieren. Zukünftig nicht verschiedene nationale Schwerpunktthemen behandeln, sondern sich auf ein gemeinsames EU-Thema einigen. Wahlmanipulation verhindern, krisenfest sein. Es bestehe die Gefahr eines Rechtsrucks (viele Mitte-Parteien versuchen rechte Themen zu bedienen), die Bevölkerung wird verunsichert. Eine Wahlprognose des „Europäischer Rat für Auswärtige Beziehungen“ lautet, dass antieuropäische Populisten wahrscheinlich die meisten Stimmen in neun Mitgliedsstaaten gewinnen würden, in neun weiteren Ländern den zweiten oder dritten Platz erreichen.
Prof. Brückner beendete seinen Vortrag wie folgt: Wir alle sind aufgefordert zu wählen, denn die Entscheidungen des EP betreffen unser Leben! Das EP wird wichtiger u. die EU demokratischer – Wahlbeteiligung macht einen Unterschied!

Frau Dr. Rüger stellte mit dem zweiten Vortrag die EU-Außenpolitik anhand eines Mosaiks vor. Sie stellte die Frage, ob die EU überhaupt eine gemeinsame Außenpolitik hat und zeigte dazu einige treffende Karikaturen zu den Themen Krieg im Irak, in Libyen, Syrien und der Ukraine. Die Washington Post schrieb 2014: „The EU ist the world“s great no-show on the international stage“.Den Kern der EU-Außenpolitik bilden GASP und GSVP. Schwerpunkte bei GASP sind politische und diplomatische zwischenstaatliche Zusammenarbeit, sowie Erklärungen und Aktionen der EU bei internationalen Krisen und globalen Fragen, außerdem regelmäßiger Dialog mit Drittstaaten. Die GSVP ist der operative, sicherheitspolitische Arm der EU. Seit 2003 führte die EU 40 Missionen weltweit durch. Anhand einer Karte wurden die derzeitigen 24 militärischen und zivilen Missionen aufgezeigt. Wichtig ist die Dominanz der Mitgliedstaaten. Einstimmigkeit ist wesentlich, es gibt aber die Möglichkeit ein Veto einzulegen. Die EU ist ein wirtschaftlicher Riese und Handelspolitik ist integraler Bestandteil. Mit gleichem Schwerpunkt sind Entwicklungszusammenarbeit u. Humanitäre Hilfe zu sehen, denn die EU ist größter Geber der Welt! Im Weiteren erläuterte Frau Rüger die EU-Sanktionen gegen die Türkei, Russland und Weißrußland. Auch sie sprach die Notwendigkeit von Erweiterungen an und machte dies zunächst an einer Karte und dann einer Karikatur („Europe`s ring of fire), deutlich. Die externe Dimension interner Politikbereiche wurde mit den Stichworten Migrationspolitik, Klimapolitik und Euro erläutert. Das anfänglich kleine Mosaik wurde nun als Ganzes präsentiert (wertegebundenes Fundament der EU-Außenpolitik, Art.21 EUV) und Anu Bradford stellt mit Ihrem Buch „The Brussels Effect“ die Macht der EU vor, den globalen Marktplatz zu regulieren. Danach stellte die Referentin die Entscheidungsstrukturen der GASP/GSVP und die Bedeutung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sichh-Politik, derzeit Josep Borrell, vor. Den Abschluss bildete der Blick in die Zukunft, d.h. wie wird sich die EU, wenn sie denn eine einflussreiche Supermacht sein will, in der „Weltpolitik 2024plus“ zeigen: als Spielerin, Spielfeld oder Spielball?

 


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